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Flucht aus Katmandu

Titel: Flucht aus Katmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Zweibett-Hospital ein, um ihn wieder auf die Beine zu bringen. Es dauerte eine Weile, und ich brachte ihm jeden Tag die neue Tribbie.
    Und langsam konnten wir, mit unserer Vier-Tage-Verzögerung an Echtzeit, beobachten, wie sich die Krise abschwächte und beigelegt wurde. Alle kamen zum Schluß, es sei ein falscher Alarm gewesen. Gerüchte über geheime diplomatische Bemühungen der Amerikaner und Schweizer blühten auf, besonders in Georges Zimmer in der Klinik. Zweifellos eine Intervention in einem kritischen Stadium. Und so beendete George seine Tageslektüre, erschauderte leicht und schlief dann wieder ein.
    Eines Tages marschierte ich mit den Schweizern durch einen Wolkenbruch zum K.C., und bei ein paar Bieren erzählten sie mir, die Straße nach Chhule sei toter als Mussolini. Die Inder würden sie auf keinen Fall bauen, und Birendra und seine Bande würden sie auch auf gar keinen Fall bauen. Zu gefährlich.
    Am nächsten Tag entließen die Kanadier George, und ich holte ihn ab. »Du hast es geschafft, George. Sie werden die Straße nicht mehr bauen. Bist du nicht froh, daß du dich entschlossen hast, uns zu helfen?«
    Keine Antwort von George.
    Wir fuhren mit einem Taxi nach Thamel und gingen über die Hauptstraße zum Star. George war so sehr ein Geist seiner selbst, daß die Straßenhändler ihn nicht mal erkannten, und sie bequatschten ihn, als sei er ein Fremder und nicht ihr geliebter Mr. Nein. »Geld wechseln? Haschisch? Teppich? Pfeife? Geld wechseln?« Und er starrte sie an, als ziehe er ihr Angebot in Betracht oder versuche zumindest, es zu verstehen. Das mit dem Geldwechsel habe ich selbst oft genug zu verstehen versucht. Ich meine, die Leute auf der Straße zahlen einem bei Reise-Schecks mehr als den offiziellen Wechselkurs. Dann verkaufen sie die Reiseschecks für mehr, als sie sie gekauft haben. An wen auch immer sie sie verkaufen, der muß sie wohl doch ebenfalls für mehr verkaufen, als er bezahlt hat, und so weiter, und so fort, und ich frage mich, wo endet das? Steckt da nicht jemand am Ende der Reihe ganz schön in der Klemme, wenn er sie für den offiziellen Wechselkurs verkaufen muß und jede Menge Geld verliert?
    Auf jeden Fall stand George auf der Straße und starrte die Leute an, als habe er Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, bis sie es aufgaben und weiterzogen.
    »Schau mal«, sagte er immer wieder. »Schau mal, Freds. Da liegt ein Abfallhaufen. Direkt auf der Straße.«
    »Richtig, George. An dem gehen wir jeden Tag vorbei.«
    »Kühe fressen den Abfall. Ratten. Hunde. Kinder.«
    »Richtig.«
    Wir gingen weiter.
    »Gehen wir zum Old Vienna«, sagte er plötzlich.
    »Bist du sicher, daß deine Gesundheit das verkraftet?« fragte ich.
    »Ist mir egal.«
    Aber in Wahrheit war es ihm nicht egal. Er hatte so sehr gelitten, daß er vorsichtig wurde, als das Essen auf den Tisch kam, und zum Schluß kam, er solle wirklich kein Fleisch essen, da wir niemals genau herausgefunden hatten, woher Eva das Fleisch bekam. Er löffelte etwas Gulaschsoße und ließ mir die Wasserbüffelstückchen übrig, und schnüffelte dann zweifelnd an unserem Essen und sah mir traurig zu, wie ich mein Pariser Schnitzel und den Apfelstrudel mit Schlagsahne aß.
    Als wir schließlich träge hinaustrotteten, fühlte sich George also etwas niedergeschlagen, obwohl der letzten Trebbie zufolge, die wir in einem Second-Hand-Geschäft hatten auftreiben können, die Grenzkrise ziemlich beigelegt war. Doch als ich die Zeitung zusammenfaltete, sah ich auf einer der hinteren Seiten einen kleinen Füllartikel mit der Überschrift: »Der Everest ist immer noch der höchste«.
    »He, sieh dir das mal an«, sagte ich zu George und las ihm den Artikel vor. »»Anfang dieses Jahres haben Wissenschaftler der University of Washington die Bergsteigerwelt verblüfft, indem sie berechneten, der K2 sei 8858 Meter hoch. Nun hat ein italienisches Team den Everest wieder dorthin gesetzt, wohin er gehört, nämlich mit der neuen Höhe von 8872 Metern an die erste Stelle. Das Team berechnete auch den K2 neu und stellte fest, daß er 8816 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Die Amerikanischen Bergsteiger sind bereit, die italienischen Messungen zu akzeptieren.« Was sagt man dazu! Tolle Neuigkeiten was? Jetzt mußt du wenigstens nicht mehr mit Kunga Norbu und mir den K2 besteigen.«
    »Gut«, sagte George.
    »Und du hast Shambhala gerettet«, fuhr ich fort. »Du hast das heiligste, wichtigste verborgene Tal der ganzen Welt

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