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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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auch die weißen Siedler und ihren Militärkommandeur in Matawhero erreicht.
    Nach zwei Tagen, in denen Te Kooti die Lasten gerecht verteilte und den Treck in die nahezu undurchdringliche Wildnis des Urewera-Distrikts vorbereitete, kamen die ersten Abgesandten des Provinzkommandanten Reginald Biggs: Kupapa, unter ihnen Paora Katete, der den Weißen schon auf Chatham einige Zeit lang als Wärter gedient hatte. Sie machten den Whakarau keinerlei Angebote, sie führten keine Verhandlungen, sondern befahlen ihnen, ihre Waffen abzulegen und sich den weiteren Entscheidungen der Regierung zu unterwerfen.
    Te Kooti würdigte die Emissäre keiner Antwort, befahl aber einer großen Gruppe bewaffneter Ausbrecher unter Karanama Ngerengere, ihnen auf ihrem Rückweg nach Matawhero in Sichtweite zu folgen. Der Anblick dieser finsteren, schweigenden und sehr gut bewaffneten Männer war eine deutlichere Entgegnung an die Pakeha, als tausend wohlgesetzte Worte hätten sein können. Unter den Bewohnern der Maorisiedlungen in der ganzen Poverty Bay ließ der Prophet hingegen das Angebot verbreiten, dass jeder von ihnen, gleich welchen Alters oder Geschlechts, sich seinem Treck anschließen könne. Er biete ihnen Mühsal, Tränen und harte Arbeit; aber auch einen Platz im Gelobten
Land, das er in der Wildnis errichten würde. Und einem Mann machte er dieses Angebot persönlich.

118.
    Nachdem die Rifleman fortgesegelt war, hatte man John Gowers die Fesseln abgenommen und ihm erlaubt, sich frei unter den Whakarau zu bewegen. Maaka Ritai, ein düsterer, Furcht einflößender Maori vom fernen Stamm der Wanganui, schenkte ihm mit Worten aufrichtigen Bedauerns seine eigene Pfeife und allen Tabak, den er besaß. Aber erst kurz vor ihrem Aufbruch in die Koraha , die Wildnis, wandte sich ihm der Prophet selbst noch einmal zu.
    »Ich möchte, dass Sie uns begleiten, Mr. Gowers«, sagte Te Kooti.
    »Warum?«, fragte Gowers.
    »Ich glaube, dass unsere Begegnung ein Zeichen ist.« Der Prophet sprach schlicht und ernsthaft. »Ich weiß nicht, wofür, aber ich würde es gerne herausfinden.«
    »Ich habe noch immer eine Aufgabe zu erfüllen, Sir.«
    »Das denke ich auch. Aber ich glaube, dass Sie nicht wirklich wissen, welche Aufgabe das ist.«
    »Ich weiß es leider sehr gut.« Gowers seufzte.
    »Dann kann vielleicht unser Weg eine Zeit lang der gleiche sein, bis Sie sicher sind, ob Sie Ihr altes, unglückliches Leben weiterführen oder ein neues beginnen wollen. Eine Frau. Kinder.« Te Kooti wiederholte mit Bedacht das Versprechen, das er schon dem alten Moriori auf Chatham gegeben hatte.
    Gowers überlegte. Mit jedem Tag wurde die Verfolgung James Fagans schwerer; andererseits gab es das Gold auf der Otago-Halbinsel schon sehr lange, und es bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Mörder auch eine Weile danach suchen würde.
    »Eine Zeit lang, vielleicht«, sagte er schließlich vorsichtig und die Allmacht des Mannes bedenkend, der vor ihm saß. »Aber vergessen Sie nicht, dass ich noch kein Zeichen erhalten habe!«
    Das kann man ändern, dachte der Prophet.
     
    Der Treck in den Urwald von Urewera war nicht so gewaltig wie der Exodus der Mormonen durch die großen Prärien und Wüsten des amerikanischen Westens zwanzig Jahre zuvor, aber er war von der gleichen Kraft beseelt. Auch die Whakarau betrachteten sich als das auserwählte Volk Gottes, aber sie hatten zudem einen Propheten, der das unbestreitbare Charisma des Hochstaplers Joseph Smith mit dem Organisationsgenie und der Durchsetzungskraft seines Nachfolgers Brigham Young verband.
    Te Kooti war überall, kümmerte sich um Großes und Kleines, zügelte die Starken, half den Schwachen und trieb die Unentschlossenen an. Auf ihrem Zug durch die unwegsame, gebirgige Wildnis, die so viele Wasserläufe durchzogen, wie sich Nervenbahnen im menschlichen Körper finden, hielt er seine Leute nicht nur zusammen, sondern er brachte sie auch dazu, trotz ihrer Erschöpfung fröhliche Lieder zur Ehre Gottes zu singen. Gowers registrierte zu seiner Verblüffung, dass sie trotz der Frauen und Kinder und ihres überschweren Marschgepäcks, das schlicht aus allem bestand, was sie auf der Welt besaßen, schneller vorankamen als von Tempskys wesentlich kleinere Truppe einige Monate zuvor, was vermutlich daran lag, dass die Maori Pfade fanden, wo niemand sonst auch nur einen Weg gesucht hätte.
    Der Wald von Te Wera war dicht und drückend, als sei er seit Erschaffung der Welt von niemandem betreten worden,

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