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Flucht aus Katmandu

Titel: Flucht aus Katmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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mein Kumpel George Fergusson die Antwort war. George ist ein As in der Kunst, sich den Weg durch die nepalesische Bürokratie zu schmieren, um das zu bekommen, was er für seine Trekking-Unternehmungen brauchte, und so nahm ich an, daß er auch für unsere Belange ein Experte war.
    Doch als ich Kunga Norbu in dem tibetanischen Camp in Patan verließ und zum Hotel Star zurückkehrte, um George darauf anzusprechen, zögerte er. »Nichts da«, sagte er. »Keine Chance. Du und dein Guru, ihr habt mich beinahe umgebracht.«
    »Ach, komm schon«, sagte ich. »Wir müssen doch nur ein kleines Straßenprojekt aufhalten.«
    »Kommt nicht in Frage, Freds! Ich muß mich hier die ganze Zeit über mit den Bürokraten herumschlagen; warum sollte ich mich freiwillig weiteren derartigen Schwierigkeiten aussetzen?«
    »Genau das ist es doch, George. Wir brauchen einen Experten. Und hör mal, es steckt mehr dahinter, als ich dir sagen kann. Du weißt schon, mystische Gründe.«
    George runzelte die Stirn, »jetzt versuche nicht wieder, mich in irgend etwas hinein zu ziehen, Freds«, sagte er.
    »Komm schon«, sagte ich.
    »Auf keinen Fall.«
    Es stellte sich heraus, daß er wegen irgendeiner Sache, die er in The International Herald Tribüne gelesen hatte, so mieser Laune war. Da lag er nun in seinem Liegestuhl auf der Sonnenterrasse über dem Dach der Lobby des Hotels Star, ließ sich von der Morgensonne braten, war stoned, aß Nebico-Waffeln, trank ein Budweiser, plauderte gelegentlich mit zwei dänischen Schnecken in Bikinis und las seine eine Woche alte Trebbie; es hätte für ihn Katmandu im Monsun-Himmel sein können, doch er saß wegen eines Artikels, den er gerade gelesen hatte, ganz niedergeschlagen da. Er blätterte die Seiten durch, um ihn mir zu zeigen. »Siehst du das? Kannst du dir das vorstellen? Ein paar Jungs von der University of Washington haben einen Satelliten benutzt und verdammt nochmal festgestellt, daß der K2 höher ist als der Everest.«
    »Ich hätte gedacht, von einem Satelliten aus kann man das nur schwer abschätzen.«
    »Der K2 soll jetzt 8858 Meter hoch sein, während die offizielle Höhe des Everest noch mit 8848 Metern angegeben wird. Kannst du dir das vorstellen?« Er war wirklich bedrückt. »Ich meine, die ganzen Expeditionen zum Everest, all die heldenhaften Besteigungen und die Leute, die dabei umkamen … und das alles nur für den zweithöchsten Berg? Das hältst du doch im Kopf nicht aus, Mann. Das ist schrecklich.«
    »Besonders, da du jetzt selbst zu den irregeführten Kletterern gehörst, die alles für die Nummer Zwei riskiert haben«, sagte ich.
    »Sei nicht so laut«, sagte er und sah sich um. »Aber klar, daß ich enttäuscht bin. Bist du das nicht auch?«
    »Wir mußten deinen Arsch diesen Berg hinaufschleppen, George. Du hast es geradezu gehaßt.«
    »Na klar hab' ich das. Ihr habt es unglaublich dumm angefangen, ohne Unterstützung, ohne Plan. Aber weißt du, wir haben es geschafft, und nur darauf kam es schließlich an. Wir haben den Riesen bezwungen.«
    »Wir können dich jederzeit den K2 hochschleppen.«
    Keine Antwort von George.
    »Ja, genau«, sagte ich, die kleinste Chance nutzend. »Kunga Norbu muß ihn vielleicht besteigen, um die von Dorjee Lama gestellte Aufgabe zu erfüllen. Und seine Gefährten wären natürlich mystisch verpflichtet, ihn zu begleiten.«
    »Ha«, sagte George, und die Falte zwischen seinen Augen wurde tiefer.
    »Und du weißt ja, daß Kunga unter anderem die Kraft hat, die Leute dazu zu bringen, das zu tun, was er will. Wie damals, als er dich überzeugt hat, den Gipfel des Chomolungma zu besteigen.«
    Er runzelte die Stirn. »Erzähl ihm ja nichts über diese neuen Berechnungen.«
    »Eigentlich habe ich gar nicht die Zeit, ihm davon zu erzählen. Denn da ist ja diese andere Sache, bei der wir deine Hilfe brauchen. Deine Hilfe hier in Katmandu. Du mußt in deiner Freizeit nur ein paar Regierungsämter abklappern. Während des Monsuns, wo du sowieso nichts zu tun hast und bald vor Langeweile eingehst.«
    »Na schön.« Er seufzte. »Wie sieht euer großes Problem also aus?«
    »Sie bauen eine Straße nach Chhule.« Ich will das Dorf mal so nennen, obwohl das natürlich nicht sein wirklicher Name ist.
    »Na und?«
    »George«, sagte ich. »Sie bauen eine Straße in ein unberührtes Gebiet des Himalaja, wo es noch nie zuvor eine gegeben hat!«
    »Ah«, sagte er. »Was für ein Mist. Da können wir wieder ein gutes Trekking-Gebiet abschreiben. Aber so

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