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Flucht im Mondlicht

Flucht im Mondlicht

Titel: Flucht im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. H. Senzai
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sahen einander besorgt an. Fadi blieb stehen.
    Was ist los? , dachte er. Ihn beschlich ein ungutes Gefühl. Er hastete in sein Klassenzimmer und setzte sich auf seinen Platz. Er musste noch die Mathe-Hausaufgaben fertig machen.
    Die erste Stunde begann wie immer. Mr Torres erschien zu spät, in einem orange und weiß gestreiften Pulli. »Guten Morgen, Kinder«, sagte er.
    Es war ungewöhnlich ruhig im Raum, als die Kinder ihre Plätze einnahmen. Mr Torres stand an der Tafel und wirkte ein bisschen konfus. Mehr als sonst. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann schloss er ihn wieder. Er schüttelte den Kopf, fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste Haar und griff nach der Liste mit den täglichen Infos. Fadi warf einen fragenden Blick zu Patty hinüber, die Zettel an ihre Freundinnen weiterreichte. Er zuckte die Achseln über das seltsame Verhalten der anderen. Er hatte nur den Fotoklub im Kopf, in den er am Ende des Schultages gehen würde.
    Als er um Mittag aus dem Sprachunterricht kam, sah er Felix, der einen kleinen Sechstklässler aus der Schlange vor dem Trinkbrunnen schubste. Er ging schnell weiter, auf die Cafeteria zu. Da hörte er, wie Felix ihm nachrief: »Du spendierst mir heute das Mittagessen, reiches Jün­gelchen.«
    Fadi tat so, als hätte er nichts gehört, und beschloss, auf das Mittagessen in der Cafeteria zu verzichten und in die Bücherei zu verschwinden. Auf dem Weg dorthin kam er am Lehrerzimmer vorbei. Die Tür stand einen Spalt offen und er konnte den auffälligen Pulli von Mr Torres sehen.
    »Ich kann es nicht fassen«, sagte Mr Torres. »Das war kein Unfall. Zwei Flugzeuge trafen die Zwillingstürme des World-Trade-Centers und eines stürzte ins Pentagon.«
    »Oh, mein Gott«, murmelte eine besorgte Frauen­ stimme.
    Fadi blieb stehen. Er wollte mehr hören. Die Tür des Lehrerzimmers ging auf und Direktor Hornstein kam herausgelaufen. Er strich seinen grauen Haarkranz glatt, warf Fadi ein mechanisches Lächeln zu und eilte in sein Büro.
    Als Fadi nach der Schule zum Atelier lief, hatte er sich aus Gesprächsfetzen, die er im Laufe des Tages aufgeschnappt hatte, zusammengereimt, was passiert war. Terroristen hatten sich mit Flugzeugen in zwei Wolkenkratzer in New York und in das Verteidigungsministerium in Washington gestürzt.
    Etwa ein Dutzend Kinder saßen schon im Atelier, als er hineinging. Anh war auch da und lächelte, als sie ihn sah.
    »Hallo«, sagte sie. »Du hast es also doch geschafft.«
    »Ja«, sagte Fadi. »Ich mache auch mit.«
    »Entschuldigt bitte die Verspätung«, sagte Miss Bethune. »Ich erhielt Nachrichten. Mein Bruder arbeitet im Pentagon, wisst ihr …«
    Sie verstummte kurz. Ihr Gesicht war ausdruckslos.
    »Ich habe das mit den Flugzeugen gehört«, platzte ein indischer Junge heraus. Dann klappte er den Mund zu. Sein Gesicht sah ein bisschen grün aus.
    »Ja, Ravi«, sagte Miss Bethune und straffte sich. »Ich fürchte, es gab einen Angriff … Eines der Flugzeuge traf heute Morgen das Pentagon. Mein Bruder rief an, um Bescheid zu sagen, dass ihm nichts passiert ist.«
    »Oh.« Ravi schluckte und die anderen blickten einander an.
    »Sicher werdet ihr mit euren Eltern darüber sprechen, wenn ihr heimkommt«, sagte Miss Bethune. »Den Fotoklub muss ich heute ausfallen lassen, aber ich nehme eure Teilnahmegebühren entgegen.«
    Fadi zog den Reißverschluss seines Rucksacks auf, um sein Geld herauszunehmen. Seine Hand streifte die Honig­büchse und verharrte auf ihr. Er umfasste die vertraute viereckige Form und drückte sie sanft. Dann zog er den Umschlag heraus und reichte ihn Miss Bethune, die gerade Zettel verteilte. Fadis Herz machte einen Satz, als er die Überschrift las: Regeln für den Wettbewerb ›Knips dein bestes Foto‹.
    »Nehmt die Zettel mit und lest sie zu Hause durch«, sagte Miss Bethune. »Wenn ihr an dem Wettbewerb teilnehmen wollt, müsst ihr eure Fotos bis zum 11. Oktober bei mir abgeben, denn ich muss sie bis zum zwölften an die Société Géographique schicken. Nächste Woche können wir darüber sprechen, was ihr fotografieren möchtet, und ich gebe euch Filme. Am darauffolgenden Dienstag werde ich euch erklären, wie man die Dunkelkammer benutzt.«
    »Toll«, murmelte Ravi.
    Fadi überflog die Seite und las, dass die Ergebnisse des Wettbewerbs am 1. Dezember verkündet werden sollten. Und die Preisverleihung sollte ein paar Tage später in San Francisco stattfinden. Er blickte auf den Hauptpreis. Die Digitalkamera interessierte

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