Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
unserer Spur weg.«
»Auf die eines anderen. Kann ich das jemandem antun?«
Sarah verdrehte die Augen. »Du bist kein Held, Alek. Michaels Freunde in der Stadt werden schon wissen, was damit zu tun ist.«
Alek zuckte mit den Schultern. »Mag sein. Nur hat Michael nie davon gesprochen, den Talisman an jemand anderen zu übergeben. Er sagt bloß immerzu, dass er jemanden finden wird, der uns an einen sicheren Ort führt. Vielleicht ist dies das neue Los unseres Lebens – von einem Ort zum anderen flüchten, ständig in der Hoffnung, irgendwo Sicherheit zu finden. Immerhin will Salin mich ebenso sehr wie den Talisman. Er glaubt ja, ich hätte ihn ihm vorsätzlich vorenthalten.«
»Du bist nicht wichtig für ihn, Dummerchen. Wenn er dieses Schmuckstück bekommt, dass er unbedingt haben will, wird er dich völlig vergessen.«
»Aber du übersiehst den springenden Punkt«, hielt Alek dem entgegen und schüttelte den Kopf. »Wir
dürfen
nicht zulassen, dass er es bekommt. Wenn stimmt, was Michael sagt, steht das außer Frage. Dann besteht unsere einzige Hoffnung wohl darin, es zu jemandem zu bringen, der so mächtig ist wie Salin, zu jemandem, der genauso gut … willformen kann wie er. Und ich glaube kaum, dass wir so jemanden in Bordonstett finden.«
»Das hoffe ich schon. Ich möchte, dass wir diese Geschichte so schnell wie möglich hinter uns bringen und nach Hause zurückkehren können. Ich muss nachsehen, ob … dort alles in Ordnung ist.«
Alek wusste, was sie eigentlich sagen wollte. Sie wollte wissen, ob ihre Mutter noch lebte. Der Umstand, dass sie es nicht aussprechen konnte, verdeutlichte, wie sehr sie immer noch litt. Sie verbarg es gut, besser, als Alek es vermocht hätte. Gewiss, er hatte die Kulnips verloren, zwei Menschen, die ihm sehr am Herzen gelegen hatten, doch sie waren nicht seine Eltern gewesen. Er drehte sich so herum, dass sich die spitzesten Steine nicht allzu sehr in seinen Rücken bohrten, und versuchte zu schlafen.
Früh am nächsten Morgen zogen sie weiter. Es war der fünfte Tag, seit sie Bartambuckel verlassen hatten, und bis nach Bordonstett lagen noch mindestens zwei Tage vor ihnen. Aleks Muskeln schmerzten und fühlten sich steif an, aber die kleinen Wehwehchen wichen weit genug in den Hintergrund, dass er über sie hinwegsehen konnte. Der Wald wuchs immer noch dicht rings um sie, wenngleich mittlerweile mehr Licht durch den Baldachin der Blätter zu dringen schien. Alek beobachtete, wie ein Eichhörnchen eine alte Fichte hinaufhuschte, um sich auf einem Ast in lichter Höhe auszuruhen. Beinah wünschte er, das Eichhörnchen zu sein und keine anderen Sorgen und Pflichten zu haben, als Nüsse für den Winter zu sammeln.
Später rüttelte Sarah an seinem Arm und zeigte ihm eine Rehfamilie, die anmutig zwischen den Baumreihen hindurchlief. Während ihres Marsches hatten sie zahlreiche kleinere Tiere gesehen, aber noch keinen solchen Anblick. In Bartambuckel war Wild selten, zumal den Ort meilenweit Ackerland umgab. Gelegentlich verirrten sich einige aus dem Nordwald in die Nähe des Dorfes, aber eine ganze Familie zu sehen, versetzte Alek, Sarah und Kraig in Entzücken.
»Schau sie dir an«, meinte Sarah. »So wunderschön, so frei. Im Gegensatz zu uns gehören sie hierher. Die haben zweifellos nicht unsere Probleme.«
»Oh, da wäre ich nicht so sicher«, entgegnete Alek. »Wölfe jagen auch Wild.«
»Wölfe schon«, gab Michael ihm Recht. Alek hatte nicht bemerkt, dass er ihnen zuhörte. »Aber Salin Urdrokk nicht. Wir dürfen keine Zeit vergeuden.«
Am liebsten hätte Alek ihn erwürgt. Er ließ sie wirklich keinen Augenblick lang vergessen, dass sie vor tödlicher Gefahr flüchteten. Der Einsiedler wirkte wie besessen. Wenn er nicht auch Recht gehabt hätte, dann
hätte
Alek ihn erwürgt.
Sie marschierten in den Nachmittag hinein, und Alek vernahm das Geräusch fließenden Wassers. Bald ging der Wald in einen offenen Bereich über. Am Fuß eines Hügels erblickte Alek einen breiten Fluss mit sauberem, klarem Wasser, das gemächlich von Osten nach Westen strömte.
»Der Vierpunktfluss«, erklärte Michael. »Zumindest wird er in der Gegend so genannt. Ich konnte es kaum erwarten, ihn zu erreichen. Hier in der Nähe, wo es seicht ist, sollte es uns möglich sein, ihn zu überqueren. Ich hoffe, dadurch schütteln wir diese Wölfe endgültig ab.«
»Der Vierpunkt«, murmelte Kraig. »Ich habe schon davon gehört. Er berührt vier bedeutende Städte in vier verschiedenen
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