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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Das würde einen Verlust seines zusätzlichen Einkommens bedeuten. Vielleicht steckte man ihn als Mitwisser sogar ins Gefängnis. Und so wachte Brogg wie ein Schutzengel über Quellen und deckte ihn vor den forschenden Blicken anderer.
    Brogg wußte natürlich, daß Quellen ihn haßte und fürchtete. Es machte ihm nichts aus. An verschiedenen Orten hatte er Bänder mit Quellens Schuldbekenntnis versteckt, die so programmiert waren, daß sie automatisch der Hohen Regierung zukamen, wenn Brogg etwas zustoßen sollte. Quellen wußte das. Quellen konnte nichts tun. Er war sich darüber im klaren, daß die teuflischen kleinen Kästen sich in Bewegung setzen würden, sobald ihre Sensoren nicht mehr den Alphastrom von Stanley Brogg spürten. Sie würden sich in Bewegung setzen und an der richtigen Stelle ihre Anschuldigungen vorbringen.
    Weder Quellen noch Brogg machten je Erwähnung von ihrem seltsamen Abkommen. Im Büro ging die Arbeit ungestört weiter, obwohl sich Brogg hin und wieder eine versteckte Anspielung erlaubte. Aber im allgemeinen nahm er Quellens Befehle entgegen und führte sie aus.
    Wie zum Beispiel bei der Zeitreise-Affäre.
    Er hatte die letzten Tage damit verbracht, den potentiellen Zeitreisenden Donald Mortensen aufzuspüren, der am vierten Mai den Sprung wagen sollte. Quellen hatte Brogg aufgetragen, den Fall mit äußerster Vorsicht anzugehen. Brogg wußte, weshalb. Er war klug genug, um die Konsequenzen vorherzusehen, die sich ergeben konnten, wenn man Mortensen an der Abreise hinderte. Schließlich stand er auf der Liste der Reisenden. Brogg war selbst noch einmal das Material durchgegangen, das er Quellen zur Verfügung gestellt hatte. Wenn man einen Menschen aus dem Gefüge nahm, konnte die ganze Welt einstürzen. Brogg wußte das. Zweifellos war sich auch Quellen darüber im klaren. Wenn Kloofman oder Danton davon erfuhren, begannen sicher ein paar Beruhigungsspritzen in ihnen zu arbeiten. Eine Veränderung der Vergangenheit bedrohte den Status eines jeden in der Gegenwart, und diejenigen mit dem höchsten Status – also Danton und Kloofman – hatten am meisten zu befürchten und mußten sich am stärksten aufregen.
    So ging Brogg vorsichtig zu Werk. Er war ziemlich sicher, daß die Hohe Regierung die Untersuchung einstellen ließ, sobald sie davon erfuhr. Aber inzwischen führte Brogg seinen Auftrag aus. Er konnte Quellen natürlich auch anschwärzen. Aber seine Gründe, Quellen bei Laune zu erhalten, waren doch mächtig.
    Mortensen war schnell gefunden – ein hagerer, blonder Mann von achtundzwanzig Jahren mit hellblauen Augen und sehr dünnen, blonden Augenbrauen. Brogg stieß auf der Schnellbootrampe gegen ihn und befestigte dabei einen Horcher an ihm. Es war ein Splittermodell, das er in eine Narbe der Hand stach und das der Mann nie spüren würde. In ein paar Tagen löste es sich auf, aber die Zeit genügte, um eine Menge Informationen zu übertragen. Im Anbringen von Horchern war Brogg Meister.
    Er schaltete das Abhörgerät ein und ließ Mortensens Tätigkeiten aufnehmen.
    Es ging um einen Mann namens Lanoy. Brogg hörte Bruchstücke wie diese:
    »... am Bahnhof mit Lanoy. Am Tag der Abreise ...«
    »... Lanoys Honorar wurde schon eingezahlt ...«
    »... sagen Sie Lanoy, daß ich in der ersten Maiwoche den Sprung machen möchte ...«
    »... ja, am See, wo ich ihn das letztemal traf.«
    Mortensen war verheiratet. Klasse Zehn. Er mochte seine Frau nicht mehr. Amüsiert dachte Brogg, daß der Sprung in die Vergangenheit einer sofortigen Scheidung gleichkam. Der Horcher übermittelte ihm Sidna Mortensens schrilles Gejammer, und er mußte zugeben, daß für Mortensen der Sprung das beste war. Er stapelte eine Menge Informationen über den Zeitreisenden.
    Und dann kam die Entscheidung. Von Kloofman über Giacomin, Koll und Quellen zu Brogg:
    »Wir müssen Mortensen in Ruhe lassen. Wir sollen uns nicht um ihn kümmern. Das ist ein Befehl.«
    Brogg sah Quellen fragend an. »Was soll ich tun? Wir erfahren von Mortensen eine ganze Menge.«
    »Unterbrechen Sie die Nachforschungen.«
    »Wir könnten es wagen, sie heimlich fortzuführen«, schlug Brogg vor. »Solange Mortensen nichts merkt, bekommen wir gute Hinweise von ihm. Natürlich mischen wir uns nicht ein, wenn er den Sprung wagt, aber ...«
    »Nein.«
    Feigling! dachte Brogg. Du hast Angst vor der Hohen Regierung.
    In einem Aufwallen anarchistischer Gefühle sah sich Brogg als Mörder von Donald Mortensen. Er würde es den Oberen zeigen!

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