Flucht aus dem Harem
öffnete sich und Karim Pascha trat ein. Der Kaftan, den er heute trug, war bis zum Nabel geschlitzt und ließ viel von seiner dunklen Haut sehen. Kate vollführte automatisch einen Hofknicks. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass Serena den Arm ausstreckte und ihre Hand dem Pascha zum Kuss reichte.
Zu ihrer Überraschung beugte sich der Pascha tatsächlich nach westlicher Sitte darüber. „Lady Dexter, welche Überraschung.“
Kates Kopf ruckte hoch. Er sprach Englisch. Karim al-Zafar sprach Englisch!
„Leila, du darfst dich erheben.“
„Sie heißt Kate, nicht Leila“, sagte Serena kühl. „Ich habe übrigens von Ihrem verachtenswerten Handel erfahren, Mr. al-Zafar.“
Mister al-Zafar. Kate rang nach Atem.
„Für mich ist und bleibt sie Leila. Englische Namen kommen mir so schwer von den Lippen.“ Er hielt noch immer Serenas Hand und machte keine Anstalten, sie loszulassen. Und Serena entzog sie ihm nicht.
Kate starrte den Pascha an, als wären ihm zwei Köpfe gewachsen. Sie konnte nicht anders. Wenn er es bemerkte, dann sagte er nichts. Seine ganze Aufmerksamkeit galt Serena.
„Was kann ich für Sie tun, Lady Dexter? Leila und ich haben ein Arrangement getroffen, wie Sie ganz richtig bemerken, und ich gedenke, es mit einem fürstlichen Dinner zu feiern.“ Er öffnete seine Hand, aber Serena zog ihre noch immer nicht weg. „Oder haben Sie einen anderen Vorschlag?“ Karims Stimme klang so tief und rauchig, als käme sie direkt aus seiner Brust.
Serena reckte das Kinn. „Den habe ich, Mr. al-Zafar. Kate erzählte mir, Sie wollen eine Frau, die – wie war das noch – freiwillig und freudig zu Ihnen kommt. Ist das richtig?“
Der Pascha neigte leicht den Kopf.
„Sie wissen bestimmt, dass Kate und Justin Grenville in eine leidenschaftliche Affäre verstrickt sind. Demnach wird sie weder freiwillig noch freudig an Ihre Seite eilen. Sie wird es tun, weil sie Ihnen ihr Wort gegeben hat und weil sie alles tun würde, um Justin Grenvilles Leben zu retten.“
Der Pascha verschränkte die Arme vor der Brust. „Was erwarten Sie von mir, Lady Dexter? Dass ich Leila gehen lasse und einmal mehr …“ Er warf Kate einen Blick zu, den sie nicht zu deuten wusste. „… meine Großherzigkeit beweise?“
Serena sah den Pascha unverwandt und ohne mit der Wimper zu zucken an. „Ja, das erwarte ich. Denn ein Mann von Ihrem Format hat es nicht nötig, eine Frau gegen ihren Willen gefügig zu machen.“
Der Pascha hob die dunklen Brauen. „Leila hat vor Ihnen offensichtlich keine Geheimnisse.“
„Nein. Sonst wäre ich nicht hier und würde Ihnen einen Handel vorschlagen.“ Serena machte eine wohlberechnete Pause. Ehe sie weitersprach, holte sie tief Luft. „Sie lassen Kate gehen und bekommen dafür eine Frau, die mehr als freudig und willig zu Ihnen kommt.“
„Serena, um Gottes willen, halt den Mund!“, schrie Kate entsetzt. „Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst.“
Der Pascha stand noch immer unbeweglich vor Serena. „Warum sollte eine britische Lady sich in die Gewalt eines orientalischen Barbaren begeben? Und das auch noch freudig und freiwillig, wie Sie es zu nennen belieben?“
Serena hielt der Musterung ruhig und offen stand. „Weil diese britische Lady begierig ist herauszufinden, was es mit orientalischen Barbaren auf sich hat. Ob sie tatsächlich halten, was sie mit ihren Augen versprechen.“
Der Pascha blickte Serena an, dann warf er den Kopf in den Nacken und begann zu lachen. Über Kates Rücken rieselte eine Gänsehaut. Am liebsten hätte sie Serena an den Haaren gepackt und aus dem Raum gezerrt.
„Lady Dexter, ich frage mich gerade, ob Sie wirklich so unverfroren sind, wie Sie mich glauben machen wollen.“ Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und der letzte Rest Heiterkeit wich aus seiner Stimme. „Oder ob Sie nur die Haut Ihrer Freundin retten und sich dann mit einer jämmerlichen Ausrede selbst in Sicherheit bringen wollen.“
Serena machte einen Schritt auf ihn zu und zischte wütend: „An mir ist nichts jämmerlich, Mister al-Zafar.“
Sie hob den Arm, griff in seinen Nacken und zog seinen Kopf zu sich. Obwohl er ihr Handgelenk gepackt hatte, ehe sie ihn berühren konnte, ließ er sie gewähren. Ihre Lippen prallten aufeinander und der Kuss, den sie vor Kates ungläubigen Augen tauschten, vermittelte den Eindruck, als ob zwei hungrige Raubkatzen übereinander herfielen und sich verschlangen.
Kate atmete zitternd aus. Sie konnte sehen, wie sich die Kiefer bewegten, wie
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