Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
auf je drei Gewehrläufen abtransportiert werden, was bedeutete, dass mit jedem Verletzten noch sechs Träger die unübersichtliche Front verließen.
Auf dem Bauch durchs Unterholz kriechend trafen sich die Kommandeure der einzelnen Abteilungen und hielten Kriegsrat. Dass sie in einen Hinterhalt geraten waren, war offensichtlich, aber wo war der Feind? Von Tempsky, der beobachtet hatte, dass aus dem Dorf selbst kaum gefeuert wurde, schlug noch einmal den sofortigen Sturmangriff vor; dabei würden zwar viele Männer fallen, aber der Rest wäre hinter der Palisade zumindest vor den unsichtbaren Schützen im Wald geborgen.
McDonnell sagte nicht Ja und nicht Nein, gestattete ihm aber immerhin, seine Ranger den seichten Mangotahi River, eigentlich nur einen etwas breiteren Bach, hinauf- und noch näher an Te Ngutu heranzuführen. Die andere, die linke Flanke sollte unter Kawana Hunia dichter an den im Südosten verlaufenden Pungarehu-Pfad geschoben werden, um im Bedarfsfall zumindest ihren Rückzug zu sichern. Harry Hunter, Bruder des verschlafenen Kavallerieoffiziers von Turuturu Mokai, und »Fighting Mac« selbst übernahmen das Zentrum, suchten noch immer mit ziellosen Salven nach den verborgenen Schützen und wurden allmählich aufgerieben.
Von Tempsky, inzwischen weniger als hundert Meter von der Palisade entfernt, fluchte und tobte, weil das Angriffssignal noch immer nicht kam. Seine Männer, obwohl dem feindlichen Dorf am nächsten, hatten doch am wenigsten durch die Heckenschützen zu leiden, da Titokowaru auf dieser abgelegensten Seite seiner Festung keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen hatte. Als er durch eine Schießscharte der Verschanzung spähte, erkannte der Häuptling jetzt gefährlich spät seinen Fehler und brüllte über das Schlachtfeld: »Whakawhiria! – Umzingelt sie, schließt sie ein!« Und Tutange und ein Dutzend anderer Krieger verließen ihre Positionen, um diesem Befehl Folge zu leisten. Dicht an den Boden gepresst krochen sie die Westseite des Bachlaufs hinauf.
Jetzt! Jetzt wäre es noch zu machen, jetzt konnte man die
Palisade noch stürmen, das Dorf überrennen und insbesondere die alles übertönende Stimme des feindlichen Generals zum Schweigen bringen. Wen oder was wollte er in des Teufels drei Namen denn noch umzingeln? Sie saßen doch schon in der Falle!
Manu-Rau schritt die Reihen seiner in Deckung liegenden Männer ab, befahl ihnen, auf ihren Posten zu bleiben – »Stand your ground, boys!« –, und trat insbesondere James Fagan, der alles Menschenmögliche tat, um im Erdboden zu versinken, jedes Mal in den Hintern, wenn er an ihm vorüberkam. Auf von Tempskys ausdrücklichen Befehl befand Bradley sich immer in unmittelbarer Nähe des Kommandanten, und das hieß in der Sprache der Forest Ranger: immer da, wo die Scheiße am dicksten war!
Von Tempsky selbst bewegte sich sorglos, fast ein wenig abgestumpft am Flussufer hinauf und hinunter, schlug mit dem blanken Säbel auf herunterhängende Zweige ein und fluchte leise vor sich hin: »Wie hängt mir das alles zum Halse heraus! Wenn ich diese Keilerei überstehe, gebe ich das ganze verdammte Geschäft auf!« Seine Männer lachten noch einmal über den kleinen Scherz.
Zweiundvierzig Jahre später erinnerte sich Tutange Waionui im Gespräch mit dem neuseeländischen Historiker James Cowan an diese Stunde: »Wir krochen am westlichen Ufer des Mangotahi hinauf, genau gegenüber von Manu-Raus Männern, aber wir sahen nicht viel von ihnen, und sie sahen gar nichts von uns. Wir hatten etwa eine Viertelstunde zuvor einen herumirrenden Soldaten getötet, den ersten der Pakeha, der wirklich in unsere Hände fiel, und zelebrierten das Whangai Hau; schnitten sein Herz heraus und verbrannten es. Der Rauch zog in Richtung der weißen Soldaten, und wir wussten, dass wir sie an diesem Tag schlagen würden.
Am Fuß eines Karaka-Baums fanden wir eine gut geschützte Position und legten an. Da erschien am gegenüberliegenden Ufer, keine zwanzig Meter von uns entfernt, ein Offizier mit einem gebogenen Schwert. Wir feuerten, und eine der Kugeln traf ihn mitten in die Stirn – ich glaube, es war meine.«
Es war kein Scherz. Von Tempsky hatte es satt. Er war einmal zu oft durch diesen verdammten Urwald gekrochen, hatte einmal zu häufig auf den Befehl gewartet, der dem ganzen Schlamassel ein Ende machen würde; sei es nun ein gutes oder schlechtes Ende. Er wollte nur noch nach Hause und es vergessen. Aber wo war
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