Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
Wünsche, Sir?"
"Nein, Sie können gehen, Damery", entgegnete Andrew und griff nach dem Elefanten.
David rutschte ein Stückchen vom Schoß seines Großvaters.
"Komm, David", lockte Andrew. "Schau dir den Elefanten an. Natürlich sind die richtigen Elefanten mächtig und groß, aber dieser ist auch nur aus Holz. Mein Diener in Indien hat ihn für mich geschnitzt."
David nahm seinen ganzen Mut zusammen. "Darf ich ihn anfassen, Papa?" Er kam langsam auf Andrew zu. Verlangend streckte er eine Hand aus.
"Ja, das darfst du, David", sagte Andrew Baxter. "Ich schenke ihn dir. Ab heute gehört dieser Elefant dir."
"Mir?" Der kleine Junge bekam große Augen, dann umarmte er spontan diesen Mann, der ihm so fremd war. Steif und unbeholfen ließ Andrew es zu.
* * *
Mrs. Jones und Diana hatten zusammen mit dem übrigen Personal von Baxter Hall am Gottesdienst in der Dorfkirche teilgenommen. Diana hatte ihren Blick kaum von Andrew Baxter wenden können, der mit seinem Vater, seinem Bruder und seinem Sohn in einer eigens seiner Familie vorbehaltenen Kirchenbank gesessen hatte. Maud Baxter, durch ihre Schwangerschaft entschuldigt, war zu Hause geblieben.
Mrs. Jones hatte vor, gleich nach dem Mittagessen nach Sandwich zu fahren, um dort bis zum nächsten Morgen zu bleiben. Es gab einiges, um das sie sich kümmern mußte.
"Mir wäre es lieber, du würdest mich begleiten, Diana", meinte sie auf dem Rückweg von der Kirche. "Ich lasse dich nicht gern allein auf Baxter Hall zurück."
"Sie können unbesorgt sein, Mrs. Jones, ich werde nichts Unüberlegtes tun", versprach Diana. Sie konnte die Sorge Mary Jones' durchaus verstehen. Immerhin bestritt sie einen großen Teil ihres Lebensunterhaltes mit den Aufträgen, die sie aus Baxter Hall erhielt.
"Ich verlasse mich auf dich", sagte Mary Jones.
Diana hatte vor, nach dem Essen einen Spaziergang zu machen. Sie hoffte, dabei Andrew Baxter zu begegnen. Bisher hatte ihr Davids Vater zwar kaum Beachtung geschenkt, aber eventuell ergab sich die Chance zu einem Gespräch. Es bedrückte sie, daß sie bei ihren Nachforschungen noch keinen Schritt weitergekommen war.
Nach dem Lunch kehrte Ruhe im Haus ein. Sir Richard saß im Herrenzimmer, hatte die Beine von sich gestreckt und rauchte seine Pfeife. Robert Baxter verließ das Haus, um einen Freund auf dem Nachbargut zu besuchen. Er floh regelrecht vor seiner Gattin, die wieder einmal von Migräne geplagt im abgedunkelten Schlafzimmer auf dem Bett lag und sich von ihrer Zofe den Kopf massieren ließ. Andrew Baxter hatte sich gleich nach dem Essen wortlos in sein Atelier zurückgezogen.
Im Wohnraum des Personals herrschte nach dem opulenten Sonntagslunch eine beinahe fröhliche Stimmung. Diana zeigte Bess, die für ihre kleine Schwester eine Schürze nähte, ein paar nützliche Handgriffe, bevor sie hinauf zu ihrer Kammer ging, um sich für den Spaziergang einen Hut aufzusetzen. Als sie sich aus dem Nähzimmer noch ein Band für ihre Haare holen wollte, begegnete ihr Miss Hadfield, die alles andere als wohl aussah.
"Ich habe entsetzliche Leibschmerzen", klagte die Nanny. "Hoffentlich kann mir Mrs. Sibley etwas dagegen geben. Ausgerechnet heute ist Master David besonders lebhaft. Ich habe ihm einen Spaziergang zum Teich versprochen. Er möchte die Enten füttern."
"Wenn Sie möchten, kümmere ich mich um Master David", bot Diana spontan an. "Ich habe kleine Kinder sehr gern und wollte ohnehin spazieren gehen."
Miss Hadfield sah sie nachdenklich an. "Würden Sie das wirklich für mich tun, Diana?"
Die junge Frau nickte. "Sie können mir Master David unbesorgt anvertrauen. Ich werde ihn nicht einen Moment aus den Augen lassen."
"Das ist sehr lieb von Ihnen, Diana. Ich..." Miss Hadfield krümmte sich vor Schmerz zusammen.
"Kommen Sie." Diana führte die ältere Frau zu einer gepolsterten Bank, die auf der anderen Seite des Korridors zwischen zwei Türen stand. "Ist Dolly bei Master David?"
Miss Hadfield nickte.
"Am besten, ich bringe Sie in Ihr Zimmer und gehe danach zu Mrs. Sibley hinunter, um sie zu bitten, nach Ihnen zu sehen. Danach hole ich Master David zu seinem Spaziergang ab. Es macht mir wirklich nichts aus, mich um ihn zu kümmern."
"Das lieb von Ihnen, Diana." Miss Hadfield krümmte sich erneut zusammen. "Heute morgen ging es mir schon nicht besonders gut. Ich hätte auf den Lunch verzichten sollen."
David hatte nicht das geringste dagegen, von Diana in den Park hinuntergeführt zu werden. Er mochte die junge Frau. Hätte
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