Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
antwortete Robert Baxter. "Wir können es kaum noch erwarten, bis unser Kind auf der Welt ist."
"In der Tat", pflichtete ihm sein Vater bei. "Ich freue mich schon auf mein zweites Enkelkind. Auch für David wird es gut sein, nicht allein aufwachsen zu müssen."
"Wir haben bisher noch kaum über David gesprochen, Andrew", meinte Robert Baxter. "Maud und ich haben uns umgehört und eine sehr gute Gouvernante für ihn gefunden. Mrs. Ireton wird Ende des Monats bei uns eintreffen."
"David ist noch keine vier Jahre alt", sagte Andrew Stirn runzelnd. "Weshalb braucht er bereits eine Gouvernante? Ich kann mich erinnern, daß wir erst ein Jahr bevor wir ins Internat kamen, eine Gouvernante bekamen. Seid ihr mit Miss Hadfield nicht mehr zufrieden?"
"Es ist Mauds Idee gewesen", entgegnete sein Vater. "Sie meinte, es sei nicht nötig, für Roberts und ihr Kind ein zweites Kindermädchen einzustellen. Miss Hadfield könnte ihr Kind betreuen und David würde gleich eine Gouvernante bekommen."
"Ich bin der Meinung, daß das eine gute Lösung ist, Andrew", sagte Robert Baxter. "Wenn du damit allerdings nicht einverstanden bist, können wir die ganze Sache noch rückgängig machen."
"Ich bin damit einverstanden", meinte Andrew gleichgültig. Er griff nach der Teetasse, die inzwischen vor ihm stand, und führte sie an den Mund.
Sir Robert sah seinen ältesten Sohn nachdenklich an. "Du solltest dich mehr um David kümmern, Andrew", mahnte er. "Seit deiner Rückkehr hast du ihn kaum gesehen. David ist dein Sohn. Er braucht seinen Vater."
Seinen Vater, nicht mich, dachte Andrew und stellte seine Tasse auf den Tisch. "Ich kann nicht besonders gut mit Kindern umgehen", antwortete er.
"David wird jeden Tag um halb sechs von Miss Hadfield in den Salon gebracht", sagte Robert Baxter. "Er müßte jeden Moment kommen. Er wird sich freuen, seinen Vater zu sehen, Andrew." Er nickte seinem Bruder ermunternd zu: "Sprich mit David, zeig ihm, daß du ihm zugeneigt bist."
"Momentan ist dir David noch fremd, Andrew, mit der Zeit wird sich das ändern", fügte Sir Richard hinzu.
In diesem Moment öffnete sich die Salontür und Miss Hadfield kam mit David herein. Der Junge trug Hosen aus dunklem Samt und eine dazu passende Weste. Man sah ihm an, daß er sich nicht sonderlich wohl in diesen ungewohnten Kleidungsstücken fühlte.
"Wer ist denn dieser stattliche Gentleman?" fragte Sir Richard. "Ist das etwa Master David?" Er erhob sich aus seinem Lehnsessel und breitete die Arme aus. David rannte zu ihm. Schwungvoll hob er seinen Enkel hoch und setzte sich mit ihm in den Sessel zurück.
"Bitte lies mir eine Geschichte vor, Großvater", bettelte David. Vom Schoß seines Großvaters aus spähte er zu seinem Vater. Er fürchtete sich vor diesem düsteren Mann, der bisher kaum ein Wort mit ihm gesprochen hatte.
"Ich habe heute keine Lust, dir vorzulesen, David", sagte Sir Richard. "Du solltest deinen Papa bitten, dir von den Elefanten, Affen, Tigern und Schlangen zu erzählen, die es in Indien gibt."
David nagte an der Unterlippe.
"David", mahnte der alte Herr.
David klammerte sich an den Arm seines Großvaters. "Bitte erzähl mir von den Elefanten, Papa", bat er kaum hörbar. "Gibt es in Indien wirklich Elefanten?"
Andrew spürte nicht das geringste Verlangen, sich mit dem Kind zu unterhalten. Alles in ihm sträubte sich dagegen. Er fühlte sich nicht nur von seinem Vater und seinem Bruder bedrängt, sondern auch von diesem Kind, dessen Nähe er kaum ertragen konnte.
"In dem Buch, aus dem mir Großvater schon oft vorgelesen hat, ist ein Bild von einem Elefanten", sagte David. Seine Stimme klang ängstlich und sehnsüchtig zugleich.
Andrew Baxter riß sich zusammen. "Ja, in Indien gibt es Elefanten, David", erwiderte er. "Elefanten sind sehr nützliche Tiere. Sie..." Er begann von den Elefanten zu erzählen, die er in Indien gesehen hatte, von Mahuts und Maharadschas, von den Tigern, die durch den Dschungel streiften, und Schlangen, die sich manchmal sogar in die Häuser wagten.
"Hast du keine Angst vor den Schlangen gehabt, Papa?" Davids Stimme klang nicht mehr so ängstlich wie noch vor einigen Minuten.
"Vor manchen Schlangen schon, David." Andrew klingelte nach dem Butler. "Auf der Kommode in meinem Schlafzimmer steht ein Elefant aus Ebenholz", sagte er zu ihm. "Bitte bringen Sie ihn mir, Damery."
Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Butler den Elefanten in den Salon brachte und vor Andrew auf den Tisch stellte. "Haben Sie noch
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