Flucht aus Katmandu
Freundschafts-Abteilung, auf. Dieses wurde, wie Bahadim ihm gesagt hatte, von einem Rana geleitet, der persönlich und von seinem Amt her ein Rivale unseres A. Rana war, und George hatte ihm vor unserer Abreise die Information untergeschoben, daß A. Rana ihn des Versuchs beschuldige, die Straße nach Chhule zu sabotieren. Das hatte den anderen Rana natürlich ziemlich paranoid gemacht, und als George zurückkam, um ihm zu sagen, daß A. Rana einige Leute dazu gebracht habe, den Grenzzwischenfall vorzutäuschen und nun ausländischen Hilfsorganisationen gegenüber behaupte, der Überfall sei von diesem Burschen in der Abteilung für Chinesische Freundschaft organisiert worden, setzte sich der dortige Rana sofort ans Telefon und machte sich an die Arbeit.
An diesem Abend war George völlig erschöpft, doch er lag dort auf seinem Bett und spielte die Auswirkungen seines Tagwerks durch – wer wahrscheinlich wem was sagen würde, und was dabei herauskommen würde. Und am nächsten Morgen schaute er mit einem weiteren auf A. Ranas Briefpapier verfaßten Brief bei der Chinesischen Botschaft vorbei. Dieser Brief implizierte, der Einfall in Tibet sei von Tibetanern begangen worden, die verzweifelt einer geheimen Säuberungsaktion der nepalesischen Armee entgehen wollten, die damit gehofft hatte, die Straße nach Chhule für die Benutzung durch die Spezialtruppe der indischen Armee völlig sicher zu machen, indem sie alle tibetanischen Guerillas zwang, in ihre Heimat zurückzukehren.
Danach radelte er zur Amerikanischen Botschaft und behauptete dort, er sei ein Freund und Repräsentant einer Fraktion der verbotenen Nepalesischen Kongreßpartei, der Partei, die bis zum Königlichen Staatsstreich 1960 die legale Regierung gebildet hatte. Sie wollten, daß die Amerikaner wußten, daß beide Grenzzwischenfälle Teil der mörderischen Machtkämpfe im korrupten Palastsekretariat seien, daß eine Gruppe im Palast die Straße nach Chhule verhindern wollte, indem sie Spannungen zwischen China und Nepal schaffe. Nun, da der Plan völlig aus der Hand geraten sei, hätten seine Urheber Angst, sich öffentlich zu bekennen. George erzählte den Amerikanern, die Kongreßpartei habe Spione im Palast, die all das herausgefunden hätten, und sie wollten, daß es die ganze Welt erführe, damit die Spannungen beigelegt werden könnten.
Als der Botschaftsbeamte, mit dem George gesprochen hatte, dann den Botschafter oder irgendein anderes hohes Tier holen wollte, stand George schnell auf, fragte einen Sekretär, wo das Badezimmer sei, schlich sich dann durch den Vordereingang hinaus und radelte davon. Er traf sich mit mir an der Ecke und fuhr mit hoher Geschwindigkeit voraus. Als er mir erzählt hatte, was er dem Botschafter gesagt hatte, meinte ich: »He, das ist ja fast die Wahrheit.«
»Immer die bestmögliche Lüge«, keuchte er.
Auf dem Weg nach Thamel radelten wir die Naxal Road entlang und kamen am Palast vorbei. Wir blieben stehen, um ein paar Kühe vorbeiziehen zu lassen, und George reckte den Hals und sah zu den Fledermäusen hinauf, die an den Kiefern auf dem Palastgelände hingen. »Sie sind in einer Konferenz«, sagte er und lachte schwach. Er war bleich, und sein Gesicht schweißnaß. »Sie versuchen, die Sache zu klären. Ich habe es ihnen mit ihren eigenen Methoden heimgezahlt. Genau Birendras Technik. Verbreite genug gegensätzliche Informationen, und es kommt zu einer Interferenz. Wie bei Wellentanks im Physikunterricht. Die Wellen kräuseln sich … alles gerät …« Er hielt inne, und ich dachte, er überlege sich seine nächsten Worte. Doch dann kippte er um, prallte gegen eine Kuh und fiel dann auf die Straße. War einfach ohnmächtig geworden.
Ich hielt ein Taxi an, stopfte ihn hinein und fuhr mit ihm zur Kanadischen Klinik, direkt hinter der Amerikanischen Botschaft. Das war ein Krankenkaus im westlichen Stil, und wenn man krank war, konnte man angesichts der weißen Wände und Pasteldrucke und alten Zeitschriften und dem Geruch der Desinfektionsmittel glattweg in Tränen ausbrechen.
Sie nahmen George auf und ernährten ihn intravenös – er hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen und litt trotz der wertvollen Pillen noch an Dysenterie. Also war er ziemlich ausgetrocknet, und ein paar seiner Schnittverletzungen hatten sich entzündet – offensichtlich war sein Immunsystem durch Jahre des Antibiotika-Mißbrauchs vor die Hunde gegangen. Kurz gesagt, er war übel dran.
Sie quartierten ihn in ihrem kleinen
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