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Flucht im Mondlicht

Flucht im Mondlicht

Titel: Flucht im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. H. Senzai
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lächelte zurück, mit Fleischstückchen zwischen den Zähnen.
    »Du Spinner!«, rief sie und warf ein Pomme frite nach ihm.
    Fadi lachte und schlürfte einen Schluck Mineralwasser.
    »Und? Hat Vater dich fertiggemacht?«, fragte sie.
    »Nein, er war richtig nett. Er hat nur geschimpft, weil ich mich im Kofferraum seines Taxis versteckt hatte.«
    »Na ja, du hättest dich wirklich verletzen können«, sagte Noor.
    »Er macht sich große Sorgen«, sagte Fadi leise. Die beiden blickten einander an, dann sahen sie weg. Mariam war da, unsichtbar wie ein Geist.
    Noor unterbrach Fadis Gedanken. »Wieso hast du ihnen nichts erzählt?«, fragte sie ihn im Flüsterton.
    »Wie bitte?«
    »Von Tom …«
    »Wer ist Tom?«
    »Der Typ … mit den Tätowierungen.«
    Nun begriff Fadi, wovon sie sprach.
    »Ach so … der, mit dem du … mit dem du hinten in der Gasse herumgehangen hast.«
    »Ja«, sagte Noor errötend. »Wir gehen nicht miteinander oder so was«, fügte sie schnell hinzu. »Er ist aus der Oberstufe meiner Highschool und wird nächstes Jahr auf die Uni in Berkeley wechseln, um Astrophysik zu stu­dieren.«
    »Berkeley, nicht schlecht.« Fadi pfiff. Er erinnerte sich an den großen Campus, an dem er in der letzten Nacht vorbeigefahren war.
    »Ja, er ist wirklich klug. Und eine große Hilfe … bei verschiedenen Dingen.«
    »Das geht mich ja nichts an.«
    »Danke«, sagte sie. »Ich kenne hier halt noch nicht so viele Leute … und Tom ist wirklich ein netter Kerl. Jemand, mit dem ich reden kann …«
    »Ich schweige wie ein Grab.«
    Noor sah erleichtert aus. Sie wechselte das Thema. »Erzähl, was ist mit diesem Fotoklub? Ist das ein Haufen knipsender Langweiler?«
    Fadi runzelte die Stirn. »Nein … aber das ist egal.«
    »Das ist nicht egal, Fadi«, sagte Noor. »Ich sehe dir doch an, dass es dir wichtig ist.«
    »Das ist ein Klub, in dem man lernt, wie man bessere Fotos macht«, sagte Fadi mit angespannter Miene. »Es findet ein Fotowettbewerb statt. Der Gewinner darf auf eine Fotoreise mitgehen, entweder nach China oder Afrika oder Indien.«
    »Indien?«, fragte Noor. In ihren Augen blitzte eine Ahnung auf.
    »Ja, Indien«, sagte Fadi. »Das grenzt an Pakistan.«
    »Mensch!«, rief sie und pfiff. »Das ist eine echte Chance.«
    Fadi nickte. »Aber die Teilnahmegebühr beträgt fünfzig Dollar … Das ist zu teuer, wie Mutter schon sagte. Wir haben kein Geld für solche Sachen.«
    Noor lehnte sich zurück. Wieder war ein abwägender Ausdruck auf ihrem Gesicht. »Ich habe die Fotos gesehen, die du mit Vater gemacht hast. Die waren recht gelungen.«
    »Danke. Ja, ich glaube, sie waren ganz gut.«
    »Du meinst also, dass du gewinnen kannst?«
    »Ich würde mein Bestes tun.«
    Noor zog ihren Geldbeutel heraus und entnahm ihm zwei steife Zwanzigdollarscheine und einen zerknitterten Zehner. »Ich gebe dir das Geld.«
    Fadi starrte sehnsüchtig auf die Scheine. »Ich weiß nicht«, flüsterte er. Mit diesem Geld konnte man Rechnun­gen bezahlen und Lebensmittel kaufen.
    »Nimm es«, sagte Noor. Mit einem verschwörerischen Lächeln drückte sie ihm die Scheine in die Hand. »Aber denk nicht, dass ich versuche, mir dein Schweigen zu erkaufen.«
    Fadi grinste. Ihm fiel ein Stein vom Herzen und er schöpfte neue Hoffnung. Das ist ein gutes Zeichen. Ich weiß, dass ich gewinnen werde. Ich weiß es einfach.
    Am Dienstagmorgen rannte Fadi zur Schule. Noors Geld hatte er zur Sicherheit in einen Umschlag gesteckt und in seinem Rucksack verstaut. Er sprang die Stufen hinauf, riss die Eingangstür auf und lief mit beschwingten Schritten durch die vollen Flure, auf denen wie immer Schulkinder zu ihren Klassenzimmern strömten und miteinander tuschelten. Aber ihre Mienen waren anders als sonst. Fadi blickte zu dem Tisch hinüber, den die Umweltschutz-­Initiative der Schule aufgestellt hatte, um Spenden für eine Kampagne zur Reinigung der örtlichen Strände zu sammeln. Doch ihre mit Friedenszeichen bemalten Sammelbüchsen standen unbeachtet herum. Niemand lachte oder scherzte. Die Kinder unterhielten sich im Flüsterton und wirkten eingeschüchtert.
    »Hast du heute Morgen die Nachrichten gesehen?«, fragte ein Junge mit einer Giants-Kappe.
    Fadi lief langsamer und tat so, als müsste er seinen Rucksack zurechtrücken.
    »Ja, ich kann es kaum glauben«, sagte das Mädchen neben ihm.
    »Meine Mutter ist ausgeflippt«, warf seine Freundin ein. »Sie hat Verwandte in New York und versuchte den ganzen Morgen, sie zu erreichen.«
    Sie

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