Flucht aus Katmandu
paar Schimpfworte einfallen zu lassen, als Sarah eingriff und uns befahl, endlich aufzuhören, uns so kindisch zu benehmen. »Wir verschwenden nur unsere Zeit, und soviel Zeit haben wir nicht.«
»Das stimmt«, sagte Nathan, in dem Besorgnis und Empörung miteinander rangen. »Dieser Rana wird unseren Vorschlag ablehnen …«
»Rana?« sagte ich. »Welcher Rana?«
»Kann dir doch egal sein«, begann Freds, doch ich brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Doch nicht zufällig A.S.J.B. Rana?«
»Wieso? Ja, ich glaube schon. Kennst du ihn?«
»Ich dachte, ich hätte seine Karriere beendet.«
»Aber nein – man hat ihn gerade zum Leiter des Amts für Ausländische Hilfsmaßnahmen im Palast gemacht.«
»Befördert! Dann kann es nicht derselbe sein.«
»Kann dir doch egal sein«, sagte Freds zu mir.
»Scheiße, es ist mir nicht egal!« rief ich hitzig.
»Leise!« sagte Sarah laut. »Hört doch mit diesem Zank auf!«
Wir alle sahen sie an.
»Das ist doch völlig überflüssig«, sagte sie und lachte uns an. »Ich sehe am Ausdruck von Georges Gesicht, daß er einen Plan hat.« Sie setzte sich neben mir aufs Bett, legte einen Arm um meine Schultern und drückte mich kräftig. »Ich weiß es einfach. Du hast doch einen Plan, nicht wahr, George?«
Das Seltsame daran war, daß tatsächlich gewissermaßen ein Plan in meinem Hinterstübchen entstand. Es war wie eine Inspiration. »Richtig«, sagte ich und fühlte mich sehr zufrieden. »Ich habe einen Plan.«
Nathan und Freds musterten mich zweifelnd.
»Der erste Teil des Plans«, sagte ich, darüber nachdenkend, »besteht darin, daß ihr beide mir Karten besorgt – Nathan von dem geplanten Kanalisationssystem, und Freds von den alten Tunnels. Könnt ihr das für mich tun?« Sie nickten. »Gut. Der zweite Teil des Plans besteht darin, daß wir im Old Vienna zu Abend essen und uns dabei die Karten ansehen.«
»Das ist kein Plan«, beschwerte sich Nathan.
»Ist es doch. Ich habe einen Plan.« Und in der Tat stellte er sich noch beim Sprechen bei mir ein. Ich legte meinen Arm um Sarah und drückte sie ebenfalls, und alles fiel an Ort und Stelle wie eine lange Kette Dominosteine. »Ich weiß nur nicht, ob er auch funktioniert.«
12
Und so saßen wir an diesem Abend nach einer von Evas herrlichen Mahlzeiten in einer der großen Nischen hinten im Old Vienna Inn, kauten am letzten Rest Apfelstrudel und nippten Cognac und/oder Cappucino. Ich holte eine meiner gelben Lufthansa-Karten von Katmandu und einen Bleistift hervor und übertrug sorgfältig Nathans und Freds Karten darauf. »Hier, seht«, sagte ich. »Sie berühren sich nur an drei Stellen, und keine dieser Stellen ist ein wirklich wichtiger Teil des Tunnelsystems.«
»Ja, aber sie verbinden die großen Höhlen miteinander«, sagte Freds. »Außerdem ist das völlig egal – wenn man auf einen Tunnel stößt, hat man das ganze System entdeckt.«
»Das weiß ich. Aber angenommen, ihr füllt eure Tunnels an diesen drei Stellen auf.« Ich verdeutlichte es, indem ich diese Teile von Freds System ausradierte. »Wenn sie dann die Kanalisation bauen, finden sie etwas seltsam lockere Erde, aber das ist keine große Sache – unter einer Stadt sieht es immer irgendwo seltsam aus. Also legen sie die Rohre und bemerken überhaupt nichts!«
»Aber die verschiedenen Teile des Tunnelsystems wären voneinander abgeschnitten!« wandte Freds ein.
»Sicher, klar doch, aber ihr könntet doch tiefer gehen. Schau, nachdem sie die Rohre gelegt haben, grabt ihr euch unter ihnen her, baut noch so eine schöne Treppe, und schließlich haben wir eine Kanalisation, und euer Tunnelsystem funktioniert wieder, und niemand hat etwas davon erfahren.«
»Das ist eine Menge Arbeit«, stellte Sarah fest. »Woher will Freds die Leute für solch eine Aktion nehmen?«
»Freds hat Freunde oben im Norden«, sagte ich. »Dieselben Leute, die dieses Tunnelsystem benutzen. Wenn sie gemeinsam anpacken, ist es eine Sache von ein paar Tagen. Beauftrage Colonel John damit, und es ist eine Sache von Stunden.«
Freds nickte. Nathan nickte. Sarah beugte sich vor, um mir einen Kuß auf die Wange zu geben. Wir toasteten dem Plan zu, und ich willigte ein, herauszubekommen, wie genau der alte A. Shumsher Jung Bahadur Rana dieses Kanalisationsprojekt benutzte, um sich zu bereichern.
13
Meine bisherige Begegnung mit A.S.J.B.R. hatte kein gutes Ende genommen, und als ich eines Morgens kurz nach unserem Abendessen also sein Büro betrat, hatte
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