Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
unweigerlich jeder mit Argwohn, den wir auf dieser Reise begegnen.«
»Ich schätze, er könnte einer von Salins Spitzeln sein«, räumte Alek ein, »aber ich bezweifle es. Dieser Mann bereitet mir nicht halb so viel Kopfzerbrechen wie etwas, worüber ich Michael und Lorn reden gehört habe.«
Sarah legte fragend den Kopf schief. »Was hast du denn gehört?«
Bevor Alek antworten konnte, kam Michael zu ihm und Sarah. »Ihr könnt euch uns anschließen. Wir werden unseren Freund dort befragen.«
Alek rappelte sich auf und half Sarah auf die Beine. Sie folgten Michael in die Mitte des Raumes, wo Kraig mehrere Stühle zu einem Halbkreis angeordnet hatte, dem ein einzelner Stuhl gegenüberstand. Lorn geleitete den Greis zu dem Stuhl und blieb wachsam neben ihm. Alek gesellte sich zu den anderen in den Halbkreis. Michael beugte sich vor und richtete den teilnahmslosen Blick auf den alten Mann.
»Was ist hier geschehen, und wieso konntest nur
du
überleben? Das erscheint mir äußerst unwahrscheinlich und höchst verdächtig, zumal du behauptest, dich hier seit einigen Jahren ganz alleine durchzuschlagen.«
»Ich schwöre, das ist die Wahrheit«, stieß der Fremde hervor. »Seht, davon ernähre ich mich.«
Er öffnete sein Bündel und entleerten den Inhalt auf den Boden. Aleks Eingeweide verkrampften sich beim Anblick der verschnörkelten Masse kleiner, toter Schlangen.
»Ich pflücke sie aus dem Gras. Sie sind recht einfach zu finden, vor allem, wenn der Regen sie aus ihren Löchern treibt. Diese Rasse ist nicht giftig, dafür sehr nahrhaft, wenngleich sie wie Dung schmeckt. Es ist nicht schwierig, in diesem Land allein zu überleben, wenn man weiß, wie man das erntet, was die Ebenen bereitstellen. Ich mag alt sein, aber ich bin kein Krüppel, jedenfalls noch nicht. Wieso ich als Einziger das … Unglück überlebt habe, das dieses Dorf zerstört hat, ist nicht so einfach zu erklären. Ich bin selbst nicht sicher, ob ich es verstehe.«
Als er verstummte, legte Lorn ihm eine Hand auf die Schulter und drückte sie. »Versuch es.«
Händeringend sagte der Greis: »Jahrelang führten die Menschen der Ebenen von Naar ein einfaches Leben. Unsere Väter waren ein Wandervolk, Entdecker aus Madagon und anderen Ländern im Norden von Eglacia. Sie brachen aus ihrer Heimat auf, um neue Pfade nordwärts zu beschreiten, und hofften, ein Land zu gründen, das sie ihr Eigen nennen konnten. Als sie auf die Ebenen hier stießen, besiedelten sie diese. Das Land war schwierig zu bestellen und von allerlei gefährlichen Kreaturen bevölkert, doch sie waren ein wackerer Menschenschlag und hielten an ihrem Traum fest. Ihr müsst wissen, die Gründerväter von Naar wurden von der Leidenschaft getrieben, wilde Gebiete zu zähmen; sie konnten nicht umkehren. Die Königreiche des Bunds von Eglak, die der Herrschaft des Hochkönigs unterstanden, empfanden sie als zu ruhig, zu gesittet. Die Ebenen boten ihnen, was sie brauchten: eine Herausforderung.
Auf den Ebenen wurden zahlreiche Dörfer errichtet, allerdings so verteilt, dass es kaum Verständigung zwischen ihnen gab und so gut wie keine mit den Reichen, die sie hinter sich gelassen hatten. In meiner Generation galten die Länder im Süden für uns nur noch als Legende, und umgekehrt müssen wir für sie wohl ebenfalls eine geworden sein. Natürlich haben wir gelegentlich etwas aus Tyridan gehört, unserem nächsten Nachbarn, und vereinzelt reiste eine Gruppe auf dem Weg zum Reich der Elben hier vorbei, doch das war alles. Die Dörfler versorgten sich selbst. Wir blieben vorwiegend unter uns.
Aber wie ich schon sagte, das Leben hier konnte durchaus hart sein. Etwas anzubauen, gestaltete sich auf dem harten Boden von Naar schwierig, und es fanden sich nur wenige Tiere, die als Nahrung taugten. Hin und wieder kamen Oger aus ihren Gebieten im Norden und überfielen unsere Dörfer. Und natürlich hatten die Dörfer untereinander ihre Streitigkeiten, die häufig in Form von Gefechten geschlichtet wurden. Aber von allen Schrecken der Ebenen war die Größte eine Kreatur, die wir den Verwüster nannten.«
Alek bemerkte, wie sich Michael und Lorn mit grimmigen Blicken ansahen. Es schien ein beinah zu großer Zufall, dass der alte Mann dieselbe Kreatur erwähnte, von der die beiden vor wenigen Augenblicken gesprochen hatten. Doch sie schwiegen, und der Fremde setzte seine Geschichte fort.
»Unter den Leuten wurde gemunkelt, dass die Unwetter vom Verwüster hervorgerufen wurden, und dass die
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