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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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Mädchen gerichtet waren, und fühlte wie einen Stich, dass auch Deborahs Aufmerksamkeit anscheinend verstärkt dem jungen Mulatten galt. Er sah ihr Gesicht nicht, aber die Vorstellung, dass sie lächelte, machte ihn mit einer Plötzlichkeit eifersüchtig, die ihm mehr über seine Gefühle verriet, als er sich in den letzten Stunden klar gemacht hatte.
    Als sie längsseits kamen und Jason seine Hand ausstreckte, um Deborah an Bord zu helfen, rief Gowers jedenfalls ungehaltener, als er wollte: »Erst festholen, Mann!«
    Deborah wandte sich verwundert zu ihm um, glaubte, der scharfe Befehl habe ihr gegolten, und fragte sich offensichtlich, was er bedeutete. Gowers, der das Kanu mit kräftigen Rückwärtsschlägen neben dem Dampfschiff hielt, zeigte daraufhin wieder weit schüchterner zum Bug. »Die Leine. Werfen Sie ihm die Leine zu.«
    Es war eindeutig eines der ungeschicktesten Anlegemanöver, die der alte Mississippi je gesehen hatte, denn die beiden jungen Männer setzten ihren ganzen Ehrgeiz darein, den jeweils anderen so zu beschäftigen, dass er der jungen Frau unmöglich an Deck helfen konnte. Gowers zog dabei den Kürzeren und hatte sogar das Unglück, ins Wasser zu fallen, als er aufsprang und ihr seine zusammengelegten
Hände als Tritthilfe anbot. Um ein Haar hätte er dabei das Kanu samt dem Mädchen versenkt.
    Er fluchte wie ein Türke, als er wieder auftauchte, sah aber zu seiner Befriedigung, dass es Mr. Phineas war, der Deborah unter den Armen fasste und an Bord hob. Ihr war das alles sichtlich unangenehm, und sie war überzeugt, sich ohne fremde Hilfe besser aus der Affäre gezogen zu haben. Dennoch begrüßte sie Mr. Phineas mit einem dankbaren Nicken und hatte das Ganze anscheinend bereits vergessen, als jetzt auch Gringoire auftauchte und mit einer kurzen Berührung seiner Mütze vor ihr salutierte.
    »He!«, rief Gowers, der sich an der Leine zumindest halb aus dem Wasser gezogen hatte, aber aus eigener Kraft nicht viel weiter kam. Die Männer lachten, als sie ihn tropfnass dort hängen sahen, und er fühlte, dass er rot wurde, als auch Deborah bei diesem Anblick lächeln musste. Im nächsten Moment kniete sie jedoch schon auf Deck und streckte eine Hand nach ihm aus, die er nur deshalb nicht ergriff, weil er fürchtete, sie vom Schiff zu reißen. Dabei hätte er sie sehr gerne berührt. Wieder war es Mr. Phineas, der ihn zuerst mitsamt der Leine ein Stück einholte und ihn dann an den Handgelenken an Bord zog. Zehn Minuten später waren sie alle unter Deck und beratschlagten, was als Nächstes zu tun sei.
    Deborah war davon überzeugt, dass ein Angriff der Miliz auf Barataria bevorstand; vielleicht schon in den nächsten Stunden, vielleicht erst am nächsten Tag, je nachdem, wie lange Gandalod der Folter widerstehen konnte. Sie war die Einz ige, die die verworrene Lage ganz überblickte, alle Beteiligten kannte und eine klare Vorstellung davon hatte, welche Schritte getan werden mussten. Die anderen sahen nur Teile eines Mosaiks und waren schwer davon abzubringen, diese bereits für das Ganze zu halten.
    Wer zum Teufel war Gandalod? Wo war John Lafflin? Warum hatte man ihn verhaftet? Wie war man auf ihre Spur gekommen? War man auf ihre Spur gekommen? Angenommen, sie gingen nach Barataria, wie Deborah es verlangte, wie John Lafflin es geraten hatte  – wer garantierte ihnen, dass das Schiff bei ihrer Rückkehr nicht
von der Miliz besetzt war? Wäre es nicht sinnvoller, nach New Orleans zu gehen und den Kapitän zu befreien, ehe sie etwas anderes taten? Und wie sollten sie, gesetzt den Fall, alles ginge gut, jemals wieder unbemerkt den Mississippi hinaufkommen?
    Es war Deborah, die die Sache entschied, und Gringoire, der den Ausschlag gab. Sie sagte, dass sie notfalls allein nach Barataria aufbrechen würde, noch in dieser Stunde; und er nahm die von Gowers überbrachten Worte des Kapitäns als Befehl an. Jason würde überall hingehen, wo Deborah hinging, Mr. Phineas war überstimmt, und Gowers könnte an Bord bleiben, wenn er das für richtig hielt. Aber er setzte stattdessen die gelbe Flagge, die jedem, der das Schiff sehen würde, anzeigte, dass es unter Quarantäne stand.

83.
    Bereits eine Stunde später verließen sie die Deep South schwer bepackt, um bis zum Einbruch der Dunkelheit so viel wie möglich von dem Zwanzigmeilenmarsch nach Barataria hinter sich zu bringen. Deborah und Gringoire trugen den Proviant für Deborahs Leute, die ohne eine solche Notversorgung den Rückweg zum Schiff

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