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Flucht aus Katmandu

Titel: Flucht aus Katmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Beste daran war – es lag direkt am Rand von Thamel, so daß wir jeden Tag in unseren Wall-Street-Pseudoanzügen mit unseren gefälschten Papieren die Straße entlanggehen konnten, nur den Kühen ausweichen mußten und schon in zehn Minuten an Ort und Stelle waren.
    Doch in dem Gebäude ging es ähnlich zu wie im Singha Durbar, nur alles eine Nummer größer – neue Büros, neue Büromöbel und Schreibmaschinen, arrogante Beamte in sauberen weißen Jacken. Wir wurden von einem Büro zum nächsten abgeschoben und warteten, bis wir jeden Riß in den schlechten Betonwänden gezählt hatten, nur um dann herauszufinden, daß der Funktionär, auf den wir warteten, gern über unser Geld sprechen oder es direkt nehmen wollte, aber nichts wußte und auch nicht wußte, wer etwas wußte.
    Und jeden Abend setzte Colonel John uns fürchterlich zu. Und George litt weiter unter Durchfall. Es wurde langsam zuviel für ihn – eines Tages taumelten wir in den Regen hinaus, und George schaute zu den großen Kiefern auf dem Palastgelände hoch und sah die riesigen Fledermäuse, die mit den Köpfen nach unten an den Ästen hingen, und sagte: »Das sind sie! Dahin gehen sie nach Dienstschluß! He!« Er schrie sie an. »Wo, zum Teufel, ist das Büro, das für die Straße verantwortlich ist, ihr Vampire?«
    Passanten starrten uns an. Die Fledermäuse rührten sich nicht.
    »George«, sagte ich, »du darfst nicht vergessen, daß diese Leute einfach korrupt sein müssen. Sie bekommen kein großes Gehalt, und diese Stadt ist teuer. Und dann sitzen sie in so einem Büro, und jeder nimmt Schmiergeld, und sie bekommen ihren Anteil von den Gesamteinnahmen, und was können sie da schon groß machen? Es gibt kaum eine Möglichkeit, es zu vermeiden.«
    »Verschone mich mit diesem buddhistischen Quatsch«, schnaubte George. »Das sind Schurken, und Colonel John hat recht, bei manchen Gelegenheiten muß man sie einfach in den Arsch treten! Wenn sie keine Vampirfledermäuse sind, sind sie Geier. Ich wünschte nur, einer würde mal auf mir landen, damit ich ihm seinen verdammten Hals umdrehen könnte.«
    Am nächsten Tag wurde ihm sein Wunsch beinahe erfüllt. Ein Sekretär im Nationalen Entwicklungsrat, Amt für Ausländische Unterstützung, Abteilung Indien, warf einen Blick auf George, und seine Augen strahlten plötzlich. George lächelte und erklärte, wir kämen von der William T. Sloane Foundation for International Development in Houston, Texas, legte sein Bakschisch auf den Tisch und erkundigte sich nach dem Straßenprojekt. Oh, natürlich, sagte der Sekretär nickend. Natürlich wollten wir direkt mit dem verantwortlichen Minister sprechen, Mr. A.S.J.B. Rana, der jeden Morgen mit Besuchern und interessierten Gruppen im Südpatio des Palastsekretariats sprach.
    »Rana«, sagte ich zu George, als wir gingen. »Weißt du, daß sind die Ranas. Alle echten Ranas haben dieselben vier Vornahmen, diesen S.J.B.R.-Quatsch.«
    »Das habe ich nicht gewußt. Aber das ist gut, sehr gut. Wir kommen endlich in die oberen Regionen.«
    Also schauten wir am nächsten Morgen bei A.S.J.B. Ranas Durbar vorbei. Erneut brachte man uns großes Interesse entgegen, und George fing es auf seine übliche Art an, erklärte, wer wir seien und machte den Eindruck, das Geld hinge wie Mühlsteine an seinen Schulter, die wir unbedingt loswerden wollten. A. Rana, ein glatter Bursche in der üblichen weißen Jacke, ließ sich herab, Interesse zu zeigen, und gewährte uns später am Tag eine Audienz.
    Also suchten wir ihn auf, präsentierten ihm ein Zeichen der Wertschätzung, die die Stiftung ihm entgegenbrachte, und George ließ seinen üblichen Spruch los. Finanzielle Unterstützung, Straßenbau in Nepal, Eignungsprüfung derzeitiger Objekte. Fragen, die wir ihm bezüglich der Verlängerung nach Chhule stellen wollten. A. Rana war zuvorkommend, sagte, er würde die Sache überprüfen, und wir sollten später zurückkommen.
    Also kamen wir später zurück. Ich begleitete George nicht immer, doch er ging nun täglich hin. Und A.S.J.B, schien von Mal zu Mal interessierter, stellte alle möglichen Fragen über die Stiftung und bat offen um finanzielle Unterstützung für sein Amt, ließ gelegentlich ein winziges Informationsbröckchen fallen, bestätigte, daß die Inder die Straße bauten, nannte uns Zahlen über die Kosten oder schickte uns zu einem seiner Kollegen, der dann ebenfalls Geld verlangte.
    Doch als er sah, daß er George am Bändchen hatte, wurde er etwas argwöhnisch

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