Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
überließ seine Gäste sich selbst.
Sarah ließ sich bereits auf der Liegestatt nieder und wickelte sich in die Decken. Kraig stand noch am Tisch und ließ keine Absicht erkennen, sich hinlegen zu wollen. Michael starrte aus einem großen Fenster auf der entfernten Seite des Raums. Alek ging zu Sarah hinüber, legte sich neben sie und kroch ebenfalls unter einige Decken. Er wahrte genug Abstand, um das Mädchen nicht zu berühren, doch zu Hause im Dorf hätte selbst diese Nähe für Empörung gesorgt. Alek jedoch empfand sie als keineswegs unangenehm, und Sarah schien es nicht zu stören.
»Alek«, sagte sie, »all das ist so … unwirklich.« Ihr Blick wanderte durch die riesige Behausung, von den hohen, hellbraunen Wänden aus lebendigem Holz über den hohen Tisch in der Mitte bis hin zu den für Menschen viel zu großen Stühlen. »Dieser Ort mutet wie etwas aus einem Märchen an, und Horren … also, an ihn kann ich nicht mal denken, ohne dass sich mein Verstand überschlägt. Solche Dinge sollte es eigentlich gar nicht geben!«
Alek konnte nachvollziehen, was sie meinte. »Wenn man die meisten alten Leute zu Hause reden hört, könnte man meinen, es gäbe ohnehin nur Gehöfte und Kühe. Sicher, manchmal erzählen sie von Elben oder Zauberei, aber nur im Scherz oder wenn sie eine alberne Bardengeschichte wiedergeben. Sie würden nichts von alledem je glauben.«
»Ich weiß nicht recht«, entgegnete Sarah. »Ich habe das Gefühl, die Dinge könnten sich geändert haben, seit wir aufgebrochen sind. Wer weiß, wie die Leute jetzt reden, da sie Hexerei aus nächster Nähe erlebt haben.«
Alek zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hast du Recht. Vielleicht versuchen sie aber auch, es mit vernünftigen Gründen zu erklären. Blitze haben in die Häuser eingeschlagen, und sie sind niedergebrannt. Das ist zweifellos angenehmer zu glauben, als dass ein Hexer sie mit Magie zerstört hat, auch wenn sie es mit eigenen Augen bezeugt haben.«
Sarah dachte darüber nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Mir ist einerlei, was sie denken. Ich will nur diesem Hexer entkommen und vergessen, dass diese Geschichte je geschehen ist. Und ich will herausfinden, ob meine Mutter noch lebt. Bei Grok, Alek, sie muss einfach noch leben!«
»Das hoffe ich, Sarah. Bei Groks Blut, das hoffe ich.«
Sarah drehte sich weg, doch bevor sie es tat, sah Alek, wie ihr eine Träne über die Wange lief. Sie war stärker, als man ihr zugetraut hätte, und sie klammerte sich an die Hoffnung. Dennoch litt sie innerlich. Alek wünschte, er wäre in der Lage, ihr zu helfen, aber es gab nichts, was er tun konnte. Er vermochte sich ja nicht einmal selbst zu helfen. Vorerst konnte er nur einem Mann folgen, dem zu vertrauen er keinen Grund hatte, und auf das Beste hoffen. Im Vertrauen darauf, dass sie hier so sicher waren, wie Horren und Michael glaubten, schloss er die Augen. Trotz seiner Anspannung erinnerte sich sein Körper rasch daran, wie erschöpft er war, und Alek schlief wie ein Toter.
Die anderen waren bereits auf den Beinen, und es herrschte helles Tageslicht, als Alek erwachte. Michael unterhielt sich mit Horren, während der Waldschrat kleine Bündel aus seinen Schränken hervorholte und in einen großen Sack stopfte. Sarah schaute aus dem Fenster und bewunderte die Schönheit des Addinhains bei Tageslicht. Kraig stand über einen Zuber gebeugt und spritzte sich Wasser ins Gesicht und auf die nackte Brust. Er sah Alek an und lächelte.
»Also bist du endlich wach, Bäckerjunge?«, meinte er geradezu beschwingt. »Wir haben bereits gefrühstückt und uns gewaschen. Es ist fast Mittag!«
»Mich überrascht, dass Michael uns nicht schon längst durch den Wald tappen lässt«, gab Alek zurück. »Warum bist du so glücklich?«
»Ich schätze, bei Tageslicht wirken die Dinge einfach weniger schlimm«, gab der große Mann zurück. »Es ist hier wirklich wunderschön; allein hier zu sein, scheint die Laune zu heben. Und Horrens Essen ist unglaublich. Obendrein kann ich wieder sehen, und zwar so gut wie zuvor.«
Alek schüttelte die Decken ab und zwang sich, aufzustehen. Seine Muskeln schmerzten, und seine Gelenke fühlten sich steif an, aber der Schlaf hatte ihn erfrischt. Gähnend streckte er sich, ging zum Waschzuber hinüber und krempelte die Ärmel hoch. Sobald Kraig aus dem Weg ging, tauchte er die Arme ins kühle Nass und begann, sie abzuschrubben. Danach kümmerte er sich um sein Gesicht und sein Haar. Das kalte Wasser rüttelte ihn
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