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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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keinem Stern erhellten Finsternis, war eine Meisterleistung ihres Navigators, die sich auch Te Kooti nicht anders erklären konnte als durch die Gnade Gottes. Warum hatte Gott ihm diesen Mann geschickt?, fragte er sich wieder und wusste, dass er ihn nicht gehen lassen konnte, ohne eine Antwort auf seine Frage zu bekommen.
    In dieser Nacht konnte niemand schlafen, und als Gowers die Rifleman gegenüber einer Landungsstelle, die nur er sehen konnte, vor Anker gelegt hatte, warteten sie ungeduldig auf den Aufgang der Sonne, die ihnen das Gelobte Land zeigen würde. Als sich dann Mount Moriah und die anderen steilen Hügel aus der Dunkelheit schälten, war die Bewunderung für den Propheten und seinen Navigator grenzenlos. Mit dem Beiboot der Rifleman ging eine erste Gruppe an Land, um in dem kleinen, halb zerstörten Fischerdörfchen Whareongaonga die Kanus zu requirieren, die sie zum Entladen des Schiffs brauchen würden.
    Te Kooti gab den Befehl, dass niemand essen, trinken oder rauchen dürfe, bevor nicht der letzte Nagel ihrer Ausrüstung auf Aotearoa sei. Das dauerte bis weit in den Abend hinein und führte insofern zu einem Eklat, als John Gowers sich nicht an diesen Befehl hielt und bald mit einer entzündeten Pfeife und einem Buch auf den Knien am Besanmast saß. Als der erboste Prophet ihn zur Rede stellte und den Befehl wiederholte, den er seinen Leuten gegeben hatte, erwiderte der Investigator trocken: »Ich gehöre nicht zu Ihren Leuten, Sir.«
    Das brachte Te Kooti offensichtlich auf einen Gedanken, und er fragte moderater: »Warum eigentlich nicht?«
    Gowers musste nicht lange überlegen.
    »Weil ich gern selbst entscheide, wann ich rauche und wann nicht.«
    Das war für den Propheten nicht hinnehmbar, zumal viele der Whakarau die schlagfertige Antwort gehört hatten, und er befahl seinem Henker, Maaka Ritai, dem Amerikaner die Pfeife
und das Buch wegzunehmen. Ein halbes Dutzend Gewehrläufe richtete sich auf den Mann, der sie über das Meer gebracht hatte, und Sekunden später flog seine Pfeife über Bord. Das Buch ließ Te Kooti sich bringen.
    »Sie wissen«, sagte er, »dass alle von Menschen geschriebenen Bücher nur menschliche Irrtümer verbreiten, Mr. Gowers?!« Er hatte diese Worte, die ihm in einer seiner ersten Visionen offenbart worden waren, unter seinen Anhängern früh zum Gesetz gemacht, hatte konsequenterweise sogar die Bibel verworfen und seine eigene Autorität als »Gottes Mund« an ihre Stelle gesetzt.
    »Ich bin Amerikaner, Sir. Ich ziehe menschliche Irrtümer unmenschlichen Wahrheiten vor«, sagte Gowers, der noch immer auf dem Boden saß und noch immer in herausfordernd lässiger Weise am Mast lehnte.
    Te Kooti wollte auch Byrons Cain ins Meer werfen, aber dann las er die ersten Verse: »Ewiger Gott! Unendlicher! Allwissender! Der du aus dem Dunkel und der Tiefe mit einem Wort das Licht erschaffen hast …«
    Er schlug das Buch zu, behielt es aber in der Hand und sah prüfend den Mann an, der so fest und selbstverständlich von sich behauptet hatte, nicht an Gott zu glauben. Warum war dieser Mann hier? Was sollte er mit ihm und seiner Insubordination tun? Er brauchte Zeit, um das herauszufinden, und befahl, John Gowers zu fesseln und an Land zu bringen, was auch sofort geschah.
    Der Mannschaft der Rifleman wurden ihre sechs Pfund ausgezahlt und angeboten, sich den Whakarau und ihrer neuen Religionsgemeinschaft anzuschließen, aber der Prophet wunderte sich nicht, als die Männer verlegen und ängstlich ablehnten. Nur der raue Maat John Payne wagte einen Scherz; er würde lieber das Schiff nehmen und es in Valparaíso verkaufen.
    »Eine gute Idee«, sagte Te Kooti, lächelte und stellte den Seeleuten einen kurzen Brief aus, in dem er erklärte, dass er sie
gezwungen habe, ihm bei seiner Flucht behilflich zu sein. In diesem Schreiben sagte er auch zum ersten Mal, dass er nicht nach Neuseeland gekommen sei, um Krieg zu führen. Er wolle in Frieden in seinem eigenen Land leben und werde nur kämpfen, wenn er und seine Leute verfolgt oder angegriffen würden.
    Als Letzter von allen verließ er das Schiff, in einem perfekten europäischen Anzug und Lederschuhen; betrat den Strand und ein Leben, das nun fünfzehn Jahre lang fast ausschließlich aus Jagd, Flucht, Verfolgung und Kampf bestehen würde. Die wenigen Maori, die in dem kleinen Dorf gelebt hatten, waren bei ihrer Ankunft geflohen, und noch bevor dieser 10. Juli 1868 vorüber war, hatte das Gerücht von der Landung der Whakarau

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