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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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als irgendwo weit nördlich, in seinem Rücken, ein einzelner Schuss ertönte, dem jedoch eine ganze Salve folgte, die alle Vögel auffliegen ließ und ihm schneidend ins Rückenmark fuhr. Was war das? Hatten die Pakeha ihn umgangen? Griffen sie Te Ngutu an?
     
    Es mochte etwa zehn Uhr sein, als Omahura die Unaufmerksamkeit einer Wärterin nutzte, seine Chance ergriff und in den Wald lief. Er lief, so schnell er konnte, um nicht nur der Frau, sondern auch ihren mahnenden Rufen und damit seinem schlechten Gewissen so schnell wie möglich zu entkommen. Sein Herz klopfte noch wild in seinem Hals, als er bemerkte, dass er an der kleinen Lichtung der Kranken vorbeigelaufen sein musste. Langsam sah er sich um. Sie konnte nicht weit entfernt sein. Und plötzlich erstarrte er vor Entsetzen: Der Wald um ihn war lebendig!
    Fremde weiße Männer krochen über Baumwurzeln, durch Farn und die feuchte Erde selbst, starrend vor Dreck, bis an die Zähne bewaffnet und mehr, als er zählen konnte. Omahura
schrie vor Schreck und wollte zurückrennen, aber ein schneller, schlanker Pakeha griff nach seinen Beinen, brachte ihn zu Fall und hielt ihn umklammert.
    »Drehen Sie ihm seinen verdammten Hals um, Sir!«, sagte ein anderer, aber es war zu spät. Paramena, in der nur einen Steinwurf entfernten Hütte der Kranken, hatte den Schrei gehört. Eine Weile blieb alles still. Dann erhoben sich auf einen Wink ihres Anführers, der ihn noch immer im Arm hielt, die Pakeha zu Dutzenden, und Omahura glaubte für einen Moment, dass das bemooste Dickicht, das Unterholz, der Wald selbst aufstand.
    Der alte Häuptling wusste, dass er überhaupt keine Chance hatte; aber er wusste auch, dass er Te Ngutu und die jungen Krieger warnen musste vor der Gefahr, die aus dieser unerwarteten Richtung kam. Also hob Paramena seine altersschwache Tupara und griff die Pakeha an, feuerte, einer gegen hundert, ehe eine rasche Salve ihn buchstäblich in Fetzen riss.

145.
    Ein Überraschungsangriff war nun nicht mehr möglich, und zu ihrem Verhängnis wussten die Pakeha noch immer nicht, wo genau Ruaruru, das Eulennest, sich befand und sie sowohl Proviant für eine Belagerung Te Ngutus als auch zahlreiche Geiseln gefunden hätten. Von Tempsky schickte deshalb einen Melder an McDonnell mit der Bitte, der Forderung, so schnell wie möglich die offene Attacke zu befehlen. Was besonders an ihren Nerven zehrte, war, dass der kleine, offenbar behinderte Junge, den sie in der Hütte gefunden hatten, nicht aufhörte zu schreien  – und Omahura musste mit ansehen, wie ein besonders ungehaltener Kupapa-Krieger seinem Freund Hami mit einer Streitaxt den Schädel zerschlug, ehe Manu-Rau ihn daran hindern konnte.
Von allen Seiten krochen, liefen die Feinde an ihn heran  – und an ihm vorbei, wie der Häuptling vorausgesehen hatte. Ein Dutzend Mal hatte Tutange Waionui das Gefühl, dass sie ihn jetzt, jetzt entdecken und töten würden, und das Geräusch vorüberstampfender Stiefel schien kein Ende mehr zu nehmen. Dann wurde es stiller, und er wusste, dass die Pakeha nun zwischen der Palisade und der geheimen, unsichtbaren Schützenlinie im Wald in der Falle saßen.
    Er spähte vorsichtig aus seiner Deckung und wartete nur noch auf den Feuerbefehl. Er sah bereits den Rücken des Mannes, auf den er schießen würde, und fragte sich, wer der Mann war und was er in diesem Moment dachte. Aber erst als die meisten der Pakeha schon am Rande der Lichtung und in Sichtweite der Palisade waren, erklang, den Urwald auf eine Meile durchdringend, Titokowarus heisere Stimme im Innern der Festung: »Ka whawhai!  – Kämpft!« Und die Hölle tat sich auf.
     
    Die weißen Männer fielen wie Kegel, ohne dass sie sahen, aus welcher Richtung das vernichtende Feuer gekommen war. Sie versuchten, sich zu wehren, und schossen Salve um Salve auf die Palisade. Hin und wieder entdeckten sie auch eine der kleinen Taumaihis in den Bäumen hinter sich und feuerten darauf, bis es Splitter und Blut regnete. Aber weil die Maori sich in den unterirdischen Laufgräben immer neu im Gelände verteilen konnten, fanden die Kugeln der Patea Field Force nur selten ein Ziel.
    Glücklich waren die dran, die zuerst fielen und nur verwundet waren, denn sie wurden rasch von ihren Kameraden aus der Feuerlinie getragen. »Fighting Mac«, der ja damit gerechnet hatte, dass sie die Angreifer und nicht die Angegriffenen sein würden, hatte jedoch nur vierzehn Tragbahren mitnehmen lassen. Die übrigen Verwundeten mussten

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