Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
sein Blut noch pulsiert hätte, als man ihm den Schnitt an der Kehle beibrachte, wäre er in Minutenschnelle verblutet. Mit anderen Worten, er hat nicht genügend Blut verloren, um an diesem Schnitt gestorben zu sein. Als ihm der Mörder den beibrachte, war er entweder schon tot, oder er starb gerade an seinen Kopfverletzungen.«
    »Hat er Verletzungen, die darauf schließen ließen, dass er sich gewehrt hat?«, fragte Marino.
    »Keine.« Ich legte das Skalpell weg und bog Harpers widerspenstige Finger einen nach dem anderen auf. »Sehen Sie selbst.Keine gesplitterten Fingernägel, Schnitte oder Quetschungen. Er hat nicht einmal versucht, die Schläge abzuwehren.«
    »Vermutlich hatte er keine Ahnung, was mit ihm geschah«, mutmaßte Marino. »Er kommt in der Dunkelheit angefahren. Der Penner wartet schon auf ihn, lauert vermutlich im Gebüsch versteckt. Harper parkt, steigt aus seinem Rolls. Er sperrt gerade die Tür zu, als der Kerl von hinten heranschleicht und ihm auf den Hinterkopf schlägt ...«
    »Er hat eine zwanzigprozentige Stenose seiner linken Herzklappe«, dachte ich laut und suchte nach meinem Bleistift.
    »Harper fällt sofort zu Boden, und die Ratte schlägt weiter auf ihn ein«, fuhr Marino fort.
    »Und eine dreißigprozentige an der rechten Herzklappe.« Ich kritzelte meine Notizen auf eine leere Packung von Einmalhandschuhen. »Keine Vernarbungen, die auf frühere Herzinfarkte schließen ließen. Der Herzmuskel ist gesund, aber er hat Kalkablagerungen in seiner Aorta, eine mäßige Arteriosklerose.«
    »Und dann schneidet der Kerl Harper die Gurgel durch.«
    Ich schaute auf.
    »Wer immer das getan hat, wollte sichergehen, dass Harper tot ist.«
    »Ich weiß nicht, ob der Mörder so rational gedacht hat«, antwortete ich. »Schauen Sie sich das einmal an, Marino.« Ich hatte die Kopfhaut vom Hinterkopf abgelöst, der aussah wie die zerschlagene Schale eines hartgekochten Eis. Ich zeigte auf die Bruchstellen und erklärte: »Er wurde mindestens siebenmal mit solcher Kraft getroffen, dass er keine einzige der durch die Schläge verursachten Verletzungen überlebt hätte. Auch er wurde quasi mehrmals getötet. Genau wie Beryl.«
    »Okay. Overkill. Das bezweifle ich ja nicht«, erwiderte er.
    »Ich sage bloß, der Mörder wollte ganz sichergehen, dass Beryl und Harper auch wirklich tot waren. Wenn man dem Opfer fast den Kopf abschneidet, dann hat man nun mal die hundertprozentige Sicherheit, dass es nicht mehr wiederbelebt werden kann, um später über die Tat auszusagen.«
    Ich leerte den Inhalt des Magens in eine Pappschachtel, und Marino verzog sein Gesicht.
    »Die Mühe hätten Sie sich sparen können, ich kann Ihnen sagen, was er zu sich genommen hat, ich saß ja direkt neben ihm. Es waren gesalzene Erdnüsse. Und zwei Martinis.«
    Als Cary Harper starb, waren die Erdnüsse eben dabei, seinen Magen zu verlassen. Außer ihnen befand sich darin nur noch bräunliche Flüssigkeit, die nach Alkohol roch.
    Ich fragte Marino: »Was haben Sie denn überhaupt von ihm erfahren?«
    »So gut wie nichts.«
    Ich sah zu ihm hinüber, während ich die Pappschachtel beschriftete.
    »Ich setzte mich in die Kneipe und bestellte ein Tonicwasser mit Limonensaft«, erklärte er. »Das muss so Viertel vor gewesen sein. Punkt fünf kam dann Harper hereinspaziert.«
    »Woher wussten Sie, dass er es war?« Die Nieren waren leicht granulär. Ich legte sie auf die Waage und notierte ihr Gewicht.
    »Seine weiße Mähne war unverwechselbar«, antwortete Marino. »Er passte genau auf Poteats Beschreibung, und ich erkannte ihn sofort, als er zur Tür hereinkam. Er setzte sich allein an einen Tisch, bestellte das Übliche und redete ansonsten mit niemandem ein Wort. Er aß die gesalzenen Erdnüsse, während er auf seinen Drink wartete. Ich beobachtete ihn eine Weile, dann ging ich hinüber, setzte mich zu ihm und stellte mich vor. Er sagte, dass er nichts wisse, was mir helfen könne, und dass er außerdem nicht über die Sache mit Beryl sprechen wolle. Ich setzte ihn ein bisschen unter Druck, erzählte ihm, dass Beryl monatelang bedroht worden sei, und fragte ihn, ob er etwas davon gewusst habe. Er sah verärgert aus und erwiderte, dass ihm davon nichts bekannt gewesen sei.«
    »Meinen Sie, dass er die Wahrheit gesagt hat?« Gleichzeitig fragte ich mich, wie es wohl mit Harpers Alkoholkonsum bestellt gewesen war. Er hatte eine stark vergrößerte Leber.
    »Das kann ich nicht sagen«, erwiderte Marino und schnipptedie Asche seiner

Weitere Kostenlose Bücher