Flucht nach Colorado
was vermutlich daran lag, dass sie normalerweise keine kriminellen Aktivitäten unternahm. „Ich wünschte, ich könnte den Hund bei Yvonne lassen."
„Bei wem?"
„Yvonne Hanson. Sie ist die Leiterin der Pfadfinderinnenjugend und züchtet Rettungshunde."
„Das könnte funktionieren", sagte Jordan. „Wir könnten Pookie in ihrem Garten festbinden."
„Aber dann würde Yvonne wissen, dass ich bei ihr gewesen bin." Emily war sich sicher, dass ihre Geiselnahme inzwischen in den hintersten Winkeln der Stadt bekannt war. Davon abgesehen, dass sie genau wusste, was Yvonne von Jordan hielt. „Sie würde den Sheriff rufen."
„Wenn du mir deinen Schlüssel gibst, könnte ich alleine in das Büro gehen und den Computer holen."
Jordan, der mit über dem Bauch gefalteten Händen auf dem Rücken lag und in den Nachthimmel starrte, schien völlig entspannt zu sein. Doch sie konnte seine Aufregung spüren. Wie seltsam! Obwohl sie so unterschiedlich waren, erkannte sie ohne Probleme jede Nuance seiner Stimmungen. Jetzt gerade versuchte er, ihr etwas zu verheimlichen. „Was ist los, Jordan? Was willst du mir sagen?"
„Du hast deine Pflicht getan, Emily. Du hattest versprochen, bis zum Einbruch der Nacht bei mir zu bleiben, und du hast dein Wort gehalten."
„Und?"
„Du und Pookie, ihr bleibt hier. Ich gehe alleine nach Cascadia. Es ist Zeit, dass wir getrennte Wege gehen."
Aber sie konnte ihn nicht verlassen. Sie war mehr denn je von seiner Unschuld überzeugt und wollte alles dafür tun, dass seine Flucht erfolgreich enden würde. „Ich kann dich jetzt nicht alleine lassen. Das wäre nicht richtig.“
„Aber es wäre klüger. Ich habe die ganze Zeit über die Belohnung nachgedacht, die Collins dir gegenüber erwähnt hat. Und jetzt endlich ist mir klar, was das bedeutet", sagte er. „Wenn sie mich eiskalt erschießen wollen, ohne Warnung, dann werden sie dich auf keinen Fall als Zeugin am Leben lassen."
„Wie meinst du das?"
„Sie müssen dich auch töten. Das ist nur logisch."
Sie hatte nicht eine Sekunde daran gedacht, dass sie ebenfalls in Gefahr sein könnte.
„Jordan, du sprichst von Sheriffs und der Nationalgarde. Die würden keine Geisel erschießen.
Ich habe nichts getan."
„Ich auch nicht."
Er starrte noch immer in die Sterne. Das sanfte Licht unterstrich sein ausgeprägtes Kinn und malte Schatten unter seine hohen Wangenknochen. Seine Augen-und Mundwinkel begannen plötzlich zu zucken. Zum ersten Mal entdeckte sie so etwas wie Angst in seinem Gesicht. „Emily, Liebling, wenn dir etwas geschehen würde, könnte ich nicht..."
„Mir passiert schon nichts", versuchte sie ihn zu beruhigen. „Ich habe den größten Teil meines Lebens damit verbracht, mich um andere Leute zu kümmern, sie gesund zu pflegen.
Wirklich, du brauchst dir um meine Sicherheit keine Sorgen zu machen."
„Ich kann nicht anders." Er wandte den Blick von den Sternen ab und sah ihr lange in die Augen. Mit ruhiger, tiefer Stimme sagte er: „Du bedeutest mir viel, Em."
Seine Worte rührten etwas ganz tief in ihr an. Sein Blick brachte ihr Herz zum Schmelzen.
Sie war überrascht, wie weh es tat. Zu viel Wärme! Sie konnte es kaum ertragen. Emily war es nie schwer gefallen, zu geben, aber sie konnte nicht damit umgehen, Zuneigung zu empfangen - zu viele Verletzungen, Enttäuschungen und Tragödien. Es hatte zu viel Tod in ihrem Leben gegeben, angefangen beim Verlust ihres Vaters. Durfte sie es sich überhaupt erlauben, verletzbar zu sein?
Es wäre Wahnsinn, sich ausgerechnet Jordan gegenüber zu öffnen. Er war ein entlaufener Sträfling, auf dessen Kopf eine Belohnung ausgesetzt war. Und doch, als er ihre Wange berührte, spürte sie eine Verbindung mit ihm, die viel tiefer ging als bloße Zärtlichkeit. Sie half ihm. Nicht andersherum. „Ich werde dich nicht alleine lassen, Jordan. Du brauchst mich."
„Mehr als du jemals wissen wirst", sagte er.
Sie beugte sich über ihn und küsste ihn. Trotz der kalten Nachluft waren seine Lippen heiß und fordernd. Als sie versuchte, sich wieder loszumachen, hielt er sie fest und küsste sie mit fieberhafter Verzweiflung. Seine Bartstoppeln rieben an ihrem Kinn. Sie ließ sich von seiner Stärke überwältigen, er zog sie auf sich. Es kam ihr so vor, als sei sie die einzige Frau auf der Welt. Und er der einzige Mann.
Als er sie endlich freigab, sank sie in seinen Armen zusammen und schmiegte sich heftig atmend an seine Brust. Es wäre Wahnsinn gewesen, sich in dieser kalten
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