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Fluch von Scarborough Fair

Fluch von Scarborough Fair

Titel: Fluch von Scarborough Fair Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Werlin
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gedünsteten Gemüses auf dem Herd durchbrach die Stille, und Leo wandte sich wieder dem Kochen zu.
    » Entschuldigt mich«, sagte Zach, stand auf und verließ ebenfalls die Küche. Er war seltsam erleichtert, als er Lucy sah. Sie stand oben auf dem Treppenabsatz und balancierte auf einem roten Sneaker, während sie trotzig den zweiten zuschnürte.
    » Gute Wahl«, rief Zach ihr zu.
    » Was?«
    » Ich hab meine Meinung geändert. Scharfsinn ist nicht alles.«
    » Und was ist mit Schönheit?«
    » Ich bevorzuge Individualität«, sagte Zach. » Außerdem ist mir gerade eingefallen, dass die Sneakers besser geeignet sind, falls du zufällig jemanden in den Arsch treten musst.«
    Beide grinsten sich an. Lucy trat mit dem Fuß wie ein Kung-Fu - Kämpfer, aber plötzlich überlief sie trotz des warmen Wetters ein Schauder. Sie taumelte zur Treppe und hielt sich am Geländer fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Zach rannte los. » Luce–«
    » Ich bin okay.«
    » Ja, aber–«
    Es läutete an der Tür. Soledad, Leo und Padraig Seeley versammelten sich im Wohnzimmer. Alle blickten mit unterschiedlichen Erwartungen zur Tür.
    » Ich mach auf«, sagte Zach und ging zur Tür, um Gray Spencer hereinzulassen. Hinter ihm kam Lucy mit ihren roten Sneakers absichtlich stampfend die Treppe herunter.
    Gray zwinkerte Zach hinter seinen Brillengläsern freudig zu. » Hey, Zach. Lange nicht gesehen.«
    Gray sah im Licht der Spätnachmittagssonne genauso aus, wie Zach ihn in Erinnerung hatte, abgesehen von dem schwarzen Smoking und der weißen quadratischen Blumenschachtel, die er mit einer Hand umklammerte. Doch hinter ihm am Straßenrand parkte nicht etwa die gemietete Limousine, von der Lucy erzählt hatte, sondern ein winziges, glänzendes, marineblau-silbernes MINI Cooper Cabrio mit offenem Verdeck. Gray bemerkte, wohin Zachs Blick gewandert war, und blähte sich vor lauter Stolz etwas auf.
    Die Feindseligkeit, die Zach die ganze Zeit gegenüber Padraig Seeley empfunden hatte, kam wieder in ihm hoch und richtete sich jetzt gegen eine neue Zielperson.
    » Von meiner Großmutter. Toll, was?«, sagte Gray. » Es ist ein Geschenk zum Schulabschluss.«
    » Okay, aber bist du nicht noch in der Mittelstufe?«
    » Schon.« Gray zuckte die Schultern. » Aber Großmutter ist ein wenig verwirrt. Meine Eltern und ich wollten ihre Gefühle nicht verletzen.«
    Natürlich nicht, dachte Zach. Und du wolltest das Auto. Hat Großmama auch die Versicherung bezahlt? » Komm rein«, sagte er. » Luce ist fast fertig.«
    » Sie wird total überrascht sein über das Auto«, meinte Gray selig.
    » Ja, sie wird überglücklich sein. Als wäre es ihr eigenes.« Kaum ausgesprochen, bedauerte er seine Worte auch schon wieder. Warum war er zu diesem netten Jungen so bissig? Und was hatte er gegen dieses Auto, das Gray offensichtlich toll fand, das aber eigentlich besser zu einem Mädchen passte?
    Okay, vielleicht war Lucy ja zu schade für diesen Clown, aber schließlich handelte es sich nur um eine Verabredung zum Ball. Oder?
    Als Zach beiseitetrat, um Gray ins Haus zu lassen, sah er aus dem Augenwinkel heraus etwas Lilafarbenes vorbeihuschen. Er blickte nach links. Vielleicht rannte ja eines der Nachbarskinder vor dem Haus der Markowitz’ hin und her und spielte. Auf der anderen Straßenseite lungerten mehrere Kids im Vorgarten von Mrs Angelakis herum. Mrs Angelakis selbst saß mit einer anderen Frau auf der Veranda vor ihrem Haus. » Wir warten alle auf Lucy!«, rief sie zu Zach hinüber.
    Er winkte. » Sie kommt in ein paar Minuten raus!« Dann ging er zurück ins Haus.
    Gray schüttelte inzwischen allen die Hände und sah dabei die ganze Zeit verliebt zu Lucy hin. Auf einmal war Zach klar, dass das, was er Soledad gesagt hatte– nämlich dass es sich nur um eine Verabredung unter Freunden handelte–, nicht zutraf. Zumindest nicht für Gray. Zach hatte keine Ahnung, was Lucy dachte und wie sehr sie diesen Typ mochte. Die beiden hatten sich bei der Begrüßung weder berührt noch geküsst. Doch jetzt nahm Lucy die weiße Schachtel von Gray in Empfang und öffnete sie.
    » Ist die schön«, sagte sie.
    » Das ist eine Kamelie. Sie ist für dein Handgelenk«, erklärte Gray. » Die Verkäuferin im Blumenladen sagte mir, dass das dieses Jahr alle Mädchen tragen. Sie ist an einem Armband befestigt, siehst du?«
    Er nahm die Kamelie aus der Schachtel, und Lucy streckte den linken Arm aus, damit er ihr das Blumenarmband ums Handgelenk legen konnte.

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