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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wurde von der Gegenwart abgezogen. Wie stand es mit der Masse? Blieb sie erhalten? Die Daten über die Planetenmasse zogen die Möglichkeit eines plötzlichen und völligen Verschwindens nicht in Betracht. Zweihundert Pfund, die plötzlich vom Jetzt entfernt und in das Gestern gestoßen wurden – wie war das möglich? Dennoch geschah es. Die Aufzeichnungen bewiesen es. Tausende von Zeitreisenden wurden in die Vergangenheit abgeschoben. Wie nur? Wie?
    Peter Kloofman machte sich von diesem Gedanken los. Er war nebensächlich. Wichtig war die plötzlich aufgetauchte Möglichkeit, daß die Vergangenheit geändert werden könnte, daß man ihm durch einen Zufall alles nehmen konnte, wodurch er überlegen war. Er hatte Angst. Er füllte sein Gehirn mit Fakten an, um die Angst zu ersticken. Allmählich überkam ihn wieder ein Machtrausch.
    Cäsar, konntest du in einem einzigen Augenblick die ganze Welt durch dein Gehirn laufen lassen?
    Napoleon, hättest du gedacht, daß sich ein Mensch an einen Komputer anschließen lassen könnte?
    Sardanapalus, was waren deine Freuden in Ninive gegen das hier?
    Kloofmans mächtiger Körper zitterte. Die feinen Kapillardrähte unter seiner Haut glühten. Er war nicht mehr Peter Kloofman, Klasse Eins, Weltherrscher, tüchtiger Despot, kluger Planer, Erbe der Zeiten. Er war alles, was existierte. Kosmische Macht durchströmte ihn. Das war das wahre Nirwana. Das war das Einssein. Der Augenblick höchster Lust.
    Jetzt war nicht der rechte Moment, um darüber nachzudenken, wie leicht ihm das alles genommen werden konnte.

 
7
     
    »Norm, wer ist Lanoy?« fragte Helaine Pomrath.
    »Wer?«
    »Lanoy!«
    »Wo hast du denn den Namen gehört?«
    Sie zeigte ihm die kleine Notiz und beobachtete dabei sein Gesicht. Sein Blick war unsicher.
    »Ich habe das da gestern in deiner Tunika gefunden«, sagte sie. » Keine Arbeit? Fragen Sie nach Lanoy. Ich wundere mich nur, wer er sein könnte und wie er dir helfen könnte.«
    »Er – ich glaube, er hat eine Art Arbeitsvermittlung. Ich weiß es nicht genau.« Pomrath fühlte sich sichtlich unbehaglich. »Jemand hat mir den Zettel in die Hand gedrückt, als ich aus der Traumbar kam.«
    »Was soll es dir nützen, wenn keine Adresse draufsteht?«
    »Man soll wohl nach dem Mann suchen«, erwiderte Pomrath. »Wie ein Detektiv. Ich habe keine Ahnung. Um ehrlich zu sein, ich hatte die Sache schon wieder vergessen. Gib her.«
    Sie reichte ihm den Zettel. Er nahm ihn schnell und steckte ihn in die Tasche. Helaine gefiel es nicht, mit welcher Hast er das belastende Zettelchen in Sicherheit brachte. Sie hatte zwar keine Ahnung von seinen Plänen, aber sie konnte deutlich sehen, daß ihr Mann verlegen und schuldbewußt war.
    Vielleicht wollte er mich überraschen, dachte sie. Vielleicht war er schon bei diesem Lanoy und hat sich nach einer Arbeit umgesehen. Wahrscheinlich wollte er es mir erst nächste Woche sagen, wenn unser Hochzeitstag ist. Und jetzt habe ich ihm die Freude verdorben. Ich hätte den Mund halten sollen.
    Ihr Sohn Joseph trat splitternackt unter der Molekülbrause hervor. Seine Schwester war ebenfalls nackt. Sie stellte sich nach ihm auf die Plattform. Helaine richtete das Frühstück her.
    »Wir haben heute Geographie in der Schule«, sagte Joseph.
    »Wie schön«, meinte Helaine zerstreut.
    »Wo ist Afrika?« wollte der Junge wissen.
    »Weit weg. Irgendwo jenseits des Ozeans.«
    »Kann ich nach Afrika gehen, wenn ich groß bin?« fragte er hartnäckig.
    Von der Brause her kam ein schrilles Kichern. Marina wirbelte herum und sagte: »Afrika ist da, wo die Leute von Klasse Zwei wohnen. Du willst wohl Klasse Zwei werden, Jojo?«
    Der Junge blitzte seine Schwester an. »Vielleicht. Vielleicht sogar Klasse Eins. Was weißt denn du schon? Du wirst überhaupt nichts. Ich habe jetzt schon etwas, was du nicht hast.«
    Marina schnitt ihm eine Grimasse. Dennoch drehte sie sich um, um ihren noch unentwickelten Körper vor seinen neugierigen Augen zu verstecken. Pomrath sah von dem Morgen-Nachrichtenband auf und knurrte: »Hört auf, ihr beiden! Jojo, zieh dich an. Marina, komm endlich unter der Brause hervor.«
    »Ich sagte doch bloß, daß ich nach Afrika möchte«, maulte der Junge.
    »Du sollst deinem Vater nicht widersprechen«, sagte Helaine. »Außerdem ist das Frühstück fertig. Zieh dich an.«
    Sie seufzte. In ihrem Kopf war ein Gefühl, als würde Glas gemahlen. Immer das Gestreit der Kinder. Norm wie ein Gast in der Ecke. Geheimnisvolle Zettel, die

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