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Flucht aus Katmandu

Titel: Flucht aus Katmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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gewonnen und sich dies oben im Himmel abgezeichnet hatte. Die Aufgabe war vollbracht, er hatte die Arme vor Freude ausgebreitet … Ich glaubte es auf einmal. Ich schluckte und hatte einen Kloß im Hals.
    Nun fühlte ich es auch; ich fühlte, wo wir waren. Wir hatten Chomolungma erstiegen. Wir standen auf dem Dach der Welt.
    Freds atmete ein paar Mal ein und aus. »Tja«, sagte er und schüttelte Kunga und mir die Hand. »Wir haben es geschafft!« Und dann schlugen wir uns gegenseitig auf den Rücken, bis wir bald vom Berg gefallen wären.

15

    Wir waren noch nicht lange oben, als ich schon wieder das Problem des Abstiegs in Betracht zog. Es war nicht mehr viel vom Tag übrig, und wir waren von jedem trauten Heim weit entfernt. »Was nun?«
    »Ich glaube, wir steigen besser zum Südgipfel hinab und graben uns für die Nacht eine Schneehöhle. Weiter schaffen wir es nicht, und das haben Haston und Scott 1975 auch getan. Es hat bei ihnen geklappt, und auch bei ein paar anderen Gruppen.«
    »Na schön«, sagte ich. »Dann mal los.«
    Freds sagte etwas zu Kunga, und wir machten uns an den Abstieg. Augenblicklich stellte ich fest, daß die südöstliche Seite nicht so breit oder flach wie die westliche war. In der Tat stiegen wir eine Art schneebedeckten, messerscharfen Grat hinab, aus dem häßliche graue Felsen hinausstachen. Das also war die Yakroute! Wir brauchten eine verdammt harte Stunde, um auf den Südgipfel hinabzusteigen, und wir schafften es nur, weil wir ununterbrochen bergab kletterten.
    Der Südgipfel ist ein großer Vorsprung im südöstlichen Grat, der aus einer Art Höcker – dem Nebengipfel – und einem flachen Stück besteht. Hier fanden wir einen breiten Hang aus sehr tiefem, festem Schnee – perfekte Bedingungen für eine Schneehöhle.
    Freds holte seine kleine Aluminiumschaufel aus dem Rucksack und machte sich wie ein Hund, der einen Knochen sucht, ans Graben. Ich begnügte mich damit, mich zu setzen und ihm zuzusehen. Kunga Norbu stand da und betrachtete die schier unendliche Ausdehnung der Gipfel; er wirkte etwas benommen. Ein- oder zweimal brachte ich die Kraft auf, Freds abzulösen. Nachdem wir einen körpergroßen Einstieg gegraben hatten, gaben wir uns mit einer Höhle zufrieden, die gerade groß genug war, um uns drei aufzunehmen. Sie erinnerte mich etwas an einen Sarg für Drillinge.
    Die Sonne ging unter, Sterne kamen hervor, das Zwielicht wurde mitternachtsblau; dann war Nacht. Und es wurde sehr, sehr kalt. Freds erklärte, die Höhle sei fertig, und ich kroch zu ihm und Kunga hinein und fühlte dabei, wie Schneekörner unter mir knirschten. Wir schlugen mit den Köpfen zusammen und ordneten unsere Schlafsäcke so an, daß wir in einem kleinen Kreis saßen, auf einem groben Sims über unserem Eingangstunnel, in einer fast kreisrunden Kammer. Wenn ich vornübergebeugt saß, blieben mir über dem Kopf noch drei Zentimeter Platz. »Na schön«, sagte Freds müde. »Machen wir eine Party.« Er nahm den Gaskocher aus seinem Rucksack, hielt ihn eine Weile in den Fäustlingen, um das Gas darin zu erwärmen, stellte ihn dann in der Mitte zwischen uns auf den Schnee und zündete ihn mit seinem Feuerzeug an. Der blaue Schimmer war blendendhell, das Zischen ohrenbetäubend. Wir zogen unsere Fäustlinge aus und legten unsere Hände darüber, so daß kaum noch Platz zwischen der Flamme und unserer Haut blieb. Allmählich erwärmte sich unsere Höhle etwas.
    Ihnen kommt es vielleicht seltsam vor, daß sich eine Schneehöhle überhaupt erwärmen kann, doch vergessen Sie nicht, daß wir hier von relativen Temperaturen sprechen. Draußen war es etwa fünfundzwanzig Grad unter Null. Dazu der Wind und die Höhe, in der es so wenig Sauerstoff gibt, und man stirbt. In der Höhle jedoch gab es keinen Wind. Der Schnee selbst ist gar nicht so kalt, und er ist ein hervorragender Isolator: er erwärmt sich, wird an der Oberfläche sogar feucht, und auch das Wasser hält die Wärme hervorragend. Dazu noch einen auf Hochtouren laufenden Gaskocher und drei Körper, die ihre sechsunddreißig Grad Körpertemperatur abgeben, und selbst mit dem Loch nach draußen steigt die Temperatur leicht auf über null Grad. Das ist noch kälter als in einem Eisschrank, aber im Vergleich zu den fünfundzwanzig Grad minus draußen ist es das reinste Strandwetter.
    Also waren wir zuerst richtig zufrieden in unserer kleinen Höhle. Freds scharrte etwas Schnee von den Wänden in seinen Topf und kochte heiße Zitrone. Er bot mir

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