Flucht nach Colorado
sie näher kommen würden."
Wie zur Bestätigung hörte sie in der Ferne das Surren von Hubschrauberflügeln.
„Zurück", befahl Jordan. „Runter mit dem Rucksack und verstecken Sie ihn unter einem Busch."
Sie schob den knallroten Rucksack unter einen Kirschtraubenbusch, an dem reife Beeren hingen.
„Und Ihre rote Jacke", rief er. „Auch verstecken."
Sie gehorchte. Es konnte nur einen Grund dafür geben, dass ein Helikopter diese Gegend absuchte. Der Radius der Suche war kleiner geworden, weil die Trupps die Spuren, die sie gelegt hatte, entdeckt hatten.
Emily hätte sich eigentlich freuen sollen, dass ihre List funktioniert hatte. Er würde geschnappt werden. Doch stattdessen überkam sie eine dunkle Vorahnung. Was, wenn sie sich geirrt hatte? Wenn ihm wirklich Unrecht geschah? Sie war schuld, wenn sie ihn fassten und verurteilten.
Er packte Pookie am Halsband. Dann wurde sie von seinen starken Armen umschlossen.
Er zog sie hinter die Büsche. „Das soll kein Annäherungsversuch sein", sagte er. „Ich will nur nicht, dass Sie oder Pookie auf dumme Gedanken kommen, wie zum Beispiel aufs offene Gelände zu rennen und Ihren Kumpels da oben Zeichen zu geben."
Der Hubschrauber kam in Sicht. Er flog sehr tief, die Kufen berührten beinahe die Baumkronen. Obwohl Jordan sie umklammert hielt, glaubte Emily kaum, dass er sie und den Hund im Ernstfall wirklich würde zurückhalten können. Wenn sie sich wehrte, würde sie sich sicherlich befreien können. Sie starrte auf die Lichtung, die nur wenige Meter entfernt war.
Ohne das Gewicht des Rucksacks war sie schnell genug dort, um den Leuten ein Zeichen zu geben.
Aber sie rührte sich nicht..
„Ich habe Ihnen nicht erzählt, wie es ist, sechs Wochen im Gefängnis zu sitzen", flüsterte er erregt in ihr Ohr. „Wie es ist, darauf zu warten, dass einem Gerechtigkeit widerfährt, ohne dass man etwas tun kann. Tag für Tag in einer quadratischen grauen Zelle."
Sie konnte sich sehr wohl vorstellen, wie das. war. Ihr Vater war im Gefängnis gewesen.
Ein paar Wochen vor seinem Tod war er in Vietnam als Kriegsgefangener in einen Käfig eingesperrt worden. Hilflos.
„Es ist immer kalt", fuhr Jordan fort. „Und niemals ist es dunkel genug, um richtig schlafen zu können. Zuerst war ich wütend. Die Wut brannte in mir wie ein Lauffeuer."
Jetzt war der Hubschrauber direkt über ihnen. Sie konnte den Abwind spüren. Jeder Muskel ihres Körpers spannte sich in der Erwartung, entdeckt zu werden.
Doch der Helikopter flog weiter. Ohne auch nur eine Sekunde über ihrem Versteck zu kreisen, verschwand er.
„Nach vier Wochen", sagte Jordan, „ist dieses Feuer ausgegangen. Ich hatte alle Hoffnung verloren. Egal, wie oft ich meine Unschuld beteuerte, niemand wollte mir glauben. Und ich hatte das Gefühl, dass sich das auch nie ändern würde."
Die Erinnerung an einen Vater, den sie nie kennen gelernt hatte, quälte sie. Er musste sich genauso gefühlt haben wie Jordan.
„Ich würde lieber sterben", sagte er, „als zurück ins Gefängnis zu gehen."
Der Lärm des Hubschraubers verklang, und Jordan ließ sie los. Dann nahm er das Funkgerät in die Hand und lauschte. Die Suchtrupps hatten Beweise dafür gefunden, dass sie sich in der Hütte aufgehalten hatten.
Emily hörte entsetzt, wie die Stimme sagte: „... sie bewegen sich in nördliche Richtung.
Sieht so aus, als ob jemand absichtlich eine Spur hinterlässt. Mit Fetzen von Papiertaschentüchern."
Jordan blickte überrascht auf. Sie konnte den Schmerz und die Wut in seinem Blick sehen.
Jetzt wusste er, dass er betrogen worden war.
Er packte ihr Handgelenk, öffnete ihre fest verschlossene Faust. Das zerknitterte Taschentuch fiel heraus.
„Sie haben denen geholfen."
Panik erfasste sie. Sie konnte nur noch nicken. Was würde er nun mit ihr anstellen? Wie würde seine Rache aussehen?
„Wieso?"
Sie hätte am liebsten geweint, tat es aber nicht. Sie war die Tochter eines Soldaten, das Kind eines Helden. „Ich dachte, es wäre das Richtige."
Empört ließ er ihre Hand los. Dann zog er die Pistole aus seinem Rucksack. Seine Stimme war barsch. „Ich brauche Ihre Fähigkeiten, um zu überleben. Und Sie hinterlassen eine Spur für meine Verfolger, die so eindeutig ist, dass selbst Pookie sie hätte finden können."
Sie starrte den Lauf ihrer 22er-Automatik an und versuchte, sich zu verteidigen. „Ich musste den Suchtrupps doch helfen. Sie sind ein entlaufener ..."
„Ich bin unschuldig." Er sah ihr fest in
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