Fluch des Magiers
Khaton sich selbst oder andere nur selten aufs Geratewohl versetzte, sondern gewisse Punkte in den Dämmerlanden als erreichbare Ziele festgelegt hatte. Hier in Edania befand sich dieser Ort etwa zwei Stunden von der Hauptstadt entfernt. Diese sollten sie aufsuchen und dem Oberpriester einen Brief des Evari überreichen. Es ging darum, zu verhindern, dass Edania in den Konflikt mit Orelat eingriff. Wenn das geschah, würden dessen südliche und östliche Nachbarn versuchen, sich für so manche Schlappe, die sie durch Edania erlitten hatten, zu revanchieren, und dann würde sich der Krieg bis an den Strom ausbreiten.
»Mal sehen, was wir tun können.« Laisa entblößte unbewusst die Zähne und ritt weiter, während Rongi den Baum herabsauste, hinter ihnen herrannte und mit einem Satz auf das Kissen sprang, das hinter Ysobels Sattel festgeschnallt war.
»Das war toll!«, rief er Laisa zu.
Diese dachte seufzend, wie wenig es brauchte, um einen Katling glücklich zu machen. Sie selbst musste sich mit den Sorgen dieser Welt herumschlagen und empfand das wieder einmal als arge Belastung.
Mit einer gewissen Anspannung ritt sie auf die Hauptstadt zu und merkte schon bald, dass man dort auf sie und ihre Gruppe aufmerksam wurde. Eine Katzenfrau, ein Bor’een und eine Frau mit violetten Haaren fielen in dieser Gegend natürlich auf. Daher kam ihnen ein Trupp Krieger in schlichten Rüstungen und kegelförmigen Helmen auf dem Kopf entgegen und zielte mit Speeren auf sie. Den Männern folgten mehrere Dutzend Frauen in eng anliegenden Obergewändern und weiten Röcken mit langen Bögen und gut gefüllten Pfeilköchern.
Es war bei den Wardan Sitte, dass Frauen mit der Fernwaffe in den Krieg zogen, daher musterte Laisa diese Leute verblüfft. Doch alle waren in reines Weiß gekleidet und besaßen die Farbe des weißen Gottes. Es mussten daher Terinon sein. Auffällig war jedoch, dass jeder Krieger und jede Amazone eine kleine blaue Brosche an der Stelle trug, unter der ihr Herz schlug.
Laisa ritt auf die Leute zu und blickte sie grinsend an. »Meandir zum Gruß. Könnt ihr mir sagen, wie ich zu eurem Oberpriester Tensei komme? Ich habe eine Botschaft für ihn!«
Ihr furchtloses Auftreten imponierte den Edaniern, und sie hörte, wie einige von ihnen ihren Kameraden und Freundinnen zuraunten, dies müsse die weiße Katzenfrau sein, die ihren Stammesbrüdern in Tanfun und Gamindhon geholfen hatte.
Mehrere Männer liefen zurück zur Stadt. Kurz darauf kehrten sie in Begleitung eines Mannes in einer schlichten weißen Kutte zurück. Er trug eine blaue Emaillebrosche auf der Schulter.
Laisa nahm wahr, dass er heimlich einen Farberkennungsstein einsetzte, um sicherzugehen, dass sie diejenige war, für die sie sich ausgab. Vorsichtig war man in Edania. Allerdings ließ Tensei den Stein unauffällig in einer Tasche seiner Kleidung verschwinden und verbeugte sich vor ihr.
»Ihr seht mich entzückt, Euch begrüßen zu dürfen. Dieser Herr hier ist sicher der ruhmreiche Rongi und dies Borlon vom edlen Volk von Borain .«
Während Rongi vor Stolz beinahe platzte, so ehrerbietig angesprochen zu werden, versuchte Borlon nun, sich zu verbeugen. Dabei kippte er beinahe um und musste von Ysobel festgehalten werden.
»Brich dir keinen Ast ab«, raunte sie ihm spöttisch ins Ohr.
Da wandte der Oberpriester sich ihr zu. »Dies ist gewiss die große Magierin aus dem Osten, die sich trotz ihrer violetten Farbe nicht zu schade war, in Tanfun auf der Seite unserer gelben Brüder einzugreifen und deren Feinde zu vertreiben.«
»Ja, ja, das bin ich«, stotterte Ysobel, die auf dieser Seite des Stromes im günstigsten Fall ignoriert worden war, meistens aber Spott und Schabernack hatte ertragen müssen.
»Es ist für Edania eine große Ehre, die Herrschaften willkommen heißen zu können. Wenn Ihr erlaubt, würde ich Euch nach Edaniarah begleiten. Ihre Majestäten wären überglücklich, Euch begrüßen zu dürfen.«
Der Mann meint es ernst, fuhr es Laisa durch den Kopf, denn sie spürte kein Falsch an ihm. Auch wunderte sie sich, wie gelassen er und die anderen Edanier auf Rongi und Ysobel reagierten. Sowohl in Tanfun wie auch in Gamindhon war diesen zunächst Abneigung, ja, teilweise sogar Feindschaft entgegengeschlagen. Auch in dieser Hinsicht waren die Edanier ein besonderes Volk.
Der Oberpriester bat Laisa, ihr zu folgen, und schritt voraus. Schon vor dem Stadttor standen die Leute an den Straßenrändern, um zu sehen, wer hier
Weitere Kostenlose Bücher