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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Brand.
    »O Gott!«, schrie ich, als der Strom ausfiel.
    Marinos großer Schatten lief auf dem Teppich auf und ab und sah in der Dunkelheit aus wie ein gereizter Stier, der gleich angreifen wird. Er fummelte an seinem Handfunkgerät herum und fluchte.
    »Der verfluchte Bastard! Der gottverfluchte Bastard!«
     
    Kurz nachdem das ausgebrannte Wrack, das einmal sein geliebtes neues Auto war, auf einem Tieflader abtransportiert worden war, schickte ich Marino nach Hause. Er hatte darauf bestanden, über Nacht zu bleiben. Ich hingegen hatte darauf bestanden, dass es ausreiche, wenn er ein paar Streifenwagen vor meinem Haus postiere. Er hatte darauf bestanden, dass ich wenigstens in ein Hotel ginge, und ich hatte es abgelehnt, mich von der Stelle zu bewegen. Er musste sich um seinen Schaden kümmern und ich mich um den meinen. Die Straße vor meinem Grundstück und meine Einfahrt waren ein rußiger Sumpf, und das Erdgeschoss des Hauses wurde von widerlich stinkendem Rauch umnebelt. Der Briefkasten an meiner Einfahrt sah aus wie ein abgebranntesStreichholz, und ich hatte mindestens ein halbes Dutzend Sträucher und ebenso viele Bäume verloren. Aber in Wahrheit wollte ich allein sein, obwohl ich Marinos Fürsorge durchaus zu schätzen wusste.
    Es war schon nach Mitternacht, und ich zog mich eben bei Kerzenlicht aus, als das Telefon läutete. Frankies Stimme sickerte wie giftiges Gas in mein Schlafzimmer und verpestete schon allein dadurch, dass sie in mein schützendes Haus eindrang, die Luft, die ich atmete.
    Ich saß auf der Bettkante und starrte blind auf den Anrufbeantworter, während mir die Galle hochkam und mein Herz krampfhaft gegen meine Rippen schlug.
    »... Ich wünschte, ich hätte noch ein wenig bleiben und zusehen können. War das nicht ein be-be-eindruckendes Feuer, Kay? War das nichts? Ich mag es nicht, wenn du andere Mä-Mä-Männer im Haus hast. Jetzt weißt du’s ... So, jetzt weißt du’s.«
    Der Anrufbeantworter blieb stehen, und das Licht, das eine darauf gesprochene Botschaft anzeigte, begann zu blinken. Ich schloss die Augen und atmete langsam und tief, während mein Herz wie wild schlug und die Kerzenflamme Schatten über die Wände flackern ließ. Warum musste das alles mir passieren?
    Ich wusste, was ich zu tun hatte, nämlich das Gleiche, was auch Beryl Madison getan hatte. Ich fragte mich, ob ich jetzt wohl dieselbe Furcht empfand wie sie, als sie das in ihre Autotür gekratzte Herz entdeckt hatte und aus der Waschanlage geflohen war. Meine Hände zitterten heftig, als ich die Nachttischschublade öffnete und das Branchenverzeichnis herausholte. Nachdem ich darin gesucht hatte, rief ich Benton Wesley an.
    »Ich würde Ihnen davon abraten, Kay«, sagte er und war sofort hellwach. »Nein. Tun Sie das unter keinen Umständen. Hören Sie mir zu, Kay.«
    »Ich habe keine andere Wahl, Benton. Ich wollte nur, dass jemand es weiß. Sie können Marino informieren, wenn Sie wollen. Aber mischen Sie sich nicht ein. Bitte. Das Manuskript ...«
    »Kay ...«
    »Ich muss es finden. Ich glaube, dass es dort ist.«
    »Kay! Sie können jetzt doch gar nicht klar denken.«
    »Schauen Sie.« Meine Stimme erhob sich. »Was soll ich denn tun? Hier warten, bis der Bastard meine Tür einschlägt oder mein Auto in die Luft jagt? Wenn ich hierbleibe, bin ich tot. Sind Sie nicht auch zu diesem Schluss gekommen, Benton?«
    »Sie haben eine Alarmanlage. Sie haben eine Waffe. Er kann Ihr Auto nicht in die Luft jagen, wenn Sie drin sind. Äh, Marino hat angerufen. Er hat mir erzählt, was passiert ist. Die Polizei ist ziemlich sicher, dass jemand einen benzingetränkten Lumpen in den Benzintank gesteckt und angezündet hat. Sie haben Spuren am Schloss gefunden. Er hat es aufgebrochen und ...«
    »Mein Gott, Benton, Sie hören mir ja nicht einmal zu.«
    »Hören Sie zu. Bitte, Kay. Hören Sie auf mich. Ich werde Sie beschützen lassen, ich lasse jemanden in Ihrem Haus wohnen, okay? Eine unserer Agentinnen ...«
    »Gute Nacht, Benton.«
    »Kay!«
    Ich legte auf und hob nicht ab, als er kurz darauf wieder anrief. Wie betäubt hörte ich zu, wie er seine Proteste auf den Anrufbeantworter sprach. Mein Puls schlug bis in den Hals, während die Bilder wieder über mich hereinbrachen. Wie Marinos Auto zischte, als das Wasser aus dick geschwollenen Feuerwehrschläuchen, die wie Schlangen über die Straße liefen, in hohem Bogen auf die Flammen spritzte. Als ich dann die verkohlte, kleine Leiche am Ende der Auffahrt gefunden hatte,

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