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Flucht im Mondlicht

Flucht im Mondlicht

Titel: Flucht im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. H. Senzai
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fest und hob mit der linken Hand die Klappe. Heftig atmend packte er den Notöffner mit dem Daumen und dem Zeigefinger der rechten Hand, sprach ein kurzes stummes Stoßgebet und zog. Er spähte zum Kofferraumdeckel hinauf und wartete darauf, dass er mit dem vertrauten Klicken aufsprang, sodass er hinausklettern konnte. Aber der Entriegelungsmechanismus funktionierte nicht. Der Kofferraum blieb dunkel und verschlossen. Ich mache etwas falsch . Fadi drehte sich auf die Knie und zog erneut am Notöffner. Nichts. Er zerrte den Griff von einer Seite zur andern, dann auf und ab. Nichts. Sein Atem wurde vor Panik schneller und flacher. Beruhige dich, du Idiot , schalt er sich. Was habe ich gestern anders gemacht? Er versuchte sich genau zu erinnern, wie er am Vortag den Kofferraum geöffnet hatte. Plötzlich fuhr das Taxi an und Fadi wurde gegen die Blechkante am hinteren Rand des Kofferraums geschleudert.
    »Autsch«, entfuhr es ihm. » Was zum …? Angst packte i hn, als er der Taschenlampe hinterherkroch, die zur Inne n­wand des Kofferraums gerollt war. Als er die Taschen­lampe wieder auf den Notöffner richtete, wurde das Taxi langsamer und hielt an. Mit schweißnasser Stirn riss Fadi an dem Griff und fummelte verzweifelt an ihm herum. Da hörte er die Fahrertür aufschwingen. Gedämpfte Stimmen unterhielten sich über das Wetter und Schritte näherten sich dem Heck des Wagens.
    Oh nein! Fadi kauerte sich zusammen und presste den Rücken gegen die Innenwand des Kofferraums. Plötzlich fiel Licht herein und zwei Gesichter blickten auf ihn herab.

Gescheitert
    Fadi sah, wie die Augenbrauen seines Vaters sich vor Entsetzen wölbten. Der Fahrgast, den Habib gerade aufgenommen hatte, ein älterer Chinese, starrte ihn ebenfalls entgeistert an.
    »Komm da raus«, sagte Habib leise.
    Fadi zitterte, als die Verwirrung auf dem Gesicht seines Vaters in Zorn umschlug. Er kletterte hinaus und packte seinen Rucksack, der ihm von den Schultern gerutscht war.
    »Es tut mir leid, Sir«, sagte Habib zu seinem Fahrgast. »Das ist mein Sohn. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, wird er vorne bei mir sitzen.«
    »Kein Problem«, sagte der Mann. »Sehr unerwartet, aber was soll man da machen? Man hat’s nicht leicht mit der Jugend von heute.« Er schüttelte den Kopf.
    Mit schamroten Ohren verdrückte Fadi sich auf den Beifahrersitz. Er blickte in den Seitenspiegel und sah seinen Vater zwei schwere Koffer in den Kofferraum wuchten. Der mürrische alte Fahrgast ließ sich inzwischen auf der Rückbank nieder und legte seinen Stock über die Beine. Dann lehnte er sich zurück und schloss mit einem tiefen Seufzer der Erschöpfung die Augen.
    Wie soll ich das erklären? Fadi warf einen scheuen Blick auf seinen Vater. Sein Magen spielte verrückt. Habib kletterte auf den Fahrersitz und schnallte sich an. Er ignorierte Fadi, setzte den Blinker und fädelte sich in den lebhaften Verkehr vor dem Flughafen ein. Mann, ich stecke ganz schön in der Klemme. Was soll ich bloß sagen? Fadi drehte das Gesicht zum Seitenfenster und starrte auf den Flug­hafen, der allmählich hinter ihnen verschwand. Mehrere Flugzeuge standen an den Flugsteigen und auf dem Rollfeld. Auf einem stand in leuchtend roter Schrift Virgin Atlantic. Ich bin ein totaler Versager. Ich bin nicht einmal aus dem Kofferraum gekommen, geschweige denn in ein Flugzeug. Ich habe Mariam schon wieder im Stich gelassen .
    Es herrschte Schweigen im Wagen, während Habib nach Norden fuhr, auf die Stadtmitte von San Francisco zu. Bald war von hinten ein leises Schnarchen zu hören. D er Fahrgast war eingenickt. Fadi vergaß kurz seine Ang st und Scham, als das Taxi von Nebelschwaden eingehüllt wurde, die von der Bucht herüberzogen. Habib nahm den Fuß vom Gas und fuhr mit verringerter Geschwindigkeit weiter. Der Nebel reflektierte das Scheinwerferlicht und erzeugte einen Lichtschein um das Auto. Er lichtete sich, als sie einen Hügel hinauffuhren. Als sie um die Kuppe kurvten, tauchte die hell erleuchtete Stadt unter ihnen auf.
    Mit großen Augen betrachtete Fadi das Panorama. Hohe Gebäude, an denen große knallbunte Neonschilder prangten, ragten in den pechschwarzen Himmel. Aus einem glitzernden Netz aus gewundenen Straßen leuch­teten Ampeln rot, gelb und grün hervor. Rechts sah Fadi die Bay-Bridge, die sich nach Oakland hinüberspannte, in Nebelschwaden verschwinden. Als sie eine Überführungsstraße nahmen, konnte er auf das Baseball-Stadion hinabblicken, dessen grasgrünes Spielfeld nun

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