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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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Nähe einer Stadt namens Hard Luck, nicht weit entfernt vom Mount Disappointment in den Black Hills. Sie nannte mich Böser-Blick-von-einem-Busch, denn sie sagte, ich hätte nie gelächelt und nie geweint, sondern sie immer nur angeschaut wie eine böse kleine Made.«
    Sam Clemens lachte. »Böser-Blick-von-einem-Busch«, wiederholte er. »Guter Name. Wie war denn der Name deiner Mutter? War er so ein romantischer wie Malaeska oder Kleine Geiß?«
    »Sie hieß Die-auf-einem-Baumstumpf-hockt«, sagte ich.
    Sam Clemens grinste. »Und dein Pa?«
    »Er hieß Pinkerton.«
    Sam Clemens nahm die übel riechende Pfeife aus dem Mund. »Allan Pinkerton? War das nicht der Mann, der letztes Jahr Präsident Lincoln das Leben gerettet hat?«
    Ich nickte. »Er hat eine berühmte Detektivagentur, die von Chicago aus arbeitet.«
    »Und das ist dein Pa?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Mein Pa war sein älterer Bruder Robert. Er war auch Detektiv.«
    Ich nahm den Detektivknopf der Eisenbahngesellschaft aus meinem Medizinbeutel und hielt ihn ihm hin.
    Sam Clemens steckte sich die Pfeife zurück in den Mund, nahm den Knopf in die Hand & untersuchte ihn. »Pinkerton Rail Road Detective«, las er & gab ihn mirdann zurück. »Ich wusste gar nicht, dass Pinkerton einen älteren Bruder hatte«, sagte er.
    »Pa hat noch eine Zeit lang mit uns zusammengelebt und sich dann aus dem Staub gemacht«, erzählte ich. »Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wie er ausgesehen hat. Anschließend musste sich meine Ma allein durchschlagen. Im Sommer haben wir Tiere gefangen & im Winter haben wir in Städten gelebt & sie hat Indianermedizin für kranke Leute hergestellt. Dann hat sie sich eines Tages, etwa vor zwei Jahren, in den Kopf gesetzt, ins Washoe-Gebiet aufzubrechen. Ich weiß gar nicht genau, wo das liegt.«
    »Das ist hier«, sagte Sam Clemens. »Es ist der Name eines Indianerstamms, der im Flusstal zwischen Virginia und den Bergen der Sierra Nevada lebt. Dann wollte sich deine Ma also am Silber-Boom beteiligen?«
    »Ich weiß nicht genau«, sagte ich. »Sie hatte sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Herrn angefreundet, einem Mann namens Tommy Three. Ma verkaufte unser Zelt & unsere Ponys, und wir buchten Plätze in einem Planwagentreck Richtung Westen. Wir waren im Utah-Territorium, als unser Wagen von den anderen getrennt wurde. Eine Gruppe Shoshonen griff uns zwei Tage später an und metzelte meine Ma und Tommy Three und Hang Sung, unseren Koch, nieder.«
    Sam Clemens schaute von seinem Notizblock auf. »Alle drei massakriert?«
    »Ja, Sir.«
    »Nimmst du mich auf den Arm?«
    »Nein, Sir, tu ich nicht.«
    »Warum haben dich die Shoshonen nicht auch umgebracht, wenn dir die Frage nichts ausmacht?«
    »Ich weiß nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern, was passiert ist. Ich weiß nur noch, wie ich neben dem brennenden Wagen saß. Die Indianer hatten unsere Vorräte und Pferde mitgenommen. Aber sie ließen mich lebend bei den Toten zurück. Ich trug meine alten Wildledersachen an diesem Tag«, sagte ich. »Vielleicht ist das der Grund.«
    »Das heißt, du bist eine Vollwaise?«
    »Ja, Sir.«
    Sam Clemens nahm die Pfeife aus dem Mund und musterte sie. »Und dann?«, fragte er. »Was passierte nach dem Massaker?«
    »Ein anderer Treck kam zwei Tage später vorbei«, sagte ich. »Sie fanden mich, als ich die Gräber aushob.«
    »Wann war das?«
    »Vor zwei Jahren«, sagte ich. »Im Sommer ’60.«
    »Das erste Jahr des Silber-Booms«, sagte Sam Clemens. »Wie alt warst du da?«
    »Ich war neun Jahre alt«, antwortete ich. »Fast zehn.«
    Sam Clemens steckte sich die Pfeife zurück in den Mund. »Und du hast ganz allein versucht, die Toten zu begraben?«
    »Ja, Sir. Es wäre nicht richtig gewesen, Ma und Tommy Three und Hang Sung den Kojoten und Geiern zu überlassen. Besonders Ma.«
    Sam Clemens blinzelte mehrmals schnell. »Dieser dämliche Alkalistaub«, sagte er. »Sticht in den Augen.« Er holte ein Taschentuch hervor & wischte sich übers Gesicht.Mir war nicht klar, was das bringen sollte. Sein Taschentuch war ebenso eingestaubt wie der Rest von ihm. Nach einer Weile sagte er: »Und der nächste Planwagentreck hat dich mitgenommen?«
    »Ja, Sir. Der Reverend Emmet Jones und seine Frau waren auf diesem Treck. Sie hatten Mitleid mit mir und adoptierten mich. Ma Evangeline sagte, sie hätte seit Jahren versucht, ein Kind zu bekommen, aber der Herr hätte es nicht vorgesehen, sie mit Nachwuchs zu segnen. Pa sagte, es sei Gottes Wille, dass sie

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