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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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bedeutet, dass sie keine Angst vor ihm hatte. Die meisten Frauen haben keine Angst, wenn eine andere Frau vor der Tür steht.«
    »Ein Transvestit?«, fragte Wesley.
    »Könnte sein«, antwortete Marino. »Das sind oft die bestaussehenden Häschen, die herumlaufen. Da kann einem richtig übel werden. Selbst ich merke es manchmal erst, wenn ich ihnen direkt ins Gesicht schaue.«
    »Aber wenn der Angreifer wie ein Transvestit angezogen gewesen wäre«, gab ich zu bedenken, »wie hätten dann die ganzen Fasern an ihm hängen können? Wir nehmen doch an, dass diese Fasern von seinem Arbeitsplatz stammen, und er wird kaum bei der Arbeit wie ein Transvestit herumlaufen.«
    »Außer wenn er als Transvestit auf den Strich geht«, sagte Marino. »Dann steigt er die ganze Nacht über zu irgendwelchen Freiern ins Auto oder geht mit ihnen in Hotelzimmer mit Teppichböden.«
    »Dann macht aber die Wahl seiner Opfer wenig Sinn«, entgegnete ich.
    »Stimmt, aber wenigstens wäre das Fehlen von Samenflüssigkeit damit erklärt«, argumentierte Marino. »Männliche Transvestiten sind Schwule, und die pflegen normalerweise keine Frauen zu vergewaltigen.«
    »Sie pflegen sie aber auch nicht zu ermorden«, wandte ich ein.
    »Ich habe vorher von einer Ausnahme gesprochen«, knüpfte Hanowell an seine ursprünglichen Ausführungen an und sah auf seine Uhr. »Es handelt sich dabei um diese orangefarbene Acrylfaser, die Sie so sehr interessiert.« Seine grauen Augen fixierten mich teilnahmslos.
    »Die aussah wie ein dreiblättriges Kleeblatt«, erinnerte ich mich.
    »Ja«, bestätigte Hanowell und nickte. »Diese Form ist sehr ungewöhnlich. Man verwendet sie, wie andere dreistrangige Fasern auch, weil sie wenig schmutzempfindlich ist und außerdem das auffallende licht gut reflektiert. Soweit mir bekannt ist, findet man Fasern mit einem solchen Querschnitt in Verbindung mit Autos nur bei Nylonteppichen in Plymouths, die in den späten siebziger Jahren hergestellt wurden. Sie haben denselben dreiblättrigen Kleeblatt-Querschnitt wie die orangefarbene Faser in Beryls Fall.«
    »Aber die orangefarbene Faser ist aus Acryl«, erinnerte ich ihn. »Nicht aus Nylon.«
    »Das ist richtig, Dr. Scarpetta«, sagte er. »Ich erzähle Ihnen das alles nur, um Ihnen zu zeigen, wie ausgefallen diese Faser wirklich ist. Dass diese Faser aus Acryl und nicht aus Nylon besteht, und dass des Weiteren so grelle Farben wie dieses Orange so gut wie nie in Autoteppichen vorkommen, hilft uns schon dabei, eine Möglichkeit für die Herkunft der Faser auszuschließen – eben die, dass sie aus einem Plymouth aus den späten siebziger Jahren stammt. Oder aus irgendeinem anderen Auto.«
    »Sie haben also so etwas wie diese orangefarbene Faser noch nie zuvor gesehen?«, fragte Marino.
    »Darauf wollte ich hinaus«, bestätigte Hanowell zögernd.
    Wesley übernahm. »Letztes Jahr bekamen wir eine Faser herein, die mit dieser orangefarbenen hier vollkommen identisch war. Damals sollte Roy Spuren aus einer Boeing 747 untersuchen, die in Athen entführt worden war. Sie erinnern sich sicherlich an den Vorfall«, sagte er.
    Stille.
    Sogar Marino war einen Moment lang sprachlos.
    Wesley blickte düster und besorgt und fuhr fort: »Die Entführer ermordeten an Bord des Flugzeuges zwei amerikanische Soldaten und warfen sie auf die Rollbahn. Chet Ramsey, den sie als Ersten hinauswarfen, war ein vierundzwanzig Jahre alter Marine. Die orangefarbene Faser klebte an seinem blutigen linken Ohr.«
    »Ist es möglich, dass die Faser aus dem Inneren des Flugzeugs stammte?«, fragte ich.
    »Scheint nicht so zu sein«, antwortete Hanowell. »Ich verglich sie mit Proben des Teppichs, der Sitzbezüge und der Decken, die in den Gepäckfächern verstaut waren, und fand nichts, was auch nur annähernd dieser Faser ähnelte. Entweder hat Ramsey die Faser irgendwo anders aufgelesen – und das erscheint mir wenig wahrscheinlich, denn die Faser klebte am feuchten Blut –, oder vielleicht hat sie einer der Terroristen auf ihn übertragen. Die einzige Alternative dazu scheint darin zu bestehen, dass die Faser von einem der anderen Passagiere stammt. In diesem Fall hätte ihn der Passagier aber berühren müssen, nachdem er erschossen wurde. Nach Augenzeugenberichten ist keiner der anderen Passagiere in seine Nähe gekommen. Ramsey wurde von den Terroristen in den vorderen Teil des Flugzeugs gebracht, dort geschlagen und dann erschossen. Seine Leiche wurde in eine Decke gehüllt auf die Rollbahn

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