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Fluch von Scarborough Fair

Fluch von Scarborough Fair

Titel: Fluch von Scarborough Fair Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Werlin
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noch immer starrte sie wie gebannt auf Zachs Körper. Auf seine Schultern, seine Arme, seine Brust, seinen Bauch… würde sie ihn berühren, könnte sie spüren, wie sich jeder einzelne Muskel unter seiner Haut bewegte.
    Hatte Zach sich ihr ein winziges Stück genähert oder war sie näher an ihn herangerückt?
    Jedenfalls rückte Lucy wieder von ihm ab. Sie drehte sich rasch zu Soledad um, die gerade den Beistelltisch mit der Schneiderpuppe an einen anderen Platz schob.
    » Mom?«
    » Was ist?«
    » Ich kann das Hemd nicht an dieser– dieser Puppe machen.«
    » Aber–«
    » Es geht nicht«, platzte Lucy heraus. Sie war sich kaum bewusst, was sie sagte oder warum. Sie fand die Schneiderpuppe abstoßend. Sie wollte sie weder berühren noch ein Hemd für sie anfertigen.
    » Sie ist widerlich«, stimmte Zach zu, der jetzt wieder dicht hinter ihr stand. Lucy bildete sich ein, die Wärme seiner nackten Brust zu spüren, die sich sanft gegen ihren Rücken drängte. Sie hätte wieder einen Schritt nach vorn machen können, aber sie tat es nicht.
    » Mir hat die Idee von vorhin gefallen«, sagte Zach zu Soledad. » Eine Schneiderpuppe aus Klebeband nach einem menschlichen Modell anzufertigen und dann der Puppe das Hemd quasi auf den Leib zu schneidern. Nun, da bin ich. Ein menschliches Modell. Es macht nichts, wenn es länger dauert. Ich hab Zeit. Lucy kann mich gern für ihre Zwecke benutzen.«
    » Lucy?«, fragte Soledad skeptisch. » Das kann wirklich länger dauern, aber wenn Zach es unbedingt will?«
    » Okay«, sagte Lucy. » Dann schaff dieses Ding hier raus.«
    » Ich leg die Puppe in dein Auto, Soledad«, bot Zach an.
    » In Ordnung. Und dann zieh ein altes T-Shirt an, das du vielleicht sowieso ausrangieren wolltest, denn das Klebeband wird es vollends ruinieren. Und du, Lucy, musst jetzt erst mal frühstücken.«
    Nachdem Lucy Toast mit Rührei und eine Orange gegessen hatte, fühlte sie sich gleich besser und auch irgendwie glücklich. Sie summte beim Abwaschen des Frühstücksgeschirrs sogar die Ballade vor sich hin. Trotz aller Sorgen und Nöte überkam sie gelegentlich ein wohliges Gefühl, das im krassen Gegensatz zu der sonst vorherrschenden Angst stand. Und dies war ein solcher Moment.
    Wahrscheinlich war das Baby die Ursache dafür. Oder die Hormone. Oder beides.
    Lucy war in der zwanzigsten Woche und hatte bisher neun Pfund zugenommen. Das Kind wuchs jetzt schnell, und Lucy musste damit rechnen, pro Woche ein Pfund zuzulegen. Außerdem hatte die Ärztin ihr mittlerweile bestätigt, dass sie ein Mädchen erwartete– eine Neuigkeit, mit der sie zwar gerechnet hatte, die ihre Angst aber trotzdem noch verstärkte.
    Doch jedes Mal, wenn sie sich, so wie jetzt, ihrer Schwangerschaft voll bewusst wurde, ließ die Angst nach und sie dachte sich Namen für das Kind aus oder etwas in der Art. Lucy fragte sich, ob sie wohl irgendwann nur noch an das Baby denken würde. Würde sie sich dann in einem Meer immerwährender, einschläfernder Glückseligkeit treiben lassen?
    Kürzlich hatte Lucy begonnen, in Gedanken mit dem Kind zu sprechen. Sie war sich seiner Präsenz durchaus bewusst. Gerade jetzt hatte sie das Gefühl, dass das Baby wach, aufmerksam und interessiert war. Das Frühstück hat ihm geschmeckt, dachte Lucy, und jetzt freut es sich auf ein wenig Abwechslung.
    Wie wär’s, wenn wir gemeinsam kämpfen, du und ich?
    Sie stellte sich vor, wie das Baby seine winzige Faust hob.
    Was hältst du von Zach Greenfield? Er ist mittlerweile alles andere als ein hagerer Junge. Es ist sehr gut, dass Mom ihn gebeten hat, ein T-Shirt überzuziehen. Wer hätte das gedacht? Zach Greenfield.
    Lucy hörte das Baby in Gedanken kichern. Bestimmt war das Kind genauso froh wie sie, dass sie zum Anpassen des Hemdes nicht diese grässliche Schaufensterpuppe nehmen mussten. Stattdessen würde Zach als Modell dienen. Zach, der sich einbildete, in Lucy verliebt zu sein. Oder vielleicht war er ja wirklich in Lucy verliebt.
    Bei diesem Gedanken wurde Lucy rot. Ohne besonderen Grund ging sie nach oben, um etwas Parfum aufzutragen. Dann ging sie wieder hinunter ins Esszimmer, wo sie zu ihrem Erstaunen feststellte, dass Soledad im Gehen begriffen war. » Ich sollte lieber nicht dabei sein, wenn du das Hemd machst«, sagte sie. » Ich wäre nur ständig versucht, dir zu helfen oder Ratschläge zu geben, und das könnte alles ruinieren. Ich habe sowieso noch was zu erledigen. Dann lass ich dich jetzt mit Zach allein. Okay, Lucy?«
    »

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