Flucht nach Colorado
antun."
Emily wollte sich ihren Blick auf die Welt nicht von Angst und Misstrauen trüben lassen.
Aber um Jordan zu beruhigen, sagte sie: „ Ich werde vorsichtig sein."
„Versprich es", forderte er. „Ich möchte, dass du mir dein Wort gibst, Emily. Versprich mir, kein Risiko einzugehen."
Sie zögerte. „Wie wäre es damit? Sobald wir die Stadt erreicht haben, wartest du einen Häuserblock entfernt. Ich gehe zuerst rein und finde heraus, ob wir freie Bahn haben. Falls geschossen wird, kann ich in ein Haus rennen, in dem ich jemanden kenne."
Bevor er ihr noch ein weiteres Versprechen abverlangen konnte, begann sie, den Abhang hinunterzuklettern. Zwar waren sie viele Meilen von ihrem Haus entfernt, aber sie kannte die Gegend gut. Selbst im Dunkeln war ihr Orientierungssinn ausgezeichnet.
Nach etwa einer dreiviertel Stunde standen sie hinter Sandras Haus. Alle Fenster waren dunkel, auch die Veranda war nicht beleuchtet. Emily überlegte, ob Sandra ihr Kind vielleicht schon bekommen hatte. Sie betete, dass alles gut gegangen war.
Die Eingangstür war verschlossen. Emily kannte das Versteck für den Zweitschlüssel.
Schnell sperrte sie die Tür auf.
„Mach kein Licht", flüsterte Jordan. „Vielleicht haben sie jemanden gebeten, ein Auge auf ihr Haus zu haben."
Das Mondlicht, das durch die Fenster strömte, war hell genug. In der Küche fand Emily einen Sack Hundetrockenfutter für Pookie. Nachdem sie ihm Fressen und eine Schüssel Wasser gegeben hatte, streichelte sie ihn zärtlich.
„Du musst hier bleiben, Pook. Ich möchte, dass du ein guter Junge bist und in Sandras Haus kein Unheil anstellst."
„Wuffz." Der Hund fuhr ihr mit der Zunge übers Gesicht.
„Nicht bellen", fügte Jordan hinzu und tätschelte Pookies Kopf.
„Wuffz. Wau.Wau."
„Genau das sollst du nicht tun."
Der Hund blickte zwischen ihnen hin und her, ließ sich dann auf den Linoleumboden fallen und umklammerte mit den Vorderpfoten besitzergreifend den Fressnapf.
„Er wird keine Probleme machen", sagte Jordan. „Lass uns gehen."
Sie ließen ihre Rucksäcke zurück und traten durch die Tür. Eine Zeit lang folgten sie der Straße, die an vielen kleinen Auffahrten vorbeiführte. Die Lichter der Häuser schimmerten durch die Bäume, aber weit und breit war kein Mensch zu sehen. Es war nach neun Uhr. Die meisten Leute hatten es sich bereits in ihren Wohnzimmern gemütlich gemacht.
Als die Straße eine Kurve machte, blieb sie stehen. „Da vorne ist eine Kreuzung, die auf die Hauptstraße führt. Da sind garantiert Wachposten aufgestellt."
„Seit du mich gewarnt hast, dass der Mammoth Rock gefährlich sein kann, glaube ich dir jedes Wort", sagte er. „Wohin müssen wir von hier aus?"
Sie deutete nach links auf einen Bach, der neben der Straße entlangplätscherte. „Wir sollten durch den Wald gehen."
Er folgte ihr. „Schade. Die Straße war verdammt angenehm, da stolpert man nicht dauernd über irgendwelche Steine."
„Willst du dich jetzt etwa auch noch beschweren?"
„Ganz und gar nicht." Er streckte die Arme weit aus und berührte mit beiden Händen die Bäume. „Schließlich trage ich nicht länger einen fünfundzwanzig Kilo schweren Rucksack mit mir herum. Ich habe gute Schuhe und eine warme Jacke an."
„Das klingt fast so, als ob. dir das Ganze Spaß macht."
„Aber ja", rief er sarkastisch. „Ich fühle mich so wohl wie ein Hummer in kochend heißem Wasser."
„Ab jetzt sollten wir still sein."
Nach wenigen Metern signalisierte Emily ihm, stehen zu bleiben. Durch die Bäume hindurch sah sie, dass auf der anderen Seite der Straße ein Auto geparkt war. Zwei Männer lehnten an der Motorhaube. Einer von ihnen rauchte. Sie waren so nah, dass sie Fetzen ihres Gesprächs und tiefes Männerlachen hören konnten. An ihren Kopfbedeckungen konnten sie erkennen, dass es sich bei den beiden um Deputys handelte.
Nervös sah sie Jordan an. Nun mussten sie sich absolut leise in der stillen Septembernacht bewegen. Jedes Geräusch - das Knacken eines Astes oder das Rascheln von Blättern - würde die beiden bewaffneten Männer auf sie aufmerksam machen. Womöglich waren sie wie Gollins. Sie würden erst schießen und dann fragen.
Nun war also das eingetreten, was Jordan vorausgesagt hatte. Plötzlich sah sie vor sich, wie auf sie geschossen wurde. Getroffen und blutend stürzte sie zu Boden. Und starb. Ihre Muskeln verkrampften sich. Ihr Herz raste. „Mach langsam!" flüsterte sie.
Er nickte. Sie schlich weiter, Jordan
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