Fluch von Scarborough Fair
hinduistische Mönch, der jetzt in der hintersten Reihe ganz ruhig auf einem Stuhl saß? Und irgendwo stand auch noch eine Priesterin der Episkopalkirche herum; Zach war nicht sicher, mit wem sie gekommen war. Jemand anders hatte einen Imam mitgebracht, einen kleinen Mann mit ruhigem, unergründlichem Blick. Und jetzt noch dieser griechisch-orthodoxe Priester.
Hatten ihre Eltern etwa sämtliche Freunde beauftragt, irgendwelche Geistlichen aufzutreiben und mit hierher zu schleppen?
Der Swami schaute jetzt genau in Zachs Richtung. Zach trug seinen neuen grauen Anzug, darunter die von Lucy angefertigte nahtlose Weste und eine etwas zu fest sitzende blaue Krawatte. Der Mönch nickte ihm zu und lächelte, und Zach nickte ebenfalls und lächelte zurück. Was sollte er auch sonst tun?
Zach spürte, dass ihn noch jemand ständig beobachtete. Es war der große dunkelhaarige, arrogante Typ, den Jacqueline Jackson mitgebracht hatte und der ihm so bekannt vorkam. Dieser Kerl lächelte nicht. Ob das etwa auch ein Pfarrer, Rabbi, Priester, Mullah, Yogi oder sonst was war? Zach überkam ein gewisses Unbehagen und er wandte den Blick ab. Er kannte diesen Typ. Er wusste genau, dass er ihm schon mal begegnet war, er konnte sich nur nicht erinnern, wo und wann.
Plötzlich fühlte er sich etwas benommen. Das nahtlose Hemd kratzte, und ihm war heiß. Obwohl er wusste, dass er darin schwitzen würde, hatte er sich spontan dazu entschlossen, es trotzdem anzuziehen. Vielleicht war es Aberglaube, aber Lucy hatte es an dem Tag gemacht, an dem er um ihre Hand angehalten hatte. Außerdem hatte sie für die Herstellung das alte Red-Sox-T-Shirt benutzt, das er ihr zum siebten Geburtstag geschenkt hatte, und auch deshalb wollte er es unbedingt tragen. Zach hatte es niemandem gesagt, nicht mal Lucy, aber wenn sie es schon für ihre wahre Liebe gefertigt hatte, dann doch wohl für ihn.
Jetzt fragte er sich allerdings, ob es ein Fehler gewesen war. Würde er während der Trauung nicht anfangen zu schwitzen? Sollte er rasch nach oben gehen und es ausziehen?
Nein. Etwas in ihm wehrte sich dagegen. Er wollte das nahtlose Hemd anbehalten und darin heiraten, selbst wenn bei der Trauung der Schweiß in Strömen an ihm herunterlief.
Nachdem er sich entschieden hatte, wurde er etwas ruhiger, nein, viel ruhiger sogar. Er sah wieder zu dem Fremden hinüber, dessen Namen er eigentlich kennen sollte, nickte und winkte ihm zu, als ob er sich an ihn erinnerte. Zach zog an seiner Krawatte, um etwas mehr Halsfreiheit zu haben. Die Musiker stimmten jetzt ein Stück von Vivaldi an, und die Gäste nahmen Platz. Es musste gleich so weit sein.
Zach spürte, wie sich eine Hand auf seinen Arm legte. Es war Leo. Er klopfte Zach wortlos auf die Schulter und ging dann die Treppe hinauf. Auf halbem Weg kam ihm Zachs Mutter entgegen. Sie ging an Leo vorbei und gabelte unterwegs Zachs Vater auf. Beide gesellten sich zu ihm.
Mittlerweile hatten alle Gäste Platz genommen, und Mrs Benoit hatte sich vor dem Kamin aufgestellt. Auf einmal verebbte die Musik und es war ganz still, und man hörte das Prasseln des Feuers.
» Na, bist du bereit?«, fragte Nate Greenfield seinen Sohn mit grimmigem, aber entschlossenem Blick.
» Ja«, erwiderte Zach knapp.
Dann begannen die Musiker ein neues Stück zu spielen.
Gina hüpfte ausgelassen und ohne auf die Musik zu achten herum und schleuderte die Blütenblätter mit solcher Wucht durchs Wohnzimmer, dass sie einem Werfer beim Baseball Konkurrenz gemacht hätte. Sie hörte erst damit auf, als der Korb leer war, und dann ließ sie sich freudestrahlend auf ihren Stuhl fallen.
Als Nächste erschien Sarah Hebert, die von Pierre hastig die Treppe hinuntergezogen wurde. Ein Hundefrisör hatte Pierre den klassischen Pudelhaarschnitt verpasst, und er sah aus, als käme er direkt aus Paris; sein Erscheinen sorgte bei den Gästen für allgemeine Heiterkeit. Auch Sarah schien sich zu amüsieren. Sie winkte Zach zu, als sie das Zimmer durchquerte, und stellte sich ihm gegenüber.
Die Dinge gerieten ein wenig außer Kontrolle, weil Pierre sich nicht hinsetzen wollte, sondern stattdessen an der Leine zog, um offensichtlich auf Jacqueline Jackson und ihren gut aussehenden Begleiter loszustürmen. Pierre begann zu knurren, aber Sarah biss die Zähne zusammen, packte Pierres Halsband und brachte ihn schließlich dazu, sich hinzusetzen. Trotzdem blieb er wachsam und angespannt.
Auf einmal vergaß Zach alles um sich herum– Pierre, Sarah und sogar
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