Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
anzugreifen, wenn diese ungeschützt waren. Dennoch ließ der Addin kein Zögern erkennen. Er hatte eine Gelegenheit gefunden, den Elben wieder zu dienen, und hielt es für seine heilige Pflicht, es auch zu tun.
Kari hingegen entsetzte die Aussicht darauf. Horren hatte ihr Gefolgstreue geschworen, doch sie wollte nichts mit ihm zu tun haben. Da sie jedoch eingewilligt hatte, ihn mitkommen zu lassen, musste sie ihm wohl oder übel gestatten, ihr zu folgen und ihrer Befehle zu harren. Sie fand sich widerwillig mit seiner Gegenwart in ihrer Gruppe ab.
Landyn hingegen zeigte sich entzückt darüber, ihn dabei zu haben. Während der Spielmann auf seinem Grauen ritt, schlenderte der Addin neben ihm einher, und die beiden unterhielten sich ohne Unterlass miteinander. Horren lauschte geduldig Landyns Schilderungen von der Welt, sowohl älteren als auch neueren. Besondere Beachtung schenkte er den jüngsten Ereignissen in nahe gelegenen Ländern, denn in Addinherz erfuhr er an Neuigkeiten nur, was ihm wandernde Tiere erzählten.
Landyn wiederum hörte dem Addin stundenlang wie gebannt zu, während dieser von alten Zeiten redete, die Hunderte Jahre in der Vergangenheit lagen. Der Spielmann stellte viele Fragen und speicherte alle Auskünfte in seinem Gedächtnis, um sie in Liedern und Geschichten zu verwenden, die er demnächst zu verfassen gedachte. »Du bist ein Quell des Wissens«, meinte er spätnachmittags zu dem Addin. »Gelobt sei Lars, dass wir dir über den Weg gelaufen sind. Mit deinen Kenntnissen der Geschichte und meiner Begabung für Lieder werde ich Balladen erschaffen, die sich sogar mit den Werken von Ottis Brachnitter messen können!«
Ara lächelte über den Vergleich. Sie mochte Landyn aus mehreren Gründen, und sein Ehrgeiz, der nächste bedeutende Barde zu werden, war einer davon. Sie hatte keine Ahnung, ob er tatsächlich so begabt war, wie er behauptete, aber es belustigte sie stets, wenn er sich mit dem größten aller Barden verglich. Aus dem Munde eines anderen Mannes hätten sich solche Worte eher hochmütig angehört, bei Landyn jedoch vermittelten sie nur Begeisterung – eine Begeisterung, die ihn, gepaart mit seiner einnehmenden Art und seinem guten Aussehen, unwiderstehlich machte.
Und so reisten sie zu fünft vor sich hin, während Kari den Spuren nach Norden folgte. Horren achtete ihre Wünsche und hielt sich von ihr fern, doch Ara spürte, dass sich die Spannung zwischen ihnen nach und nach legte. Landyn und der Addin blieben weiter ständig beisammen, wodurch Ara als Gesellschaft vorwiegend Jinn blieb. Seltsamerweise störte sie das lebhafte, bisweilen rüde Gebaren des kleinwüchsigen Elbens nicht mehr halb so sehr wie früher.
Vielleicht werden wir alle duldsamer, was die Unterschiede zwischen uns angeht.
Als die Nacht hereinbrach, schlugen sie das Lager auf und bereiteten eine Mahlzeit vor. Ara grübelte indes über die vergangenen Tage nach. Mit dem Addin in ihrer kleinen Gruppe fühlte sie sich zuversichtlicher, und allmählich begann sie zu glauben, dass alles wieder gut werden könnte. Bestimmt kamen sie Sarah und den anderen bereits näher und würden sie bald wohlbehalten und sicher antreffen.
In ihre Decken gehüllt, schloss sie die Augen. Ihre letzten Gedanken galten ihrer Tochter und ihrer bevorstehenden Wiedervereinigung. Damit versank sie in wohligen Schlaf und schwelgte die Nacht hindurch in Träumen, die glücklicherweise vor Hexerei, Dunkelheit und Salin Urdrokk verschont blieben.
Alek und seine Gefährten hatten etwa ein Drittel des Weges zu den Bergen zurückgelegt, als sie für die Nacht anhielten. Sie breiteten die Decken aus und trampelten das hohe Gras darunter und ringsum nieder, damit sie sich hinlegen konnten, ohne davon verschluckt zu werden. Alek wünschte Sarah eine gute Nacht, als sie sich zum Schlafen ausstreckte, und sie antwortete mit einem flüchtigen Lächeln, ehe sie die Augen schloss. Lorn machte es sich einige Schritte entfernt gemütlich. Kraig saß in der Nähe und übernahm die erste Wache. Michael hockte auf seiner Decke, von den anderen durch gut zwanzig Fuß des hohen Grases getrennt. Seine Hände ruhten auf den Knien, während er mit ausdrucksloser Miene in die Ferne starrte. Alek schüttelte stumm den Kopf, dann nahm er seinen Platz an Sarahs Seite ein.
Eine Weile lag er da und warf sich rastlos hin und her, doch seine Gedanken kehrten immer wieder zu dem Einsiedler zurück. Michaels einsilbiges Schmollen beunruhigte ihn fast so sehr
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