Fluch des Magiers
sie tun sollte. Zwar hatte N’ghar recht, doch sie wollte den Hafenmeister nicht verärgern. Dieser funkelte N’ghar wütend an, wagte es aber angesichts seines entblößten Gebisses nicht, sich mit ihm anzulegen. Daher verließ er das Boot wieder, blieb aber draußen auf dem Steg stehen und drehte sich noch einmal um.
»Solange ihr auf eurem Schiff bleibt, müsst ihr nichts bezahlen. Doch jeder, der es verlässt, zahlt die dreifache Steuer!« Damit hatte er sich seiner Ansicht nach gerächt und sich gleichzeitig eine kleine Nebeneinnahme verschafft, denn dieses Geld würde er nicht in sein Rechenschaftsbuch eintragen.
»Ich bleibe an Bord«, erklärte N’ghar, griff dann blitzschnell ins Wasser und holte einen prachtvollen Fisch heraus. »Wenn du willst, kannst du ihn haben«, schlug er Drilia vor.
»Danke, aber ich werde doch in die Herberge gehen.« Auch wenn es die Möglichkeit gab, an Bord der Galeere zu kochen, wollte Drilia nicht auf dem Schiff bleiben, sondern sich ein wenig die Beine vertreten. Der Baron schloss sich ihr an, und sie zahlten beide anstandslos die Summe, die der Hafenmeister von ihnen verlangte.
N’ghar sah den beiden nach und überlegte, ob er sich den Fisch von einem Matrosen braten lassen sollte. Dann aber entschied er sich, ihn roh zu verspeisen. Es war ein Symbol, dass er sich auf einer gefährlichen Reise befand und dabei so leben musste, wie die Natur es ihm vorgab.
Als Drilia und ihr Begleiter zurückkamen, war er längst mit dem Essen fertig. Nun hätte er sich noch einen Schluck frisches, sauberes Wasser gewünscht, doch er wollte dem Hafenmeister nicht den Triumph gönnen, auch ihm Geld abnehmen zu können, und mit Gewalt wollte er sich nicht an Land durchsetzen, um die Priesterin nicht zu gefährden.
»Schlaft Ihr schon, Herr N’ghar?«, fragte Drilia, da der Katzenmensch mit geschlossenen Augen auf dem Achterdeck lag.
»Nein«, antwortete er. »Ich denke nur nach.«
»Gewiss über wichtige Dinge!«
N’ghar schüttelte den Kopf. »Nein, nur darüber, ob ich dem Hafenmeister bei unserem nächsten Zusammentreffen die Krallen längs oder quer über den Rücken ziehen soll.«
»Ihr hört Euch sehr blutrünstig an«, fand Drilia.
»Ich hasse Leute, die so offen gegen gültige Gesetze verstoßen. Damit stellt dieser Mann sich auf die gleiche Stufe wie ein Dieb.«
Drilia tat seinen Einwand mit einer wegwerfenden Geste ab. »Es waren doch nur ein paar Kupfermünzen«, sagte sie und ging weiter. Sie besaß ihre Schlafkabine im Heck neben der Kajüte des Kapitäns, die dieser für den Baron geräumt hatte.
N’ghar blieb auf dem Achterdeck zurück und ließ seine Gedanken schweifen. Wenig später fiel er in einen unruhigen, von wilden Träumen erfüllten Schlaf. Dennoch spürte er, wie sich eine Wolke gelber Magie über das Schiff legte, aber er wurde von dem Eirun-Zauber überwältigt, ehe er zu sich kommen konnte. Genau wie er fielen Drilia und die anderen an Bord dem Schlafbefehl zum Opfer. Kurz darauf erfasste die Auswirkung der gelben Magie auch den Etappenhafen, und die trunkenen Stimmen in der Taverne verstummten.
☀ ☀ ☀
Kurz vor Mitternacht näherten sich zwei Schwimmer dem kleinen Hafenort. Seltsam war, dass sie kaum Bewegungen machten, aber trotzdem an der Wasseroberfläche blieben. Auch waren sie voll bekleidet und trugen Pfeil und Bogen auf dem Rücken sowie ein schmales, langes Schwert an der einen und einen Dolch an der anderen Seite. Als im Westen der Gelbmond aufstieg, beleuchtete dieser gelbe Schöpfe. Auch die Kleidung der Schwimmer wies diese Farbe auf.
»Spürst du das Schiff, Reodendhor?«, fragte der eine seinen Kameraden auf magischem Weg.
Der Angesprochene nickte. »Ja, es liegt am letzten Steg von hier aus und wird durch den breiten Prahm dort vorne verdeckt.«
Er schwamm ohne Eile und sah, dass Eldaradh ihm folgte. Ihre Gefährten hatten sie ein Stück weiter stromauf in der Deckung einer Sumpfinsel zurückgelassen. Mit ihrem eigenen Boot bis ans rote Ufer zu kommen war ihnen zu gefährlich erschienen. Sie vermochten es nicht so gut abzuschirmen, dass es nicht durch einen Zufall hätte entdeckt werden können. Doch sie benötigten es auch nicht, sagte Reodendhor sich. Seine und Eldaradhs Kräfte reichten vollkommen aus, um diese Aufgabe zu erledigen. Als Spürer konnte er das blaue Schiff ausmachen, und sobald dies geschehen war, würde er Eldaradh helfen, es von hier wegzubringen.
»Da ist es«, sagte er und deutete auf eine schmale
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