Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
Steinsäulen. Über den Türen war ein Sonnenzeichen in den Stein geritzt, das jenem auf dem Talisman der Einheit glich. Es schien ein sanftes, tröstliches Licht abzustrahlen.
»Seht«, sagte Michael. »Die Gruft von Faryn-Gehnah, wo die großen Königinnen und Könige von Faerie liegen, die man vor ewigen Zeiten zur Ruhe gebettet hat. In diesen irrgartenähnlichen Tunneln wird es schwierig für Salin, uns zu folgen.«
Alek wollte aufbegehren, denn würden sie sich nicht selbst hoffnungslos verirren, wenn es dem Hexer nicht möglich wäre, ihnen zu folgen? Aber er hatte nicht einmal Gelegenheit, den Mund zu öffnen, bevor Lorn auf die breite Treppe zurannte, immer noch mit Alek auf den Armen. Als sie am Fuß der Stufen ankamen und er zu dem beeindruckenden Eingang über ihnen hinaufspähte, hörte er keine hundert Schritte entfernt einen bösartigen Ruf.
»Jetzt habe ich dich!«
Die Stimme von Salin Urdrokk.
Rot glühende Wut leuchteten in den Augen des Hexers, als dieser auf seinem Rappen auf Alek zuraste. Um ihn und seine Gefährten schien sich ein Schatten geschart zu haben. Blaue Blitze tänzelten über ihnen.
Sie hetzten die Stufen hinauf, als Salins blaue Macht aus dem Himmel herabstieß und den Boden unmittelbar hinter ihnen aufriss. Geröll und Schlammbrocken so groß wie Felsblöcke stoben in die Luft. Blitze sprengten die Treppe einen Schritt hinter Alek und dessen Gefährten in Schutt. Sie erreichten den Eingang, wo Alek und Sarah zu Boden gestellt wurden, ehe sich Lorn und Kraig gegen die Türen warfen. Muskeln spannten sich, und die beiden großen Männer drückten die Doppelpforte einen Spalt weit auf, gerade genug, um sich hindurchzuzwängen. Rasch scheuchten sie ihre Gefährten hinein, dann folgten sie ihnen, als ein Flammenball auf dem unbeugsamen Stein der Türen einschlug.
»Wir müssen die Pforte zudrücken!«, rief Lorn.
Dunkelheit umgab sie, durchbrochen nur von einem schmalen Lichtstreifen, der von draußen hereinfiel. Als sich Kraig und Lorn erneut gegen die Türen warfen, schrumpfte der Streifen zu einem Strahl und schließlich zu nichts. Die Schatten verschlangen sie vollends, als die Pforte mit einem dumpfen Pochen zufiel.
»Helft mir, dieses Rad zu drehen«, bat Lorn in der Finsternis. »Es verriegelt den Zugang.« Ein lautes Quietschen ertönte, als würde etwas in Gang gesetzt, das lange nicht betätigt wurde, dann folgte Klappern. Anschließend trat kurz Stille ein.
Alek hörte, wie Lorn nach Luft schnappte. »Es … es ist geschafft. Die großen Schlösser sind verriegelt. Von außen können sie nicht geöffnet werden, von innen nur durch eine Gruppe von Männern mit gewaltiger Kraft oder durch mächtige Zauberei.«
»Soll das heißen, wir sind gefangen?«, fragte Sarah.
Bevor jemand etwas erwidern konnte, hämmerte es donnergleich an der Tür. Eine gewaltige Kraft toste dagegen, doch sie hielt stand.
»Selbst Salins Magie vermag nicht, diese Pforte von außen zu öffnen«, sagte Michael. »Vermutlich könnte er die Türen selbst aus dem Hang reißen, doch dann würde tonnenweise Geröll diese Gruft und alles darin für immer versiegeln.«
»Das klingt nicht so gut für uns«, befand Alek.
»Das wäre es auch für Salin nicht. Damit wäre der Talisman der Einheit auf ewig außerhalb seiner Reichweite.« Das Hämmern gegen die Tür verstummte, und Alek atmete erleichtert auf. Vorerst schienen sie in Sicherheit zu sein.
»Wir brauchen Licht«, meinte Kraig.
»Ich habe hier irgendwo eine Fackel«, gab Lorn zurück.
»Nein, wartet«, meldete sich Alek zu Wort. »Ich weiß etwas Besseres.«
Alek fasste in seinen Sack und holte die Silberschatulle hervor. Als er sie öffnete, drang grelles, silbriges Licht heraus und verdrängte die Finsternis der Gruft.
Als sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnten, sog er scharf die Luft ein. Sie befanden sich in einer riesigen Kammer, deren hohe, bogenartige Decke von dicken Säulen aus schwarzem Stein gestützt wurde.
Der Boden und die Wände waren ebenso vergoldet wie die unzähligen, zwischen den Säulen aufgestellten Statuen, meisterlich gefertigte Standbilder von auf fremdartige Weise wunderschönen Männern und Frauen, allesamt mit scharf geschnittenen Zügen und hohen, ausgeprägten Wangenknochen.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes führte ein Tunnel in tiefe Schwärze.
Alek konnte die Augen kaum von der Schönheit der Statuen lösen. »Wer … wer ist das?«
»Elben natürlich«, antwortete Michael.
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