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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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einem Mädchen. Bis sie was mit einem Medizinstudenten angefangen hat. Solche Frauen ... wollen alle denselben Typ Mann. Ich meine, wenn sie dran denken, eine Familie zu gründen.«
    »Sie wollen alle nur die großen Tiere.« Marinos Stimme wurde jetzt zunehmend schärfer. »Wie Rechtsanwälte, Ärzte oder Banker. Sie wollen keine Burschen, die in Autowaschanlagen arbeiten.«
    Hunts Kopf schnellte hoch. »Ich habe damals noch nicht in einer Autowaschanlage gearbeitet.«
    »Darum geht’s doch nicht, Al. Champagnerbräute wie Beryl Madison würden Ihnen doch nicht einmal sagen, wie spät es ist, stimmt’s? Ich wette, dass Beryl überhaupt nicht wusste, dass Sie existierten, dass sie Sie nicht erkannt hätte, wenn Sie ihr irgendwo vor ihr verdammtes Auto gelaufen wären ...«
    »Sagen Sie nicht so etwas ...«
    »Stimmt’s etwa nicht?«
    Hunt starrte auf seine geballten Fäuste.
    »Vielleicht haben Sie doch etwas für Beryl übriggehabt?«, fuhr Marino gnadenlos fort. »Vielleicht haben Sie die ganze Zeit an diese weißglühende Lady gedacht, haben sich ausgemalt, wie es wohl wäre, mit ihr auszugehen und mit ihr ins Bett zu steigen. Vielleicht haben Sie nur nicht den Mut aufgebracht, sie anzusprechen, weil Sie dachten, dass sie Sie für einen Underdog hielt ...«
    »Hören Sie auf! Sie wollen mich bloß fertigmachen. Hören Sie auf! Hören Sie auf!«, schrie Hunt mit schriller Stimme. »Lassen Sie mich in Ruhe!«
    Marino blickte ihn ohne die geringste Rührung über den Tisch hinweg an.
    »Jetzt rede ich genauso wie Ihr Alter Herr, Al, oder nicht?« Marino zündete eine Zigarette an und wedelte damit herum. »Daddy Hunt, der seinen einzigen Sohn für einen Scheiß-Schwulen hält, weil er kein brutaler, mit allen Wassern gewaschener Vermieter von Bruchbuden sein will, der sich einen Dreck um die Gefühle oder das Wohlergehen von irgendwem schert.« Er blies den Rauch seiner Zigarette in die Luft und sagte dann freundlich: »Ich weiß alles über den allmächtigen Daddy Hunt. Ich weiß auch, dass er allen seinen Kumpanen erzählt hat, dass Sie ein Homo sind, und dass er sich, seit Sie als Krankenpfleger gearbeitet haben, dafür schämt, dass sein Blut in Ihren Adern fließt. Sie arbeiten nur deshalb in dieser verdammten Waschanlage, weil er damit gedroht hat, Sie zu enterben, wenn Sie es nicht täten.«
    »Das wissen Sie? Woher wissen Sie das?«, stammelte Hunt verunsichert.
    »Ich weiß eine ganze Menge. Ich weiß zum Beispiel auch, dass die Leute im Metropolitan gesagt haben, Sie wären ausgezeichnet gewesen, und dass Sie mit den Patienten wirklich sanft umgegangen wären. Man bedauert es dort sehr, dass Sie aufgehört haben. Ich glaube, das Wort, mit dem sie Sie beschrieben haben, war ›sensibel‹. Vielleicht sind Sie ein wenig zu sensibel, was, Al? Das erklärt vielleicht, warum Sie keine Frauen haben, warum Sie mit keiner ausgehen. Sie haben Angst davor. Auch Beryl hat Ihnen schreckliche Angst gemacht, stimmt’s?«
    Hunt atmete tief durch.
    »Wollten Sie deshalb ihren Namen nicht wissen? Damit Sie nicht in die Versuchung kämen, sie anzurufen oder irgendetwas mit ihr anzustellen?«
    »Sie ist mir nur aufgefallen«, antwortete Hunt nervös. »Das war wirklich alles. Ich habe nie in der Weise an sie gedacht, wie Sie gesagthaben. Sie hat auf mich nur einen, äh, sehr starken Eindruck gemacht. Aber weiter ist es nie gegangen. Ich habe ja nicht einmal mit ihr gesprochen, außer als sie zum letzten Mal kam ...«
    Marino drückte wieder auf die Stopptaste. Er sagte: »Jetzt kommt der wichtigste teil ...« Auf einmal verstummte er und sah mich genau an.
    »Hey, sind Sie okay?«
    »Mussten Sie denn wirklich so brutal sein?«, fragte ich emotionsgeladen.
    »Wenn Sie meinen, dass das brutal war, dann kennen Sie mich aber schlecht«, entgegnete Marino.
    »Pardon. Ich habe ganz vergessen, dass ich mit Attila dem Hunnen hier in meinem Wohnzimmer sitze.«
    »Das ist doch nur eine Rolle, die ich spiele«, verteidigte er sich verletzt.
    »Erinnern Sie mich daran, dass ich Sie für den Oscar nominieren lasse.«
    »Ach, Doc, seien Sie doch nicht so.«
    »Sie haben ihn vollkommen demoralisiert«, sagte ich.
    »Das ist eine Verhörmethode, okay? Sie wissen schon, so bringt man die Leute zum Reden über Dinge, über die sie sonst nie etwas erzählen würden.« Er wandte sich wieder dem Recorder zu und fügte, als er den Wiedergabeknopf drückte, hinzu: »Das, was er jetzt gleich sagen wird, rechtfertigt das ganze Verhör.«
    »Wann

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