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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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ab, was du willst, Sam.«
    »Was ich will, Emma, möchte ich jedenfalls nur ungern über die ganze Straße brüllen. Vielleicht lässt du mich einfach rein. Was kann das schaden?«
    Darauf wusste Emma Lafflin keine Antwort zu geben, denn sie konnte ja schlecht sagen, dass ihr Haus von Unbekannten belagert wurde, und wenn, hätte sie erklären müssen, warum sie nicht längst
selbst die Polizei gerufen hatte. So konnte also die Anwesenheit Deborahs in der Collins Avenue 24 nicht mehr schlicht und einfach geleugnet werden, denn Sheriff Madsen sah sie sofort inmitten der kleinen Menschenmenge in der Halle.
    »Guten Abend, meine Damen«, sagte er. »Gentlemen!«
    »Hast du Angst vor Zug, Sam?« Mrs. Lafflin hatte die Tür wieder geschlossen und bemerkt, dass der Besucher den Hut auf dem Kopf behielt.
    »Entschuldige, Emma«, sagte Madsen, nahm den Hut ab und deutete damit auf Deborah. »Es geht um diese junge Dame, denke ich. Draußen warten zwei Männer, die einen Anspruch auf sie angemeldet haben.«
    »Wie bitte?!«, fragte John Gowers und trat zwischen seine Frau und die Staatsgewalt.
    »Einen Besitzanspruch, Sir, so ist es leider. Die beiden beziehungsweise der eine behauptet, er habe seine flüchtige Sklavin Amy in dieses Haus gehen sehen. Der andere ist sein Zeuge.«
    »Das ist vollkommen lächerlich, Sam«, sagte Mrs. Lafflin. »Die Frau heißt Deborah Williams und ist mein Gast.«
    »Nun«, Madsen kratzte sich wieder den Bart und wandte sich dann direkt an Deborah. »Können Sie das irgendwie beweisen, Miss?«
    »Mrs.«, sagte John wütend. »Sie ist meine Frau!«
    »O Mann«, entfuhr es dem bisher so besonnenen Sheriff. Dieser Fall wurde ihm immer unangenehmer. »Tut mir leid, aber die Gesetze von Missouri schreiben vor, dass wir derartigen, äh … Ansprüchen nachgehen müssen. Können Sie … haben Sie …?«
    Deborah hatte selbstverständlich eine notariell beglaubigte Urkunde über ihre Freilassung, die ebenso selbstverständlich gefälscht war, und reichte sie dem Polizisten wortlos.
    »Nun, das …«, begann Madsen, nachdem er das Dokument flüchtig gelesen hatte, »das Problem ist, dass diese beiden Kerle beziehungsweise dass der eine sagt, seine Sklavin sei mit gefälschten Papieren unterwegs. Wir werden die Sache also überprüfen müssen.«
    »Wie willst du das machen, Sam?«, fragte Mrs. Lafflin.
    »Nun, wir werden ganz einfach nach, äh …«Er schaute noch einmal auf das Papier in seiner Hand. »Nach Vicksburg schreiben und Mr., äh …« Ein weiterer Blick auf das Dokument enthüllte ihm nur die Unleserlichkeit des Namens. »Und Mr. Wie-auch-immer um eine Bestätigung dieser Angaben bitten. So lange …«, er wandte sich wieder an Deborah, »… muss ich Sie leider bitten, mich zu begleiten, Miss, ich meine Mrs.«
    »Nein«, sagte leise und gefährlich Gringoire und trat vor.
    »Tut mir leid, Sir, aber das ist das Gesetz.«
    Der zornige alte Mann richtete bei diesen Worten seine Waffe direkt auf den Kopf des Gesetzeshüters, und der fuhr mit einem säuerlichen Grinsen fort: »Ich weiß, ich weiß, und das ist eine doppelläufige Schrotflinte, mit  – sagen Sie nichts!  – mit Sauposten geladen, nehme ich an?!« Der Sheriff seufzte und setzte seinen Hut wieder auf.
    »Das ist leider alles sehr verdächtig, Emma«, sagte er, als er mitsamt Deborahs Papieren hinausging. »Ich werde deshalb meine Jungs heute Nacht vor dem Haus Posten beziehen lassen und Ihnen allen Zeit geben, sich das Ganze in Ruhe zu überlegen. Und wer von Ihnen bewaffnet die Straße betritt«, fügte er mit Blick auf Gringoire und Gowers freundlich, aber bestimmt hinzu, »dem lasse ich die Eingeweide aus dem Leib schießen! Guten Abend.«
    »Wo ist die Deep South? «, fragte Deborah in das ratlose Schweigen, das in der Halle zurückblieb wie ein schlechter Geruch. Sie wusste natürlich, dass sie ohne ihre Papiere weder einen Zug noch ein Schiff, ja nicht einmal eine Postkutsche besteigen konnte.

144.
    In der ersten Stunde des 7. September 1868 ging Manu-Rau persönlich von Zelt zu Zelt, um dreihundertneunundsechzig Männer einzeln zu wecken, und noch vor drei Uhr nachts rückten sie lautlos, ohne Licht und mit geschwärzten Gesichtern aus Camp
Waihi aus, überquerten zum dritten Mal den bis zur Brust reichenden, eiskalten Waingongoro und befanden sich bei Tagesanbruch bereits tief im Wald Ahipaia, nördlich des Pungarehu-Pfads. In der gleichen grauen Stunde versammelte jedoch auch Titokowaru seine Krieger, befahl

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