Flucht aus Katmandu
also auf Band?« fragte Freds.
»Alles. Ich habe ein paar gute Bilder mit dem Teleobjektiv gedreht, wie ihr da oben die Leiche findet – ha! Ihr habt wohl gedacht, ich hätte das nicht mitbekommen, was? Ich kann euch sagen, ich habe da oben sogar eure Gedanken gefilmt! Das habe ich, und dann, wie die Briten den Grat raufklettern – einfach alles. Ich werde Stars aus euch machen.«
Freds und ich wechselten einen erleichterten Blick. »Du kannst die Künstlernamen ruhig vergessen«, sagte ich.
»Meinetwegen. Und nachdem ich den Film geschnitten habe, kann keiner mehr sagen, wo auf dem Berg die Leiche lag, und wenn ich die Namen und so weiter belasse, wird es Marion und den anderen bestimmt gefallen. Meint ihr nicht auch? Sie waren einfach schüchtern. Altmodisch! Ich werde ihnen Kopien des fertigen Films schicken, und er wird ihnen bestimmt gefallen. Marion ganz besonders. Sie sieht wirklich toll aus.« Er wedelte mit der Zigarre, und ein Ausdruck wiederkäuerischer Sehnsucht legte sich auf sein Gesicht. »Ich will euch sogar ein kleines Geheimnis verraten. Dieses Band werde ich persönlich überbringen, und dann mache ich ihr einen Heiratsantrag. Ich glaube, sie mag mich wirklich gern, und ich wette, daß sie einwilligen wird, mich zu heiraten, wenn sie den Film sieht. Glaubt ihr nicht auch?«
»Klar«, sagte Freds. »Warum nicht?« Er dachte darüber nach. »Und wenn nicht in diesem Leben, dann im nächsten.«
Arnold betrachtete ihn mit einem seltsamen Blick. »Ich werde ihr den Antrag auf meiner nächsten Reise machen, die mich wohl nach China und Tibet führen wird, wie es jetzt aussieht. Wißt ihr, daß die Chinesen die tibetanischen Religionen in letzter Zeit wieder etwas lockerer handhaben? Der Portier im Guest House hat mir ein Telegramm gegeben, als ich ging – mein Agent hat mir gekabelt, daß sich die Behörden in Lhasa entschlossen haben, eine ganze Reihe der buddhistischen Klöster wieder aufzubauen, die sie während der Kulturrevolution abgerissen haben, und es sieht so aus, als bekäme ich die Erlaubnis, den Neuaufbau zu filmen. Das ist doch ein toller Stoff für eine herzzerreißende Schnulze, und ich wette, Marion würde sie liebend gern sehen, meint ihr nicht auch?«
Freds und ich grinsten uns an. »Ich würde sie auch gern sehen«, erklärte Freds. »Ein Prosit auf die Klöster, und auf ein freies Tibet!«
Wir sprachen einen Toast aus und bestellten eine neue Flasche. Arnold wedelte mit der Zigarre. »Aber diese Mallory-Sache ist das reinste Dynamit. Das wird ein verteufelt guter Film werden.«
21
Deshalb kann ich Ihnen auch davon erzählen – die Geheimniskrämerei ist absolut überflüssig, sobald erst Arnolds Film läuft: ›Neun gegen den Everest: Sieben Männer, eine Frau und eine Leiche.‹ Sowohl die PBS als auch die BBC haben ihn gekauft, und er müßte jetzt jeden Tag gesendet werden. Achten Sie doch mal in Ihrer Fernsehzeitschrift darauf.
Dritter Teil
Die wahre Natur von Shangi-La
In Nepal heißt es, ein früher Monsun bringe Glück, doch offensichtlich ist das so gelogen, daß sich die Balken biegen. Wenn Sie mich fragen, ist das einzige, was ein früher Monsun bringt, mehr Regen als üblich im Spätfrühling und Frühsommer. Nehmen Sie zum Beispiel das Jahr 1987, als der Monsun im Mai kam. In diesem Jahr gab es große Probleme für einen Ort, den Sie wahrscheinlich als Shangri-La kennen. Nun ist Shangri-La nicht der echte Name des Tals; so hieß es nur in einem Film, und die Produzenten müssen sich verhört haben, weil der echte Name Shambhala lautet. Shambhala ist die verborgene Stadt Tibets, die Heimat der ältesten Weisheit der Welt und die geheime, geheiligte Hochburg des tibetanischen Buddhismus. Eigentlich sogar der Ursprung aller Religionen der Welt. Ich habe dort eine beträchtliche Weile mit meinem Lehrer Kunga Norbu Rim-poche verbracht, und als Kunga nach Katmandu hinabstieg, um mir zu sagen, daß Shambala in Schwierigkeiten sei, wußte ich, daß es meine Pflicht war, ihm auf jede nur erdenkliche Art und Weise zu helfen.
Anscheinend hatte sich die Nachricht verbreitet, daß die Nepalesen planten, eine ihrer Hügelstraßen zu einem Gebirgsdorf auszuweiten, das Shambhala so nahe lag, daß die Straße eine ernsthafte Gefahr darstellte. Sie würde so viele Menschen in die Gegend bringen, daß das Geheimnis schließlich herauskommen würde, und das wäre dann das Ende des heiligen Tals.
Sobald Kunga Norbu die Natur des Problems erklärt hatte, wußte ich, daß
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