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Flucht im Mondlicht

Flucht im Mondlicht

Titel: Flucht im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. H. Senzai
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alte N arbe, durch die die Wange schrumpelig und verzerrt au ssah, als hätte der Mann eine Zitrone verschluckt.
    »Nein. Was ist passiert?«, fragte ein anderer.
    Fadi sah, dass sein Vater, der gerade zurückkam, um sich wieder zu ihm in die Schlange zu stellen, ebenfalls zu den Männern hinüberschaute. Gespannt spitzte Fadi die Ohren.
    »In den Nachrichten hieß es, dass die neunzehn Ter­roristen zu Osama bin Laden und Al-Qaida gehörten«, sagte der Mann mit der Narbe.
    Fadi sah, dass die Frau am Anfang der Schlange ganz blass wurde. Sie nahm ihr Brot, packte ihren kleinen Sohn bei der Hand und eilte zur Kasse.
    »Das bedeutet Unheil für Afghanistan«, sagte ein dritter Mann.
    Fadi erstarrte. Das ist nicht gut. Osama bin Laden ist in Afghanistan .
    »Einst war Osama ein Held«, seufzte ein Mann in einer Lederjacke. »Er half uns, die Sowjets zu besiegen.«
    »Ich weiß!«, unterbrach ihn der Mann mit der Narbe. »Wir haben alle Wunden aus diesem Krieg. Aber nun hat Osama sich mit den Vereinigten Staaten angelegt.«
    »Die Taliban haben ihm Pana gewährt, deshalb wird er Afghanistan nicht so schnell verlassen«, sagte der Metzger.
    Er hat recht , dachte Fadi. Pana war ein Begriff aus dem Paschtunwali, der etwa dasselbe bedeutete wie Asyl. Wenn jemand um Schutz vor seinen Feinden bat, wie in diesem Fall Osama bin Laden, dann musste er um jeden Preis beschützt werden.
    »Das wird böse enden«, sagte der Metzger. Er reichte dem Mann mit der Narbe eine Tüte Fleisch. »Es ist schlimm, dass Fremde wie al-Qaida Afghanistan rui­nie­ren.«
    »Die arbeiten mit diesen Schurken von Taliban zusammen«, schimpfte ein älterer Mann mit einem Stock. »Wir müssen beide loswerden.«
    Fadi sah Habib die Stirn runzeln. Andere Leute im Laden hielten inne und blickten zur Fleischtheke hinüber.
    Ein großer Mann, der gerade gehen wollte, kniff seine blauen Augen zusammen und blieb in der Tür stehen. Er stellte seine Einkaufstaschen ab und wandte sich an die Männer. »Die Taliban, die ihr verwünscht, haben im Land für Ordnung gesorgt«, sagte er.
    »Sie sind religiöse Fanatiker«, entgegnete der ältere Mann. »Sie haben Afghanistan zum Gespött der ganzen Welt gemacht. Und jetzt arbeiten sie mit Osama zusammen.«
    Der blauäugige Mann ballte die Fäuste und trat einen Schritt vor. »Als die Sowjets abzogen, wurde das Land von Kriegsherrn überrannt. Wollt ihr, dass es wieder so kommt? Kabul wurde zu siebzig Prozent zerstört und Hunderttausende von Afghanen aus allen Volksgruppen wurden getötet. Auf den Straßen floss das Blut von Paschtunen, Tadschiken, Hasara und Usbeken. Die Nordallianz besteht aus denselben Kriegsherrn und wird Afghanistan ins Unglück stürzen.«
    Der Mann mit dem Stock straffte sich. »Genau das tun jetzt die Taliban.«
    Der blauäugige Mann presste die Lippen zusammen und machte einen weiteren Schritt nach vorn.
    »Hört auf, Brüder!«, rief eine Stimme neben Fadi.
    Er schreckte zusammen und blinzelte verwundert. Das war sein Vater.
    »Wir dürfen uns nicht länger gegenseitig bekämpfen!« Habibs kräftige tiefe Stimme polterte durch den Laden.
    Fadi fühlte sich so unbehaglich, dass er sich am liebsten hinter die Reissäcke verkrochen hätte. Alle Augen im Laden waren auf seinen Vater und ihn gerichtet.
    »Niemand ist vollkommen. Wir haben alle Fehler gemacht – die Paschtunen, die Tadschiken und die anderen Volksgruppen«, fuhr Habib fort. »Wir müssen jetzt alle als Afghanen zusammenarbeiten, zum Wohle unseres Landes.« Er wandte sich an den blauäugigen Mann. »Du hast recht, Bruder. Die Taliban sorgten im Land für Ordnung, als es nötig war.« Dann wandte er sich an die Gruppe vor der Fleischtheke. »Bevor die Taliban kamen, waren die Tadschiken, die Usbeken und andere Gruppen dabei, das Land zu zerstören. Aber nun tun die Taliban dasselbe. Sie verbünden sich mit Osama bin Laden, der Afghanistan für seine eigenen Zwecke benutzt.«
    »Er hat recht«, murmelte eine alte Frau mit einem weißen Kopftuch, die neben dem Regal mit den Nüssen stand.
    Die Männer an der Fleischtheke räusperten sich und gingen weiter. Der blauäugige Mann schnappte seine Taschen und verließ das Geschäft.
    »Neues Leid wird über Afghanistan kommen«, pro­phezeite die alte Frau. Dann wandte sie sich wieder den Pistazien zu, die pfundweise verkauft wurden, und begutachtete sie, als wäre nichts gewesen.
    Eine düstere Vorahnung beschlich Fadi. Es wird noch schlimmer kommen. Ich weiß es einfach

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