Flucht Der Sklaven
war; einige holten Netze ein, andere krochen langsam mithilfe langer Ruder dahin. Der windbewegten Dünung nach zu urteilen, die über die Oberfläche rollte und manchmal in schaumigen, an Brandung erinnernde Fontänen gegeneinander prallte, wären Segel genauso sehr ein Hindernis wie eine Hilfe gewesen. Dennoch schienen die Boote beinahe etwas Vertrautes zu sein, auch wenn sie nicht einmal annähernd mit den schnittigen Vier- oder Acht- oder Zwölfsitzern vergleichbar waren, wie die Schiffe des Meervolks sie mit sich führten. Ein winziger Trost inmitten all dieser Merkwürdigkeiten.
Die Straße mündete auf einer Landzunge, die eine halbe Meile oder mehr in den See hineinragte, und plötzlich verschwand die Quelle. Sarene seufzte, gab aber durch nichts anderes zu erkennen, dass sie es bemerkt hatte. Shalon befeuchtete sich die Lippen. Es war nicht so schlimm, wie sie befürchtet hatte. Sie fühlte sich... leer, aber das konnte sie ertragen. Wenn sie es nicht zu lange ertragen musste. Der böige und kapriziöse Wind, der versuchte, ihre Umhänge zu stehlen, fühlte sich plötzlich viel kälter an.
Am Ende der Landzunge befand sich auf der einen Seite zwischen der Straße und dem Wasser ein Dorf aus grauen Steinhäusern mit schiefergedeckten Dächern. Frauen, die mit großen Körben vorbeieilten, blieben beim Anblick der Reiter stehen. Mehr als nur eine griff sich an die Nase, während sie starrte. Shalon hatte sich fast an diese Art von Blicken gewöhnt. In Cairhien. Aber ihre Aufmerksamkeit wurde von dem Festungswerk gegenüber dem Dorf angezogen, einem Berg aus dicht verfugten Steinen, der fünf Spannen in die Höhe wuchs und auf dessen Ecktürmen Soldaten durch die Visiere ihrer Helme spähten. Einige hielten offen gespannte Armbrüste. Weitere behelmte Soldaten strömten aus einem eisenbeschlagenen Tor in unmittelbarer Nähe der Brücke, Männer mit Rüstungen, deren Panzer aus rechteckigen Schuppen zusammengesetzt waren und die als Abzeichen ein goldenes Schwert auf der linken Schulter trugen. Einige trugen Schwerter am Gürtel, andere hielten lange Speere oder Armbrüste. Shalon fragte sich, ob sie wohl damit rechneten, dass sich die Aes Sedai den Weg freikämpften. Ein Offizier mit einer gelben Feder am Helm bedeutete Cadsuane anzuhalten, dann ging er auf sie zu und nahm den Helm ab. Mit grauen Strähnen durchsetztes Haar flutete bis zur Taille auf seinen Rücken. Er hatte ein hartes, mürrisches Gesicht.
Cadsuane beugte sich tief auf ihrem Sattel herab, um ein paar leise Worte mit dem Mann zu wechseln, dann zog sie einen fetten Geldbeutel unter einer Satteltasche hervor. Er nahm ihn entgegen, trat zurück und winkte einen der anderen Soldaten heran, einen großen, knochigen Mann, der keinen Helm trug. Er hielt ein Schreibbrett und sein im Nacken zusammengebundenes Haar reichte ebenfalls bis zur Taille. Er neigte respektvoll den Kopf, bevor er sich nach Alannas Namen erkundigte und ihn sorgfältig und mit zwischen die Zähne geklemmter Zunge niederschrieb, wobei er die Feder oft in die Tinte eintauchte. Der mürrische Offizier stand da, den Helm auf die Hüfte gestützt, und musterte die anderen hinter Cadsuane ausdruckslos. Der Geldbeutel hing an seinen Fingern, als hätte er ihn vergessen. Er schien sich nicht darüber bewusst zu sein, dass er mit einer Aes Sedai gesprochen hatte. Vielleicht war es ihm auch egal. Hier unterschied sich eine Aes Sedai durch nichts von einer anderen Frau. Shalon erschauderte. Hier unterschied auch sie sich durch nichts von einer normalen Frau, während der Dauer ihres Aufenthalts war sie ihrer Fähigkeiten beraubt. Beraubt.
»Sie schreiben die Namen aller Ausländer auf«, sagte Sarene. »Die Ratsherrinnen wissen gern, wer in der Stadt ist.«
»Vielleicht würden sie eine Herrin der Wogen ohne Bestechung einlassen«, sagte Harine trocken. Der knochige Soldat, der sich von Alanna abwandte, zuckte wie jeder Küstengebundene beim Anblick von Shalons und Harines Schmuck zusammen, bevor er auf sie zukam.
»Euer Name, ehrenwerte Frau, wenn Ihr so freundlich wärt?«, sagte er höflich zu Sarene und neigte wieder den Kopf. Sie sagte ihn ihm, ohne zu erwähnen, dass sie eine Aes Sedai war. Shalon ließ es ebenfalls bei ihrem Namen bewenden, aber Harine gab auch ihre Titel an, Harine din Togara Zwei Winde, Herrin der Wogen vom Clan Shodein, Außerordentliche Botschafterin der Herrin der Schiffe des Atha'an Miere. Der Bursche blinzelte, dann biss er sich auf die Zunge und beugte
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