Fluch des Magiers
schwächer als die erste und verletzte die Ratte nur. Dennoch wich das Tier zurück und gab Laisa daher die Gelegenheit, die dritte Ratte mit ihren Füßen niederzuringen und ihr kurzerhand die Kehle durchzubeißen. Die Letzte zu erledigen war nur noch eine Kleinigkeit.
Als das geschafft war, atmete Laisa erst einmal tief durch und versuchte zu begreifen, was geschehen war. Weshalb steckte sie in diesem seltsamen Geschöpf, fragte sie sich und fühlte auf einmal Sehnsucht nach ihrem Körper. Da glaubte sie in sich ein leises Lachen zu hören und schüttelte irritiert den Kopf.
Nun kam es ihr so vor, als bestände sie aus zwei Wesen, die seltsamerweise zusammengehörten. Ein Teil von ihr fühlte sich in dieser Eidechsenform fremd und unsicher, doch dies wurde von dem anderen Teil kompensiert, der sehr zufrieden mit dieser Erscheinung zu sein schien.
Verwundert beendete sie diesen Gedanken und betrachtete sich selbst. Aus ihr war ein vierfüßiges Wesen mit einem gedrungenen Körper geworden, der kräftige Hinterbeine und einen Schwanz besaß, der mindestens eben so lang wie der Rumpf war. Mit ihrem Hals erreichte sie ohne Mühe ihre Schwanzwurzel, und sie konnte ihren Kopf überallhin drehen.
Da sie keine Fläche fand, die ihr als Spiegel dienen konnte, verzichtete sie darauf, sich weiter mit sich selbst zu beschäftigen, sondern sah sich um. Sie befand sich in einem schier endlos langen Gang mit einem Querschnitt, durch den die riesigen Frachtwagen ihrer Heimat gepasst hätten. Die in die Wand eingelassenen Leuchtsteine besaßen ebenfalls gewaltige Ausmaße, und langsam dämmerte es ihr, dass sie, falls sie sich nicht in einem Haus von Riesen befand, selbst geschrumpft war. Ein Größenvergleich zwischen den toten Ratten und den Leuchtsteinen deutete auf jeden Fall an, dass sie selbst etwa drei Viertel ihrer Körperlänge verloren hatte und wahrscheinlich nur noch ein Zwölftel ihres Gewichtes besaß.
Wer oder was war sie geworden? Von einem Wesen wie das, in dem sie nun steckte, hatte sie noch nie etwas gehört. Auch versuchte sie herauszufinden, was ihr als Laisa zugestoßen war, doch ihre Erinnerung reichte nur bis zu dem Augenblick, an dem man ihr und ihren Freunden Willkommensgetränke gereicht hatte. Sie glaubte ausschließen zu können, dass diese vergiftet gewesen waren. Etwas hatte sie plötzlich getroffen. Doch was?
»Das wirst du nicht herausfinden, wenn du hier drinnen bleibst, mit drei toten Ratten als einziger Gesellschaft«, sagte sie zu sich selbst und lauschte kurz ihrer dünnen, piepsigen Stimme. Aber welche Richtung war interessant? Sie schnupperte und bemerkte, dass ihre Geruchsnerven durch das Feuer, das sie gespuckt hatte, in Mitleidenschaft gezogen worden waren, denn alles roch brandig.
Daher lief sie einfach los und stand kurz darauf vor einer Tür, deren Öffnungsmechanismus nicht für ein Wesen gedacht war, das sich auf den Hinterbeinen mit Müh und Not eine gute Elle hoch aufrichten konnte. Noch während sie vor Enttäuschung zischte, glaubte sie draußen Schritte zu vernehmen. Sie wollte sich umdrehen und losrennen, begriff aber, dass sie nicht weit genug kommen würde. Ihr Blick glitt nach oben. Über der Tür gab es einen schmalen Sims. Wenn sie den erreichte, würde sie wenigstens für kurze Zeit fremden Augen entgehen.
Als Katzenmensch wäre es kein Problem gewesen, da hochzukommen. Doch auch in ihrer jetzigen Erscheinung vermochte Laisa geschickt zu klettern und erreichte den Sims in dem Augenblick, in dem die Tür aufschwang.
Drei Menschen traten ein. Einer besaß die Größe und das Aussehen eines Malvenon und trug ein Gewand, das wie eine weiße Kopie der Robe aussah, die König Reodhil von Thilion bei offiziellen Veranstaltungen trug. Der zweite Mann war schlichter gekleidet und roch widerwärtig, wie Laisa trotz ihrer verbrannten Nase wahrnahm. Bei der dritten Person handelte es sich um eine Frau, die um einiges zierlicher gebaut war und eine Miene aufgesetzt hatte, welche deutlich zeigte, dass es ihr hier gar nicht gefiel. Alle drei waren leicht magisch, und bei dem schlecht riechenden Mann glaubte Laisa, Spuren einer Magierausbildung auszumachen.
»He! Was ist das?«, rief der Mann in der Robe nach ein paar Schritten aus.
Die junge Frau zuckte mit den Schultern »Nur drei tote Ratten!«
»Die Biester haben sich wahrscheinlich heimlich eingeschlichen und sind vor Hunger übereinander hergefallen. Ich werde einen Diener beauftragen, die Kadaver wegzuräumen, Eure
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