Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluchtpunkt Aqualung

Fluchtpunkt Aqualung

Titel: Fluchtpunkt Aqualung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
würde es zehn oder zwanzig Minuten dauern, bis das Gerät ihre Sprache analysiert hatte und übersetzen konnte.
    Vorausgesetzt, die Katzenmenschen taten ihm den Gefallen, ein paar ausführliche Statements abzugeben.
    Noch ein paar Meter, dann würde er die Wassergrenze zum Schilf erreichen. Qualmschwaden stiegen aus der Baumkrone am Ufer. Zu viert zerrten sie jetzt den nackten Gefangenen vor den Kalosaren im grünen Umhang.
    »Geh nicht, Yaku!« schrie Venus plötzlich. »Bitte bleib hier! Sie werden dich töten!«
    Seltsam warm wurde ihm auf einmal ums Herz. »Ich muß es riskieren!« Lieber würde er schwimmen oder selbstgefangene Fische braten oder Zuckerrohr suchen und Früchte, aus denen er einen annehmbaren Schnaps brennen konnte.
    Der gefesselte Mensch lag schon vor dem Anführer. »Laß ihn leben, du Teufel! Beim barmherzigen Gott, laß ihn am Leben …!« Sie zogen den armen Kerl aus dem Gras, stellten ihn auf die Beine und rissen ihm den Kopf in den Nacken. Der Große schnitt ihm die Kehle durch. Und schon schleppten sie den nächsten heran.
    Yaku hangelte sich einen Ast tiefer. Unter ihm ragte jetzt das Schilf ins Geäst. Der Weißhaarige machte Anstalten zu springen. »Nicht, Yaku! Bloß nicht!« Venus schrie. »Komm zurück!« Er ließ den Ast los, fiel drei Meter tief, brach ins Schilf ein und versank bis zu den Knien im Wasser.
    Er rappelte sich auf, drückte das Schilfrohr auseinander, stapfte zum Ufer. Dort, nur drei Schritte vom Wasser entfernt, warteten bereits neun von ihnen. Einer trug wahrhaftig ein komplettes Überlebenssystem.
    »Was ist los mit euch? Sprecht mit mir! Ich komme als Freund!« Der Helm des Überlebenssystems hatte einen Sprung, der Schutzanzug war quer über der Brust aufgerissen. »Frieden, heilige Scheiße, Frieden, sage ich! Laßt die armen Schweine am Leben! Um Gottes willen, laßt wenigsten den Rest von ihnen am Leben! Wer ist der Chef bei euch …?«
    Er redete, er stürmte aus dem Schilf bis ans Ufer, er ruderte mit den Armen in seiner Hilflosigkeit und redete und redete. »Wir sind keine Katzenviecher wie ihr, okay! Wir können nicht so gut klettern wie ihr, auch okay! Möglicherweise seid ihr schöner als wir, ja, gut! Aber das gibt euch nicht das verdammte Recht, diese Leute abzuschlachten …!«
    Die Kalosaren wichen vor ihm zurück.
    »Habt ihr keine Ahnung, was ein Leben wert ist, ihr Saftärsche? Ihr haltet euch wohl für den Scheißmittelpunkt dieses Scheißweltalls, ihr lächerlichen Eichhörnchen, ihr haarigen Klettersäue, ihr … ihr …! Wer ist euer verdammter Häuptling!?« Er deutete auf den Großen. »Du da, du grünes Arschloch! Rede mit mir!«
    Die Katzenartigen palaverten jetzt lautstark, gestikulierten, drehten sich nach ihren Anführern um und schwangen die geballten Fäuste über den Köpfen. Aus dem Lingusimultaner drangen unverständliche Wortfetzen. Aus der Menge wurden Rufe laut, aus der Baumkrone, aus dem Schilf, auch der Waldläufer und der Graupelzige fingen an, nach allen Seiten zu keifen und zu fauchen. Nur der Große stand still, verschränkte wieder die Arme vor der Brust und hielt dabei die blutige Klinge in der Rechten. Genau dieser Kalosare war es, der Yaku am meisten nervte mit seiner mörderischen Ruhe.
    »Hey, Chefarschloch! Gefesselte abschlachten, he? Blut saufen, he? Großartig! Bühnenreif! Heldenhaft!« Yaku wußte kaum noch, was er redete. »Komm her! Komm zu mir! Laß die Nackten, laß die Gefesselten! Komm und mach's mit mir! Versuch's doch, Arschloch …!«
    Breitbeinig und mit geballten Fäusten stand er im knöchelhohen Wasser zwischen den letzten Schilfrohren vor der Uferböschung.
    Das Palaver der Kalosaren wurde lauter.
    Sie deuteten auf ihn, sie deuteten auf den Grauen im Lederharnisch. Sie starrten ihn an aus ihren gelben Raubtieraugen, und sie starrten an ihm vorbei in den Baum, aus dem er gesprungen war. Über die Schulter sah Yaku zurück – Venus stand da, wenige Meter hinter und über ihm auf dem niedrigsten Ast und zielte auf die Menge der Pelzigen. Hinter ihr kraxelte Plutejo heran.
    Der Junge machte einen höchst bescheidenen Eindruck.
    Endlich sprang der Lingusimultaner an. Einzelne Brocken Terrangelis wurden verständlich: Ein Wahnsinniger … ein Heiliger … der Geist des Erztöters spricht aus ihm … man muß ihm opfern … man muß ihn töten … und so weiter und so weiter.
    Irgendwann hob der Große im grünen Umhang die Rechte mit dem Messer. Das Palaver verstummte. Wer von den Katzenartigen noch

Weitere Kostenlose Bücher