Fluch von Scarborough Fair
mal weiter unten an zu wickeln bis zur Taille.« Sie schnitt das Klebeband durch, ging um Zach herum und stellte sich vor ihn hin.
Zach setzte sich abrupt auf den Stuhl und ließ die Arme in den Schoß fallen. Er befand sich jetzt auf Augenhöhe mit Lucys Bauch und sah deutlich, wie sie ihn vorstreckte. Sie war in der zwanzigsten Woche, und eigentlich hätten sich seine Gefühle bei diesem Anblick abkühlen müssen. Aber dem war nicht so.
» Zach?«
» Nur einen Moment.« Seine Stimme klang heiser.
» Aber–«
» Gleich.«
Lucy war still. Er spürte, wie sie ihn ansah. Trotz allem war sie naiv genug, um ein wenig verwirrt zu sein. Das brach ihm das Herz, und gleichzeitig hätte es ihn vor Glück fast umgehauen, wenn er nicht gerade dringendere Probleme gehabt hätte.
Zach nahm Lucys Gegenwart ebenso intensiv wahr wie seinen eigenen Körper. Er spürte genau, wie sich plötzlich ihre Verwirrung legte und sie sein Problem erkannte. Er hörte sie atmen und erwartete, dass sie einen Schritt zurücktrat, weg von ihm. Aber es geschah nichts dergleichen.
Zach sah reumütig zu ihr auf, bereit zu lachen. Lucy stand immer noch dicht vor ihm. Sein Blick streifte die Rolle Klebeband, die wie ein Armband von ihrem Handgelenk baumelte, ehe er ihr ins Gesicht sah und ihre Blicke sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder trafen.
Aber jetzt war es anders als sonst.
Lucy räusperte sich, als wollte sie etwas sagen. Ihre Wangen waren gerötet und sie machte ein erstauntes Gesicht.
Zach war auch ziemlich verwundert, und ihm war schwindlig.
Später musste Zach sich eingestehen, dass er in diesem entscheidenden Moment, bevor er vor Lucy auf die Knie fiel und sie bat, ihn zu heiraten, nur einen einzigen Gedanken hatte:
Ich will hier und jetzt mein Leben ändern. Für Lucy. Und ich weiß genau, dass es nicht der klügste Schachzug ist. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass es für sie das Beste ist– nein. Nein, nein.
Für uns.
Obwohl es ihm wochenlang nicht bewusst gewesen war, waren Zach unzählige Fragen durch den Kopf gegangen. Alle drehten sich um Lucy, um das Baby und auch um ihn. Und jetzt hatte er auf einmal die passenden Antworten. Ein paar davon waren unerfreulich und unheimlich, aber so war das nun mal.
Es musste ein wir geben.
Im nächsten Moment lag Zach auf den Knien, ohne dabei den Blick von Lucy abzuwenden.
» Luce. Lucy. Lucinda Scarborough. Heirate mich. Bitte. Ich will dich, und ich will der Vater deiner Tochter sein.«
Kapitel 39
» Zach!«
Lucy bemerkte, dass sie Zachs Hand hielt. Die Klebebandrolle rutschte von ihrem Handgelenk über ihre linke Hand und dann über Zachs rechte Hand, bis sie schließlich an seinem muskulösen Unterarm hängen blieb. Lucy sah ihm in die Augen.
Er musste seine Worte nicht wiederholen.
Lucy brauchte Zeit zum Nachdenken, ehe sie antwortete. Sie überlegte sich jedes Wort ganz genau. Nach ungefähr einer halben Minute hörte sie sich verwundert sagen: » Ich liebe dich, Zach.«
Zach blieb auf dem Boden knien und blickte weiter zu ihr auf. Erschien da etwa ein Lächeln auf seinem Gesicht?
» Was ist?«, fragte Lucy misstrauisch. Sie umklammerte jetzt seine beiden Hände; sie waren so kräftig und real. Und es gefiel ihr, wie er vor ihr auf den Knien lag. Aber–
» Okay, Zach. Was denkst du gerade? Warum lächelst du so… so selbstgefällig?«
War das wahre Liebe, wenn man jemanden am liebsten ohrfeigen und gleichzeitig leidenschaftlich küssen wollte?
» Was denkst du?«, beharrte Lucy.
Zach schüttelte den Kopf. Er hielt ihre Hände ebenso fest umklammert wie sie die seinen und hörte nicht auf zu lächeln. » Sag es noch mal, Luce. Wiederhole, was du eben gesagt hast.«
» Dass du selbstgefällig bist?«, neckte sie ihn.
» Nein, das andere.«
Lucy legte den Kopf schief und blickte verstohlen zu ihm hinab. Sie gelangte auch jetzt zu demselben unglaublichen Schluss, aber diesmal ließ sie eine ganze Minute verstreichen, bevor sie lächelnd wiederholte: » Ich liebe dich, Zach.«
Diese Sicherheit in ihrer Stimme, diese Verwunderung, diese– ja, diese Freude. Ihre Worte klangen wie Musik, und ihr Blick verriet, was sie fühlte.
Schließlich kannte er sie. Er kannte sie sogar gut.
Und sie kannte ihn.
Zach, dachte sie. Zach Greenfield von nebenan, den sie schon seit ewigen Zeiten kannte. Sie liebte ihn wirklich und wahrhaftig. Wie konnte das sein? Und wie hatte es jemals anders sein können?
Warum hatte er sie noch nicht geküsst? Wartete er darauf,
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