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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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Temperance.«
    Sam Clemens schaute Dan De Quille an. »Temperance?«
    »Kleines Zwei-Pferde-Nest unten im Carson Valley bei Dayton«, sagte Dan De Quille. In sein Gesicht war etwas Blut zurückgekehrt. Er wandte sich zu mir. »Kannst du uns erzählen, was passiert ist? Zügig und genau?«
    Ich erzählte es ihnen.
    Beide machten sich Notizen, und als ich fertig war, legte Dan De Quille Stift & Block ab. Er sagte: »Du warst also der einzige Zeuge?«
    »Ja, Sir.« Ich faltete das WANTE D-Plakat sorgfältig zusammen und steckte es in meinen Medizinbeutel. Ich musste in der Lage sein, Walt, den Schnitzer, wiederzuerkennen, falls ich das Pech haben sollte, ihm noch mal zu begegnen.
    »Weiß Walt, dass du ihn gesehen hast?«, fragte Dan De Quille.
    »Nein, Sir. Er ist auf einen Brief aus, den meine Eltern mir hinterlassen haben.«
    »Wo ist dieser Brief?«
    »Eine gefallene Taube namens Belle Donne hat ihn mir gestohlen, zusammen mit einer Zwanzig-Dollar-Goldmünze, die meiner Ma gehört hat.«
    Dan De Quilles Wangen röteten sich. »Ich kenne Belle«, sagte er. »Ihr gehört ein Häuschen unten auf der D Street, und sie isst oft um diese Zeit drüben im Colombo Restaurant zu Abend.«
    Sam Clemens schaute Dan De Quille unter seinen buschigen Augenbrauen hinweg an. »Der Mensch ist das einzige Tier, das errötet«, sagte er. »Und das einzige, das es nötig hat.«
    Dan räusperte sich und sagte: »Ich geh mal lieber und erzähle dem Marshal, was da unten in Temperance vorgefallen ist. Wir wollen ja nicht, dass ein neuer Indianerkrieg angezettelt wird.« Er nahm eine Melone vom Hutständer & schaute Sam Clemens an, der damit begann, die kleinen Metallbuchstaben in ihrem Tablett umzusortieren. »Und wag es ja nicht, die Geschichte zu drucken.«
    »Nicht drucken? Was soll denn das heißen?«, fragte Sam Clemens.
    Dan De Quille sagte: »Walt, der Schnitzer, ist der sadistischste und gefürchtetste Desperado, den wir seit langer Zeit erlebt haben. Selbst wenn du nur in die Zeitung setzen würdest, dass Walt einer alten Dame das Gebetbuch aus der Hand geschlagen hätte, würde er dir allerWahrscheinlichkeit nach die Nase abschneiden. Stell dir vor, was er tun würde, wenn du ihn eines blutrünstigen Mordes beschuldigst. Der würde uns beide zu Streichhölzern schnitzen.«
    »Aber es ist ein Knüller, Dan«, sagte Sam Clemens. »Ein Knüller reinsten Wassers.«
    Dan De Quille schaute mich an. »Wie heißt du?«
    »P. K.«, sagte ich. »Aber meine Pflegemutter hat mich immer Pinky genannt. Das ist die Abkürzung für Pinkerton.«
    »P. K., bist du dir sicher, dass Walt nicht weiß, dass du ihn beobachtet hast?«
    »Ich bin mir sicher. Er ist hinter mir her, weil er den Brief haben will und vermutet, dass ich ihn bei mir trage. Er weiß nicht, dass ich ihn beobachtet habe, und er weiß auch nicht, wie ich aussehe. Aber er weiß, dass ich auf den Namen Pinky höre, und er weiß, dass ich zwölf Jahre alt bin. Deswegen habe ich mich getarnt.«
    Dan De Quille wandte sich an Sam Clemens & sagte: »Wenn wir den Artikel drucken, weiß Walt, dass P. K. ihn beobachtet hat. Da könnten wir dem armen Kind gleich hier und jetzt den Totenschein ausstellen.«

KONTOBUCHBLATT 17

    Dan De Quille setzte sich seinen Hut auf. »Ich sag dem Marshal, dass er runter nach Temperance reiten und den Leuten sagen muss, dass sie keinen neuen Krieg mit den Paiute anfangen sollen. Sam, bleibst du hier bei P. K.? Der Marshal wird ihn vielleicht befragen wollen, bevor er wieder geht. Aber druck ja nichts, bevor ich es nicht sage.«
    Er eilte aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich.
    Ich schaute Sam Clemens an & er schaute mich an.
    Dann stieß er einen tiefen Seufzer aus & setzte sich. »Tja«, sagte er, »da meine Hoffnungen auf einen Knüller nun an den Felsen der Vorsicht zerschellt sind, kann ich ebenso gut versuchen, aus diesem Wrack noch etwas Nützliches zu bergen. Erzähl mir von dir. Erzähl mir, wie es dazu gekommen ist, dass ein zu kurz geratener Halbindianer wie du bei einem Methodistenprediger und seiner Frau gelebt hat?«
    »Meine echte Mutter war eine Lakota, die manche Leute die Sioux nennen«, sagte ich. »Sie wurde von ihrem Stamm verbannt, weil sie sich mit einem Pelzjäger eingelassenhatte, als sie vierzehn gewesen war. Später traf sie meinen Pa. Ihr gefielen seine Knöpfe und sein Bart. Sie wurde mit mir schwanger und als sie spürte, dass es so weit war, kauerte sie sich hinter einen Busch, und schon kam ich heraus. Das war in der

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