Fluch von Scarborough Fair
vernünftiger als Fenella, nicht wahr?«
Er wird immer –
Lucys Stimme versagte.
» Ah«, meinte der Elfenritter. » Endlich schenkst du mir deine Aufmerksamkeit, süße, hartnäckige Lucinda. Was hältst du von meinem Angebot?«
Lucy konnte es sich nicht leisten, ihn zu ignorieren. » Aber– mein Baby– in achtzehn Jahren ist meine Tochter an der Reihe–«
» Wenn du nach ihrer Geburt bereitwillig mit mir kommst«, sagte der Elfenritter, » und wenn du meine wahre Liebe sein wirst, dann werde ich in achtzehn Jahren deine Tochter nicht brauchen. Sie kann weiter ein normales Leben führen, und dein Mann kann sie wie geplant großziehen. Die beiden können tun, was sie wollen. Für uns spielt das keine Rolle.«
Lucy umklammerte den Griff des Pfluges. Meinte er das ernst, oder war das ein Trick? Sie war so müde, dass sie kaum noch klar denken konnte.
» Sei mein«, sagte der Elfenritter. » Sei meine wahre Liebe, und ich werde deinen Mann und deine Tochter von dem Fluch befreien.«
» Versprechen Sie, dass sie in Sicherheit sein werden?«, flüsterte Lucy.
» Ja, ich verspreche es. Wenn du mit deiner Arbeit aufhörst und aufgibst, werden sie in Sicherheit sein.«
Kapitel 54
Von dem Platz oberhalb der Küste, wo Zach stand und Lucy beobachtete, konnte er nicht genau sehen, was dort unten vor sich ging. Aber irgendwann ahnte er, dass Lucy Wehen hatte. Schließlich hatte er mit ihr einen Geburtsvorbereitungskurs besucht. Er sah, wie sie stehen blieb, sich vornüberbeugte und den Griff der Schubkarre umklammerte. Außerdem war er besser in der Lage als Lucy, die Wehen zu zählen.
Ab einem bestimmten Moment war er sich ganz sicher. Auf einmal hatte Lucy eine Pause gemacht. Offenbar hatte sie nicht nur Schmerzen, sondern sie starrte auch wie gebannt in eine Richtung. Etwas an ihrer Haltung beunruhigte ihn. Er ging ein paar Schritte, bevor er sich wieder fing.
Zach flüsterte ihren Namen.
Aber dann richtete sich Lucy wieder auf. Sie hob die Schubkarre an, wandte sich entschlossen von dem Punkt ab, auf den sie die ganze Zeit gestarrt hatte, und wollte wieder zu pflügen beginnen– da brach das Ziegenhorn ab und sie musste es durch ein neues ersetzen. Dabei stellte sie sich so ungeschickt an, dass er vor Angst am liebsten geschrien hätte. Das war nicht mehr die anmutige und selbstbewusste Lucy, die er kannte und die bis zum achten Monat fortwährend hart trainiert hatte. Diese Lucy war vor Erschöpfung fast wie gelähmt.
Doch dann arbeitete sie plötzlich einige Minuten lang wie eine Wahnsinnige. Von der ursprünglichen Besonnenheit war nichts mehr zu spüren. Wieder war eine Reihe geschafft.
Aber trotzdem bemerkte Zach, dass sie bei jeder neuen Wehe ins Wanken geriet und schließlich wieder langsamer wurde.
Hin und wieder– die Abstände waren willkürlich und seltsam verteilt– blieb sie stehen. Aber sie schien sich nicht auszuruhen. Es sah fast so aus, als würde sie sich mit einer unsichtbaren Person unterhalten. Sie machte eine schwache Geste und stellte anscheinend eine Frage.
Sie führt Selbstgespräche, um sich zu motivieren, dachte Zach in Momenten der Hoffnung. Doch bei weniger optimistischer Betrachtung fragte er sich, ob sie womöglich halluzinierte oder schon dem Wahnsinn verfallen war. Vielleicht hatte sie ja Fieber; es wäre ein Wunder, wenn sie sich da draußen keine Lungenentzündung holte. Es gab so viele Dinge, vor denen Zach Angst hatte, dass er kaum wusste, für welche Möglichkeit er sich entscheiden sollte.
Aber seine unmittelbarste Sorge galt der Flut. Lucy drehte sich nicht mehr um, um zu sehen, wie rasch das Wasser stieg. Dabei kam die Flut immer näher, und das Wasser überspülte bereits die Furchen, die sie anfangs gezogen hatte. Es bliebe noch genug Zeit, wenn Lucy ihr ursprüngliches Tempo wieder einhalten würde.
Aber das tat sie nicht.
Obwohl sie nur noch drei Reihen pflügen musste, hörte sie einfach auf. Zuerst dachte Zach, sie würde sich nur kurz ausruhen. Anscheinend redete sie auch wieder mit sich selbst. Aber der Moment zog sich in die Länge, und dann wandte sich Lucy in seine Richtung. Sie hob ein wenig die Hand, als wollte sie ihm zuwinken. Dann ließ sie den Pflug los und ging ein paar Schritte auf ihn zu.
Das Wasser war jetzt nur noch wenige Meter hinter ihr.
Zach rief ihr zu: » Lucy, nein! Geh zurück! Du musst es zu Ende bringen!«
Aber Lucy hörte nicht auf ihn und kam immer näher.
Auf einmal war ihm, als höre er ein leises Lachen.
Er rannte
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