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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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durchgemacht, daß von seinem ursprünglichen Körper kaum mehr übrig war als die graue Hirnmasse. Und selbst sie hatte schon Eingriffe der Chirurgen erlebt. Kloofman unterzog sich diesen Dingen gern, denn sie sicherten ihm das Leben und damit absolute Macht. Er war wirklich. Danton nicht. Und Kloofman war es nur recht so.
    »David Giacomin möchte Sie sprechen«, schnurrte die Sonde in seinem Schädel.
    »Er soll hereinkommen«, sagte Kloofman.
    Vor etwa zwanzig Jahren hatte er sich so einrichten lassen, daß er selbst während der Verjüngungsoperationen die Amtsgeschäfte weiterführen konnte. Anders wäre es unmöglich gewesen, an der Macht zu bleiben. Kloofman war das einzige lebende Mitglied der Klasse Eins, und das bedeutete, daß alle Machtlinien in seiner Hand zusammenliefen. Er schob so viel wie möglich auf die Hebel und Nocken und Tasten ab, aus denen Danton bestand. Aber Danton war letzten Endes eine Maschine und nichts anderes als ein Werkzeug des rastlosen Kloofman. Es war nicht immer so gewesen. Vor der Flaming-Bess-Affäre hatte die Klasse Eins aus drei Mitgliedern bestanden, und noch früher war Kloofman nur einer von fünf gewesen.
    Er führte die Geschäfte jedoch befriedigend. Und er sah keinen Grund, nicht noch fünf- oder sechshundert Jahre so weiterzumachen. Kein Mensch in der Geschichte hatte die Macht eines Peter Kloofman besessen. Wenn er hin und wieder müde wurde, tröstete er sich mit dieser Tatsache.
    Giacomin trat ein. Er stand aufmerksam, aber keineswegs unterwürfig neben der Wanne mit der Nährflüssigkeit. Kloofman schätzte Giacomin sehr hoch ein. Er war einer von vielleicht zweihundert Klasse-Zwei-Mitgliedern, die den soliden Untergrund für die Klasse Eins bildeten. Zwischen Klasse Zwei und Klasse Drei herrschte eine tiefe Intelligenzkluft. Klasse Zwei wußte, wie die Welt regiert wurde. Klasse Drei hatte jede Bequemlichkeit, wußte jedoch nicht recht, was gespielt wurde. Ein Arzt oder Regierungsmitglied der Klasse Drei hielt Danton wahrscheinlich für wirklich. Giacomin kannte die Wahrheit.
    »Nun?« fragte Kloofman und beobachtete mit kühlem Interesse, wie die Chirurgen die graue, schaumige Masse der Ersatzlunge in die Brustöffnung einführten. »Was gibt es heute, David?«
    »Zeitreisende.«
    »Ist man dem Vorgang schon auf der Spur?«
    »Noch nicht«, sagte Giacomin. »Aber man unternimmt Schritte. Es wird nicht mehr lange dauern.«
    »Gut, gut«, murmelte Kloofman. Diese Geschichte mit der verbotenen Zeitreise bereitete ihm mehr Sorgen, als er zugeben wollte. Zum ersten dauerte sie trotz der Maßnahmen der Regierung an, und das war lästig. Aber natürlich war es erst ein paar Tage her, seit er die Untersuchung befohlen hatte. Viel ärgerlicher war die Tatsache, daß er trotz seiner Macht nicht sofort zugreifen konnte, daß er diese Technik nicht zu seinen Gunsten ausnützen konnte. Sie hatte sich unabhängig von der Regierung entwickelt. Und somit stellte sie Kloofman dauernd vor Augen, daß er doch nicht allmächtig war.
    »Es hat sich ein Problem ergeben«, meinte Giacomin. »Man zieht in Erwägung, einen potentiellen Zeitreisenden zu isolieren und ihn daran zu hindern, den Sprung zu wagen.«
    Kloofman machte in seinem Bad eine konvulsivische Bewegung. Flüssigkeit spritzte in seinen Brustkorb. Homeostatische Pumpen saugten sie ungerührt ab, und ein Chirurg befestigte die neue Lunge an ihrem Platz. Er sagte kein Wort. Der Weltherrscher fragte: »Ein Zeitreisender, dessen Name auf den Listen steht?«
    »Ja.«
    »Haben Sie die Nachforschungen zugelassen?«
    »Ich wollte Sie um Rat fragen. Es wird nichts unternommen, bis Sie sich dazu geäußert haben.«
    »Ablehnen«, sagte Kloofman entschlossen. »Daran gibt es gar nichts zu zweifeln. Ich möchte noch weitergehen: Sorgen Sie dafür, daß man alle Zeitreisenden, deren Namen bekannt sind, in Ruhe läßt. Das ist ein Befehl. Wer einmal die Vergangenheit gewählt hat, darf nicht am Sprung gehindert werden. Verstanden? Das ist mein Wille, David. Alle Abteilungen, die auch nur entfernt mit der Zeitreise-Affäre beschäftigt sind, sollen Bescheid bekommen.«
    Während Kloofman sprach, spürte er einen schwachen Stich im Muskelteil seiner linken Hüfte. Ein Beruhigungsmittel. Offenbar hatte er sich zu sehr erregt. Das automatische Monitor-System glich alle seine Regungen auf chemischem Wege aus. Arterien wurden ausgeweitet, seinem Blut wurden neue Enzyme zugeführt. Er selbst konnte auch zu dem Prozeß beitragen. Mit ganzer

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