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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Willenskraft versuchte er sich wieder zu beruhigen, auch angesichts der Drohung. Giacomin sah ihn besorgt an.
    Kloofman wurde ruhig. »Das war alles, was ich berichten wollte«, meinte Giacomin. »Ich werde die Instruktionen weitergeben.«
    »Ja. Und sagen Sie auch Dantons Programmierern Bescheid. Alles, was durch sein Büro geht, sollte in der gleichen Art gehandhabt werden. Die Sache ist zu wichtig, als daß man sie nachlässig behandeln dürfte. Ich weiß gar nicht, weshalb ich diese Möglichkeit nicht gleich vorhersah.«
    Giacomin verließ den Tank mit seiner feuchten, kühlen Atmosphäre. Kloofman betrachtete mißvergnügt die grünen Glaswände. Man hätte ihn vorher warnen müssen. Es war die Aufgabe der Klasse-Zwei-Leute, alle Fallgruben vorher aufzuspüren. Schließlich beschäftigten sie sich jetzt schon seit einiger Zeit mit dem Zeitreise-Problem. Im Jahre 83 hatte man zum erstenmal Pläne entworfen, die alle Möglichkeiten der Zeitreisen und ihre Bekämpfung vorsahen. Weshalb war man auf diesen Fall nicht gekommen? Ausgerechnet nicht auf diesen!
    Sich selbst verzieh Kloofman diesen Fehler, aber er fand, daß man die anderen eigentlich degradieren müßte.
    Laut sagte er: »Man stelle sich die Folgen vor! Jemand hält die Zeitreisenden von ihrem Sprung in die Vergangenheit zurück. Es hätte die Welt auf den Kopf stellen können.«
    Die Chirurgen schwiegen. Sie mußten um ihre Klasse bangen, wenn sie sich außerberuflich mit Kloofman unterhielten. Ruhig schlossen sie seinen Brustkorb und strichen mit Anaemostaten darüber. Der Heilungsprozeß setzte unverzüglich ein. Automatische Regler bereiteten Kloofman auf seine Rückkehr in die normalen Räume vor. Die Temperatur der Nährflüssigkeit nahm ab.
    Kloofman war ziemlich erschüttert. Nicht durch den postoperativen Schock – so etwas kannte man nicht mehr – sondern durch die Gefahr, der er gerade noch entronnen war. Ein Eingreifen in die Vergangenheit! Zeitreisende aus dem komplizierten Weltschema zu entfernen! Angenommen, ein kleiner Büroangestellter der Klasse Neun oder Sieben hatte auf eigene Verantwortung schon mit den Nachforschungen begonnen, um die Angelegenheit zu beschleunigen. Angenommen, er hatte ein paar Zeitreisende vor ihrer Abreise aufgespürt. Dann war die Zeitlinie unterbrochen und die Vergangenheit unwiderruflich geändert.
    Alles konnte sich damit geändert haben.
    Ich hätte Pförtner werden können oder Techniker oder Verkäufer von Fieberpillen, dachte Kloofman. Vielleicht wäre ich nie geboren worden. Oder ich wäre in Klasse Sieben gelandet, und Danton hätte tatsächlich existiert. Oder wir hätten keine Hohe Regierung. Eine totale Anarchie vielleicht. Irgend etwas. Eine ganz andere Welt. Die Umformung wäre über Nacht gekommen, und die Veränderungsursache wäre natürlich nicht mehr zu entdecken gewesen, so daß ich nicht einmal bemerkt hätte, daß ich nicht mehr an der Spitze stehe. Vielleicht haben sogar schon ein paar Änderungen stattgefunden.
    War das möglich?
    Waren ein paar Zeitreisende von irgendeinem ehrgeizigen Beamten schon an dem Sprung gehindert worden? Und waren daraus grundsätzliche Verschiebungen des historischen Schemas entstanden, Veränderungen, die man nie entdecken würde? Mit einem Mal spürte Kloofman die ganze Instabilität des Universums. Da lag er nun, siebenhundert Meter unter der Erde, am Fuße der Zivilisation, denn die Hohe Regierung bewohnte immer die untersten Schichten, und er besaß seit Jahrzehnten eine absolute Macht, die weder ein Attila noch ein Dschingis Khan, Napoleon oder Hitler gekannt hatte. Und doch fühlte er, wie die Wurzeln der Vergangenheit losgerissen wurden. Es jagte ihm Angst ein. Irgendein Mensch aus der gesichtslosen Masse, ein kleiner Regierungsangestellter, konnte durch einen harmlosen Schnitzer alles zum Scheitern bringen, und Kloofman konnte gar nichts dagegen unternehmen. Vielleicht hatte der Prozeß schon begonnen.
    Ich hätte mich nie auf das Zeitreise-Geschäft einlassen sollen, dachte Kloofman.
    Aber er wußte, daß das auch nicht stimmte. Er hatte schon richtig gehandelt, aber er war zu leichtsinnig vorgegangen. Er hatte nicht alle Gefahrenmomente berücksichtigt. Bevor er seine Bürokraten auf die Spur des Zeitreise-Unternehmers setzte, hätte er ihnen strikt verbieten müssen, irgendwie in die Vergangenheit einzugreifen. Er zitterte bei dem Gedanken an die Blöße, die er sich gegeben hatte. Seine gesamte Macht, die er jahrelang so mühsam aufgebaut hatte,

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