Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
Ländern, deshalb heißt er so. In Tyridan fließt er durch Freiboll.«
»Ja«, bestätigte Michael. »In Margon durchquert er Mar’Ridden, in Estron streift er Estronstadt. Außerdem dient er als Grenze zwischen Nord- und Süd-Eglak und fließt durch die einst prunkvolle Stadt Madygoth. Das Wasser, das in diesem Fluss strömt, hat viel Geschichte erlebt, von den Schlachten, in denen das Böse Margon eroberte, bis hin zu den Bürgerkriegen, die Eglak zerrissen. Aber im Augenblick geht es für uns nur darum, ans Nordufer zu gelangen. Kommt, lasst uns dem Wasser folgen. Ich war schon einmal hier, ich kann die Furt finden.«
Sie wanderten den Hügel hinab und traten an den Fluss. Er schien seicht zu sein und war klar genug, um bis zum Grund zu sehen. Zahlreiche flache Steine ragten aus der Oberfläche des träge fließenden Wassers. Alek hielt es für durchaus möglich, die Überquerung an dieser Stelle zu bewerkstelligen, doch Michael schien darauf bedacht, eine noch vollkommenere zu finden. Sie folgten dem Ufer einige Minuten in westlicher Richtung, bis der Einsiedler nickte.
»Das ist die Stelle. Seht ihr die Male auf dem Stein dort?«
Alek schaute zu einer Steingruppe in der Nähe einer großen Weide am Rand des Wassers, und tatsächlich erblickte er darauf seltsame Zeichen. »Das zeigt, dass dies eine sichere Furt ist, die vor vielen Jahren von den Waldschraten gekennzeichnet wurde.«
»Bist du sicher, dass man den Fluss hier gefahrlos überqueren kann?«, fragte Kraig und betrachtete das Gewässer argwöhnisch. »Ist die Stelle wirklich seicht genug, um hinüberzugehen?«
»Ja«, bekräftigte Michael und trat bereits hinein. »Man kann den Grund erkennen. Das Wasser wird uns nicht höher als bis zur Hüfte reichen.«
Kopfschüttelnd wich Kraig zurück. »Ich weiß nicht recht.«
Alek erkannte Angst in den Augen des kräftigen Mannes. »Kraig, die Stelle hier ist nicht tiefer als der Fluss bei uns zu Hause. Außerdem ist die Strömung sogar langsamer. Als Kinder sind wir alle daheim im Fluss geschwommen.«
Der Friedenswächter schüttelte den Kopf. »Ich nicht. Ich hatte nie Zeit, Schwimmen zu lernen. Ich habe noch nie einen Fuß in Wasser gesetzt, außer zum Baden, und das mache ich nur in seichten Teichen oder einer Wanne. Nie in einem Fluss.«
Alek konnte kaum glauben, was er hörte. Er hatte gedacht, Kraig fürchte sich vor gar nichts. Schließlich hatte seine Arbeit jahrelang darin bestanden, Kämpfen Einhalt zu gebieten und Störenfriede vor die Tür zu setzen, wobei er es oft mit Männern zu tun hatte, die größer waren als er. Dass er sich vor etwas so Gewöhnlichem wie einem Fluss – einem
seichten
Fluss – fürchtete, gab Alek Rätsel auf.
»Jetzt komm«, ermutigte er ihn lächelnd. »Schau, man kann wirklich den Grund sehen. Das Wasser ist höchstens drei Fuß tief. Sarah und ich bleiben in deiner Nähe.«
Sarah nickte zustimmend. Auch sie lächelte Kraig an, hatte jedoch offenkundig Mühe, ein Kichern zu unterdrücken. Anscheinend fand sie die Lage recht belustigend.
Kraig holte tief Luft. »Na schön. Bringen wir es hinter uns.«
Sie traten einen Schritt auf den Fluss zu. Sarah und Alek säumten Kraig. Michael befand sich bereits auf halbem Weg zum gegenüberliegenden Ufer. Als sie das Wasser berührten, ertönte aus dem Wald hinter ihnen ein schriller Schrei. Etwas Langes flog an Aleks Kopf vorbei, streifte um ein Haar sein Ohr und landete wenige Schritte vor ihm platschend im Wasser. Kraig vergaß seine Furcht und zog Alek näher zu sich.
»Das war ein Speer! Lauft!«
Allerdings gestaltete es sich unmöglich, durch das Wasser schnell zu rennen. Alek watete, so rasch er konnte, und verdrehte den Körper, um zurückzuschauen. Zwischen den Bäumen erspähte er eine Gruppe kleinwüchsiger, grünlichgrauer Kreaturen, die einen wilden Tanz aufführten. Sie trugen nur Lendenschurze und schwenkten Speere über den Köpfen, die beinah so groß waren wie sie selbst. Ihre Augen waren riesig und gelb, und jedem wuchs ein struppiges Büschel grüner Haare auf dem Kopf. Sie alle stimmten ein schrilles Geheul an, und einer zielte mit dem Speer auf Alek.
»Vermaledeit! Kobolde!«
Alek hatte noch nie einen Kobold gesehen. Natürlich kannte er Geschichten über die verschlagenen Kreaturen, die des Nachts Schafe stahlen, Rinder töteten und unachtsamen Müttern kleine Kinder raubten. Michael hatte zudem von Kobolden gesprochen, die in den Armeen von Vorik Seth kämpften. Abermals fühlte sich Alek
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