Flucht in die rote Welt
gequält? «
»Mein liebes Kind, wenn du eine Nacht auf der falschen Seite von New Orleans verbringst, kannst du dein Leben lang verkrüppelt sein. Wo bist du eigentlich aufgewachsen, Liebes?«
»Das ist ja schrecklich«, sagte Wilma. »Dein Onkel hätte das auch gefunden, Kirby. Wir müssen ihnen unbedingt geben, was sie wollen, oder wir müssen ihnen beweisen, daß sie einem Phantom nachjagen.«
Bonny Lee lachte spöttisch. »Wir wissen, was sie wollen, aber sie bekommen es nicht.«
»Was ist es?« fragte Wilma.
»Bonny Lee!« rief Kirby.
»Keine Angst, Liebling. Sie würde es nie im Leben verstehen. Sie ist einfach nicht dafür gemacht. Wie geht es jetzt übrigens weiter?«
»Wir bringen sie weg von hier.«
»Aber wohin? Ach so, zu mir. Der einzige Ort, den diese Schufte noch nicht kennen.«
Wilma starrte Kirby mit offenem Mund an. »Hast du diese beiden Seeleute – überwältigt, Kirby?«
»Aufpassen, Winter«, sagte Bonny Lee. Sie wandte sich an Wilma. »Im Trinken bist du nicht sehr gut. Liebes.«
Wilma wurde rot. »Ich – es war mir plötzlich alles egal. Das Leben war so verwirrend, daß ich mich nicht mehr zurechtfand.«
»Du wärst überrascht, Kleines, um wieviel verwirrender das Leben für eine Säuferin wird. Verschwinde mal, Kirby, damit ich sie anziehen kann.«
»Ich habe Kleider.«
»Ich weiß. Und eine Brille. Und ein Foto in der Zeitung.«
Kirby verließ das Schlafzimmer. Als er den ersten Schritt ins Wohnzimmer tat, explodierte etwas in seinem Kopf. Er sah den Boden auf sich zukommen und betrachtete ihn mit Interesse. Während es um ihn dunkel wurde, hörte er weit weg einen spitzen Aufschrei.
11
Kirby kam aus weiter Ferne zurück. Er öffnete die Augen, und das Licht ätzte. Über seinem Ohr pulsierte etwas ganz langsam.
Jemand nahm ihn am Kinn und schüttelte seinen Kopf unsanft hin und her. Er wunderte sich, daß seine Zähne nicht durcheinandergerieten.
Er blinzelte in Renés Gesicht. »Sieh dir mal ein paar richtige Knoten an, Buddy«, sagte René freundlich.
Kirby saß in einem Lehnstuhl. Er sah an sich herunter. Ein Stück Wäscheleine fesselte seine Arme unterhalb der Ellbogen. Seine Hände waren frei, aber sie hatten einen begrenzten Bewegungsradius.
»Merk dir eines, Buddy. Niemals die Handgelenke fesseln! Ebensowenig die Fußgelenke. Siehst du die Knoten? Du kannst sie weder mit den Fingern noch mit den Zähnen erreichen.«
Ein zweiter Knoten hielt Kirbys Knie zusammen. Die Enden der beiden Knoten waren zu einem dritten Knoten verschlungen.
»Sie haben Ihre Fesseln wohl gelöst?« fragte Kirby mutlos.
»Und die von Raoul. Aber der hätte auch nicht mehr lange gebraucht. Dann stellte ich mich an die Tür und peng! «
»Ja«, sagte Kirby. »Peng.« Er sah sich im leeren Zimmer um. »Wo ist Miß Beaumont? Und Miß Farnham?«
»Beaumont? Das war die Blonde, was? Die hat sich entschlossen, nicht hierzubleiben.« Seine Stimme klang verärgert. Er trug einen provisorischen Verband am Handgelenk und tiefe Kratzspuren am Hals. »Als wir sie festhalten wollten, explodierte sie. Mich sprang sie an wie ein Tiger, und Raoul bekam eins aufs Auge, und dann war sie draußen.«
Kirby versuchte logisch zu denken. René saß vollkommen ruhig auf der Couch.
»Haben Sie keine Angst, daß Miß Beaumont die Polizei holen könnte?«
»Die? Nee. Die ist direkt dem Boß und ein paar hiesigen Helfern in die Arme gelaufen. Ein Schlag auf den Kopf hat genügt.«
Kirby hob die Hand und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war zwanzig vor fünf. »Und was geschieht jetzt?«
René zuckte mit den Schultern. »Wir warten einfach. Der Boß überlegt sich, wie er Sie und Wilma auf die Glorianna schaffen kann. Vielleicht besorgt er sich alle Papiere zum Auslaufen und ankert dann irgendwo draußen, wo wir die Jacht mit einem Boot erreichen können.«
»Hm.«
»Der Boß hat sich richtig gefreut, als er Sie sah, Winter. Ich schätze, Sie sind der Joker in diesem Spiel. Der Boß meint, jetzt wäre alles gut. Eine Zeitlang sah es böse aus. Zuviel Publicity. Das mag der Boß bei Geschäften nicht. Und wenn es wirklich stimmt, daß Sie irgendwo siebenundzwanzig Millionen versteckt haben, dann lohnt sich der Aufwand.«
»Wohin wollten sie Miß Beaumont bringen?«
»Weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung, ob sich die Polizei noch für die Jacht interessiert. Wenn ja, dann mußte der Boß sie irgendwo in der Stadt unterbringen. Wie ist das mit den Millionen, Winter?«
»Wie ist
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